The Master Chief Collection im Test: Mit Halo zeigt Microsoft, wie Neuauflage geht

Max Doll
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The Master Chief Collection im Test: Mit Halo zeigt Microsoft, wie Neuauflage geht
Bild: Microsof

Vorwort

Weil auf der Xbox One bislang ein exklusiver Ego-Shooter fehlt, hat Microsoft kurzerhand die bislang erschienenen Teile der Halo-Serie in 1.080p und mit 60 FPS auf die Current-Gen-Konsole portiert, darunter auch eine vollständig neu bearbeitete „Anniversary“-Version von Halo 2. Die vier Spiele aus dem Halo-Universum sollen die Wartezeit auf die bereits angekündigte Fortsetzung überbrücken: Die Master Chief Collection lockt mit der Möglichkeit, auch im Mehrspielermodus bunt zwischen allen vier Shootern hin und her springen zu können. ComputerBase hat den Unterhaltungswert des All-in-One-Pakets geprüft.

Auf einen Blick

The Master Chief Collection versteht sich als Komplettausgabe aller Halo-Shooter, in denen der Protagonist auf den Namen John 117 hört. Verzichten müssen Fans daher auf die Ableger „ODST“ und „Reach“. Microsoft macht jedoch keinen Hehl daraus, dass die Sammlung als Service für Fans verstanden werden will: Bei der Entwicklung wurde Wert darauf gelegt, Geist und Spielgefühl aller Titel zu bewahren. Dennoch versteht sich die Sammlung nicht als einfacher HD-Port, sondern integriert die vier Spiele über eine einheitliche Menüstruktur samt Interface. Der Clou: Je nach Spielmodus kann ohne Verzögerung im Rahmen eines Kartenwechsels durch die gesamte Halo-Historie gesprungen werden.

Gelungene Restauration

Grafisch bewegen sich alle Spiele etwa auf dem gleichen Niveau, obwohl die Serie bereits auf der ersten Xbox ihr Debüt gegeben hat. Der Trick dahinter: Halo – Combat Evolved wurde bereits auf der Xbox 360 als Anniversary Edition neu veröffentlicht und zusammen mit Halo 3 sowie Halo 4 von dieser Plattform portiert. Während die Letztgenannten mit erhöhter Auflösung und Bildwiederholrate, schärferen Texturen sowie schickeren Lichteffekten streng nach Lehrbuch überarbeitet wurden, fallen die Änderungen in den Geburtstagsversionen deutlich umfangreicher aus.

Halo 2 Anniversary Edition
Halo 2 Anniversary Edition

Hier haben die Entwickler auch Hand an Assets, Texturen und Objekten gelegt. Während das Ziel weiterhin war, die originale Struktur und das Spielgefühl des Oldies zu erhalten, verrät das Ergebnis seine Abstammung nicht. Zumindest auf den zweiten Blick, denn der erste Eindruck gerät mäßig: Die Retrowelt sieht nett aus, wirkt aber etwas steril und ist zwar hoch aufgelöst, aber subjektiv nichts, was meilenweit von einer Xbox 360 und Halo 4 entfernt wäre – das passende Attribut lautet „ordentlich“, gepaart mit einem „na ja“, das den empfundenen Umfang der vorgenommenen Änderungen bewertet.

Halo 2 Anniversary Edition
Halo 2 Anniversary Edition

Warum Erinnerung kein geeigneter Partner für Vergleiche ist, demonstriert die Anniversary Edition nach Belieben. Per Knopfdruck kann die Darstellung ohne jegliche Verzögerung auf das Original gewechselt werden; statt der Anniversary Edition läuft dann das unveränderte Spiel auf dem Bildschirm, welches im Jahr 2004 veröffentlicht wurde. Und das ist schlecht gealtert: Matschtexturen, klobige Objekte und Charaktere provozieren einen mittleren Schock, beweisen aber auch, wie viel Arbeit sich Microsoft mit der Neuauflage gemacht hat – und wie gut das Ergebnis gerade in Anbetracht der visuell öden Basis geworden ist.

Dass die Einzelspielerkampagne aufgrund dieser Funktion keine vollen 1.080p erreicht, spielt insofern keine Rolle, denn der Umschalter ist das beste, was Microsoft tun konnte. Das Entdecken von Neu und Alt im steten Wechsel erzeugt einen ganz eigenen Reiz; ein solches Features muss Standard für jede „Remastered“-Veröffentlichung werden. An jeder Ecke hinter den Vorhang der neuen Tapete zu spähen und es mit der Erinnerung abzugleichen, macht bei einem erneuten Besuch des Spiels ungeahnten Spaß.

Halo 2 Anniversary Edition
Halo 2 Anniversary Edition

Das hölzerne Scripting und die mitunter sehr enge Levelstruktur, deren künstlich-leere Räume kalt und leblos wirken, haben die Entwickler mit dieser Zielstellung jedoch nicht davonzaubern können. Allerdings sollte die originale Substanz auch bewahrt werden, was in der Konsequenz dazu führt, dass man mit nett anzuschauenden Umgebungen konfrontiert wird, denen aber nicht immer eine logische Struktur innewohnt – typische Schwächen eines Spiels dieser Ära.

Insofern hat Microsoft mit der Anniversary Edition also erneut eine gelungene Restauration eines Originals abgeliefert. Größenverhältnisse, Layout und Aufbau von Orten wurden exakt beibehalten. Massiv detaillierte Texturen sowohl für Objekte als auch als „Tapete“ für die Levelgrenze erzeugen ein deutlich besseres Gefühl von Raum und Welt; aus einem Park, der im Klassiker einfach nur eine Ansammlung von grauen Plattformen in grünen Texturen ist, wird plötzlich eine echte Gartenanlage, in der dennoch jeder Baum und jeder Strauch an seinem Ort verbleiben konnte. Dabei untermalen insbesondere die neuerdings kontrastreichen Lichteffekte das futuristische Science-Fiction-Szenario, wenngleich sich die Anniversary Edition hier bezüglich Idee und Umsetzung an Halo 4 orientiert.

Halo 2 Anniversary Edition
Halo 2 Anniversary Edition

Den neuen Eintrag tragen zudem die Licht- und Schatteneffekte, die im Original nicht existent waren, sowie eine neu abgestimmte Klangkulisse. Hier hat sich Microsoft für eine dynamischere, bombastischere Herangehensweise im Stile des vierten Serienteils entschieden. Bei Bedarf spielt die musikalische Untermalung so sanft auf und stellt an den richtigen Orten die passende Wucht bereit, wird dabei aber viel präziser und akzentuierter als im blassen Original eingesetzt.

Hier haben sich die Entwickler auch die eine oder andere Freiheit genommen und zusätzliche Musikstücke integriert, die das eine oder andere Areal atmosphärisch merklich aufwerten. Als letzten Punkt auf der Liste wurden die Zwischensequenzen in Rendergrafik von Grund auf neu erstellt. Anstelle der hölzernen Spielgrafik werden Kurzfilme auf cineastischem Niveau gereicht, die für sich alleine bereits sehenswert sind.

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