The Bureau: XCOM Declassified im Test: Action statt Strategie?

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Sasan Abdi
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The Bureau auf einen Blick

Für die Betrachtung von „The Bureau“ bietet es sich im Unterschied zu vielen anderen Titeln an, nicht etwa mit den Inhalten, sondern mit der Spielmechanik zu beginnen. Mit dieser steht und fällt das Spiel gewissermaßen, denn der versuchte Spagat ist durchaus gewagt: Das klassische Gameplay eines Third-Person-Shooters mit den typischen Elementen von „XCOM“ zu einem fordernden Gemenge verbinden zu wollen, ist ein ambitionierter Anspruch. Zugleich hat man es hier potentiell mit einem starken Argument für den Titel zu tun, da sich „The Bureau“ deutlich von der Konkurrenz absetzen würde, wenn der Spagat gelänge.

Um dieses Ziel zu erreichen, wählen die Entwickler den naheliegendsten Weg: Keine völlig neue Konzeption oder Interpretation einer Spielmechanik soll her, sondern vielmehr die Portierung des Gameplays von „XCOM: Enemy Unknown“ (XEU) in das Shooter-Genre.

In XEU blickt man von schräg oben auf seine vier bis sechs Soldaten zählende Einsatzgruppe, die rundenbasiert bewegt und eingesetzt werden kann. Statt auf rohe Gewalt kommt es dabei auf ein umsichtiges Vorgehen an. Dies liegt nicht nur an der begrenzten Sichtweite der Truppe und den vielen lauernden Gefahren, sondern auch an den unterschiedlichen Fähigkeiten der Soldaten. Während ein „Sturm“-Soldat bestens für den Nahkampf geeignet ist, wird ein Scharfschütze stets die Distanz und erhöhte Positionen bevorzugen; Unterstützer sind dagegen sehr bewegliche Helfer, die beispielsweise die eigenen Truppen einnebeln können. Die Klasse „Schwer“ dient in XEU dem Namen nach bei großen Gegnerverbänden als Brechstange, wobei neben schweren Schusswaffen auch brachiales Gerät wie ein Raketenwerfer für Flächenschaden eingesetzt werden kann.

Diese von der „Civilization“-Spieleschmiede Firaxis in XEU umgesetzte Aufteilung von Kompetenzen wird von 2K Marin für „The Bureau“ übernommen, wobei hier und da kleinere Anpassungen erfolgen. So begibt man sich in jeder Mission mit je zwei Teammitgliedern in die Schlacht, die in etwa die gleichen unterschiedlichen Funktionen erfüllen. Auch hier kann man auf einen Scharfschützen, einen Unterstützer, einen Angreifer und einen Techniker zurückgreifen – computergesteuerte Protagonisten, die dem Spieler auf dem Schlachtfeld zur Seite stehen und eigene Fähigkeiten mitbringen.

Die Teammitglieder sind also auch in „The Bureau“ entscheidende Protagonisten, weswegen ihnen von den Entwicklern eine hohe Relevanz eingeräumt wird. Dementsprechend kann man sie im Zuge der Rekrutierung in puncto Kleidung und Aussehen sehr detailliert anpassen. Zudem legt man durch die Klassenwahl fest, welche Schwerpunkte im Agentenpool vorliegen sollen: Setzt man auf einen ausgeglichen Kader oder favorisiert man eine bestimmte Art von Mitstreiter? Hinzu kommt, dass jeder Agent separat aufgestuft und ausgerüstet werden muss – ein wichtiger Aspekt, da man so in vollem Umfang mit den Möglichkeiten der Fähigkeiten, Waffen und Perks experimentieren kann.

Die Fähigkeiten machen ohnehin den eigentlichen Reiz der Spielmechanik aus. Im Kampf gegen Alien-Horden und fordernde Bosse lassen sich diese nämlich zur Perfektion kombinieren: Ein Scharfschütze kann beispielsweise per kontrolliertem Schuss maximalen Schaden anrichten, während der Unterstützer das Team mit einer Schildsphäre schützt oder es mit Dopingmitteln kurzzeitig aufputscht. Der Techniker platziert dagegen zum Beispiel an einem Punkt der Karte ein automatisches Geschütz, sodass man die gegnerischen Einheiten effektiv in die Zange nehmen kann. Hinzu kommen die Fähigkeiten des Protagonisten, sodass der Spieler sein Team beispielsweise heilen, aber auch Gegner kurzzeitig in die Luft heben kann. Kurzum: Die spielerischen und taktischen Möglichkeiten fallen angenehm vielseitig aus und bieten viel Raum für Experimente.

