NSA bietet Deutschland ein „No-Spy“-Abkommen an

Andreas Frischholz
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Deutschland werde nicht von britischen und US-Geheimdiensten überwacht, erklärte Kanzleramtsminister Roland Pofalla (CDU) nach der Sitzung des parlamentarischen Kontrollgremiums. Außerdem verkündete er, dass die US-Behörden ein „No-Spy“-Abkommen angeboten haben, über das NSA und BND noch im August verhandeln sollen.

Die NSA und das britische Außenministerium haben der Bundesregierung versichert, dass sie Recht und Gesetz in Deutschland einhalten. Bei der NSA gelte das etwa für technische Fernmeldeaufklärung innerhalb von Deutschland sowie die Verarbeitung der daraus resultierenden Daten. Zudem halte sich der US-Geheimdienst an alle Abkommen, die mit der Bundesregierung und deutschen Geheimdiensten geschlossen wurden. Dasselbe gilt für den britischen Geheimdienst GCHQ.

Dass die beiden Dienste nun sowohl mündlich als auch schriftlich zugesichert haben, hierzulande dem deutschen Recht entsprechend zu agieren, wertet Pofalla als Beweis, dass es „in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung“ gebe. Es gebe demnach keine „flächendeckende Daten-Auswertung deutscher Bürger“. „Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch“, so Pofalla.

Mögliche Kontrollmechanismen für deutsche Behörden werden von Pofalla allerdings nicht erwähnt. Ebenso wenig geht der Kanzleramtsminister auf die Spiegel-Berichte vom Wochenende ein. Demnach bewertet die NSA insgesamt neun Themenbereiche in Deutschland als Spionage-Ziel, darunter etwa die Außenpolitik und Rüstungsgeschäfte.

Schutz vor Überwachung durch „No-Spy“-Abkommen?

Abgesehen von der Aufklärung der bestehenden Vorwürfe haben die US-Behörden den Abschluss eines „No-Spy“-Abkommens angeboten. Noch in diesem Monat sollen der BND und die NSA mit den Verhandlungen beginnen. Das Abkommen interpretiert Pofalla als weiteres Indiz für die Integrität der NSA: „Dieses Angebot könnte uns niemals gemacht werden, wenn die Aussage der Amerikaner, sich in Deutschland an Recht und Gesetz zu halten, nicht tatsächlich zutreffen wird.“ Nun bestehe „die einmalige Chance“, zumindest für die westlichen Dienste einen Standard für Geheimdienst-Kooperation zu setzen.

Thomas Oppermann (SPD), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, bezeichnet das Angebot als „gesichtswahrendes Zugeständnis der Amerikaner“, die US-Dienste hätten in Deutschland oder Europa tatsächlich Spionage-Programme betrieben. So ein Abkommen wäre allerdings nicht Sache der Geheimdienst-Präsidenten, sondern müsse auf Regierungsebene ausgehandelt werden.

Geheimdienste, das deutsche Gesetz und die Zweifel

Zusätzlich habe die Bundesregierung vom Bundesnachrichtendienst (BND) und Verfassungsschutz eine Bestätigung erhalten, dass die deutschen Geheimdienste gemäß der hiesigen Gesetze vorgehen. Das gelte auch für die Übermittlung der vom BND abgefangenen Funkzellendaten aus Afghanistan. Die Datenerhebung erfolge im Rahmen deutscher Gesetze, die Weiterleitung wird durch das seit 2002 bestehende Abkommen mit der NSA, das vom heutigen SPD-Fraktionschef und damaligen Kanzleramtsminister Frank Steinmeier abgeschlossen wurde, legitimiert. Pofalla betonte allerdings, er hätte genauso gehandelt wie sein Vorgänger.

Dass der BND GSM-Mobilfunknummern von Terrorverdächtigen an die NSA übermittelt, sei bereits seit 2003/2004 gängige Praxis und war laut Pofalla bereits mehrfach ein Thema bei den Sitzungen des parlamentarischen Kontrollgremiums. Generell wäre der Daten-Austausch nötig, um Anschläge auf die in Afghanistan stationierten Soldaten zu vereiteln. Allerdings haben Juristen wie der IT-Fachanwalt Thomas Stadler erhebliche Zweifel, ob sowohl die umfassende Sammlung von Verbindungsdaten als auch die automatisierte Weitergabe an fremde Dienste mit dem deutschen Gesetz in Einklang stehen.

Wie gelangen ausländische Dienste an deutsche Daten?

Die Betreiber von Internet-Knotenpunkten in Deutschland hätten am Freitag der Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass man die Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes in Deutschland einhalte. Solche Äußerungen sind nicht neu, doch die Informationen aus den Dokumenten von Edward Snowden sowie den Recherchen von der Süddeutschen und dem NDR hinterlassen daran nach wie vor erhebliche Zweifel. Diese berichteten über die enge Zusammenarbeit zwischen Netz- und Internetknoten-Betreibern sowie der NSA und dem GHCQ, die mutmaßlich auf die entsprechenden Gesetze in den USA und Großbritannien zurückgeht.

Wie die betroffenen Unternehmen vorgehen, sollten sie durch die Rechtsprechung vor die Wahl gestellt werden, entweder gegen deutsche oder US-Gesetze zu verstoßen, ist ungeklärt. Weiterhin stellt sich zudem die Frage, inwieweit die NSA und der britische GCHQ innerhalb von Deutschland vorgehen müssen, wenn diese die transatlantischen Unterseekabel direkt anzapfen. Die Aussagen lassen offen, wie die Bundesregierung vorgeht, wenn ausländische Dienste auf deutsche Daten zugreifen können, ohne direkt in Deutschland aktiv vorzugehen.

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