Zu weit sollten letztere aber nicht getrieben werden, da die Teammitglieder je nach Schwierigkeitsgrad schnell und endgültig das Zeitige segnen. Es kommt also genauso wie in XEU auch in „The Bureau“ durchaus auf ein umsichtiges Vorgehen an. Entscheidendes Instrument hierfür ist neben Tastenkürzeln für „Folge mir“ und „Gehe zu ...“ der sogenannte „Battle Focus“, mit dem die eigenen Nicht-Spieler-Charaktere detaillierter befehligt werden können.

Per Tastendruck aktiviert, bietet der „Battle Focus“ dem Spieler eine auf Superzeitlupe verlangsamte taktische Ansicht, über die die Teammitglieder per Befehlsrad befehligt werden können. Auf diesem Wege können sowohl die Fähigkeiten eingesetzt als auch die Position verändert werden. Dieses Einheitenmanagement ist gleich aus zwei Gründen essentiell: Zum einen, weil die Gegner im Spielverlauf immer fordernder werden und so ein immer schlaueres Vorgehen verlangen, und zum anderen, weil die Mitstreiter sich ohne dieses Mikromanagement ab und an ins Sperrfeuer stellen oder zumindest wenig effektiv agieren.

Diese KI-Schwäche ist allerdings zu verzeihen, da es in „The Bureau“ eben darauf ankommt, die eigenen Stärken umsichtig und clever einzusetzen. Aus diesem Grund ist man gut die Hälfte der Gefechtszeit mit der strategischen Steuerung der Teamgefährten beschäftigt, während die andere Hälfte in das eigene Vorgehen investiert werden kann. Je nach Lagerzugehörigkeit mag man dieses Verhältnis beklagen und sich mehr Action oder mehr Strategie wünschen – in unseren Augen hat 2K Marin „The Bureau“ aber gut ausbalanciert.

Als einziger Kritikpunkt kann mit Blick auf das Gameplay deswegen nur die Steuerung genannt werden. „Battle Focus“ ist unterm Strich übersichtlich, intuitiv und damit geglückt, doch hakt es bei der Nutzung mit der Maus-Tastatur-Kombination immer wieder mal, sodass die Sicht beispielsweise an Vorsprüngen oder Wänden hängen bleibt oder man nicht sofort eine bestimmte Position anwählen kann. Hierbei handelt es sich um eine Kleinigkeit, die aber insbesondere dann nerven kann, wenn das Team richtig unter Druck ist und es selbst auf die Millisekunden im „Battle Focus“ ankommt.

Die Verschmelzung der Spielmechaniken – XEU trifft auf Third-Person-Shooter – ist trotz dieser Einschränkung also durchaus geglückt und die größte Hürde damit genommen. Doch wie gestaltet sich das Drumherum?

Eine weitere, über die Spielmechanik hinausgehende Veränderung ist, dass „The Bureau“ im Unterschied zu XEU eine umfassende Story bietet. Diese Tatsache ist zu großen Teilen dem Genre geschuldet – selbst der actionreichste Shooter muss eine kittende Handlung bieten –, aber nach eigenem Bekunden auch auf die Vorlieben der Entwickler zurückzuführen: Der Irrational-Games-Ableger 2K Marin, verantwortlich für „BioShock 2“ möchte immer auch eine Story erzählen. Deswegen spielt „The Bureau“ in den 1960er-Jahren und damit in der fiktiven Anfangszeit der „XCOM“-Gesellschaft, die dazu gegründet wurde, um auf eine extraterrestriale Bedrohung reagieren zu können.

Diese Bedrohung setzt in „The Bureau“ bereits zu einer Zeit ein, in der das „XCOM“-Projekt noch in der Mache ist und vornehmlich von der – auch im echten Leben gegenwärtig sehr relevanten – NSA betreut wird. Von jetzt auf gleich muss „XCOM“ als Co-Organisation von unterschiedlichen Geheimdiensten in Betrieb gehen, um die vollständige Unterjochung der Erde zu verhindern.

So passabel wir diesen Ansatz grundsätzlich finden, enttäuscht das in puncto Story Gebotene dann doch, weil sich der Plot durchgängig in 0815-Gefilden bewegt. Dies gilt allerdings nicht nur für die wenig packende Geschichte als solche – auf die Invasion muss natürlich ganz simpel das große Rollback durch „XCOM“ erfolgen –, sondern insbesondere für den Protagonisten, den CIA-Agenten William Carter, dem man von der ersten Minute anmerkt, dass er jedem beliebigen mittelklassigen Hollywood-Drehbuch entstiegen sein könnte: Harter Kern, weiche Schale, bespickt mit Pseudoproblemen und Gewissensbissen und trotzdem immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, legt sich Carter ständig mit Vorgesetzten an und gilt vor der Invasion sowieso eigentlich schon als verbrannt – reüssiert am Ende aber natürlich als ultimative Antwort der Menschheit auf die fiese Alien-Invasion. Ginge es nicht ein bisschen differenzierter, ungewöhnlicher, kantiger? Dieser Typ Held langweilt! Hinzu kommen überwiegend platte Dialoge, die zwar Wahlmöglichkeiten bereithalten, aber keinerlei Einfluss auf den Fortgang des linearen Geschehens haben und deswegen schnell zum Durchklicken anregen.

Die Handlung profitiert also nicht vom prinzipiell schicken Setting; die weiteren Details aber schon. So kann man bei der Ausrüstung seines Teams zunächst über die Waffen der Zeit verfügen, die im weiteren Verlauf mit allerlei Auswüchsen der Alien-Technologie kombiniert werden können – eine gelungene Mischung, die mit zu dem positiven Eindruck vom spielerischen Teil beiträgt.

Geglückt ist auch die Konservation der 60er-Jahre-Spielwelt: Gerade wenn einen die Entwickler in eine US-Kleinstadt entlassen oder über den Campus einer Universität streifen lassen, kommt das Setting wunderbar zum Tragen. Auf diesem Wege ist dann auch einigermaßen verzeihlich, dass die Karten extrem schlauchig ausfallen und von unglaubwürdigen, teils sogar unsichtbaren Grenzen eingehegt sind. Irritierend ist aber, dass die Güte der Levels deutlich schwankt: Flankiert werden die atmosphärischen Abschnitte ab und an von überraschend detailarmen Bereichen – nur gut, dass diese generisch wirkenden Levelteile eher selten sind.

Getragen wird die authentische Atmosphäre natürlich maßgeblich von der technischen Umsetzung. Zwar basiert „The Bureau“ visuell auf der nicht mehr taufrischen Unreal Engine, mit der auch 2K Marin kein Zauberwerk auf den Bildschirm zaubern kann, doch weiß die Umsetzung mit netten Effekten und Details insgesamt doch zu überzeugen.

Ein Nachteil vom nicht bahnbrechenden, aber doch passablen Äußeren ist, dass der Hardware-Hunger nicht unerheblich ist. Nur bei deaktiviertem Ambient Occlusion lief „The Bureau“ auf ansonsten vollen Details und in einer Auflösung von 1920 x 1080 auf unserem Testsystem überwiegend stabil bei 60 Bildern pro Sekunde, die in fordernden Szenen aber auch mal um 10, 15 FPS einknicken konnten. Bei aktiviertem Ambient Occlusion klebten die Bildraten dagegen zwischen 30 und 40 – ein aktuelles System sollte man für dieses „XCOM“ also schon sein Eigen nennen.

Auch in puncto Sound gibt es nichts zu meckern, wobei wir allerdings aufgrund der Vorschauversion keine Angaben zur deutschen Synchronisation machen können. Die englische bewegt sich jedenfalls auf einem sehr guten Niveau; gleiches gilt für die musikalische Untermalung, die sich dynamisch an die Geschehnisse anpasst.