Metal Gear Solid 5 im Test: Ground Zeroes ist super kurz und super gut

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Sasan Abdi
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Ground Zeroes auf einen Blick

Schon der Blick auf die Umstände der Veröffentlichung macht deutlich, dass die Weiterentwicklung von MGS 5 offenbar nicht so richtig rund läuft. So ist jedenfalls zu erklären, dass sich die Entwickler dazu entschieden haben, das aufzuteilen, was eigentlich zusammen gehört. Ursprünglich war nämlich geplant, Ground Zeroes und das Hauptspiel des fünften Teils, The Phantom Pain, gemeinsam zu veröffentlichen. Nachdem letzteres offensichtlich nicht zügig genug fertiggestellt werden konnte, entschieden sich die Verantwortlichen, Ground Zeroes kurzerhand vorzuziehen.

Dieser Vorgang ist schon für sich genommen kurios, da selbst PC-Spieler den offiziellen Prolog – Phantom Pain soll irgendwann im kommenden Jahr erscheinen – Monate vor der Veröffentlichung des Hauptspiels spielen können. Doch auch ansonsten ist die Strategie ungewöhnlich, weil Ground Zeroes wirklich nur eine erste Mission beinhaltet und so inhaltlich im Kern nur das erzählt, was Freunde der Reihe ohnehin schon aus Trailern und Texteinträgen wissen.

Über die Hintergründe zu dem Vorgehen kann nur spekuliert werden. Ein Aspekt wird sicherlich finanzieller Natur sein, sodass MGS nach Jahren der Funkstille wohl auch einfach wieder Umsätze generieren sollte. Ein anderer dürfte auch mit dem Image der Marke zusammenhängen: Nach bald siebenjähriger Pause ist es höchste Zeit, dass Kojima und sein Team einen ersten Eindruck zu ihrem großen Projekt liefern.

Snake in den 70er Jahren

Und genau das bekommt der geneigte PC-Spieler dann auch geliefert: Einen kurzen Eindruck dazu, wie sich MGS 5 anfühlen wird. Inhaltliche schließen die Entwickler dazu an die Geschehnisse aus dem PSP-Ableger „Peace Walker“ an. Der Spieler schlüpft gleich zu Beginn in die Rolle von Snake, der sich im Frühjahr 1975 anschickt, ein geheimes US-Gefängnis auf einer kubanischen Insel zu infiltrieren. Das Ziel: Die vermutlich als Doppelagentin arbeitende Paz Ortega Andrade und den Kindersoldaten Ricardo Valenciano Libre (beides prominente Peace-Walker-Charaktere) befreien.

MGS V: Ground Zeroes im Test (PC)
MGS V: Ground Zeroes im Test (PC)

Damit wäre der konkrete Inhalt bereits abgesteckt: Snake hat eine mittelgroße, von Marines bewachte „Black Site“ vor sich und soll das Schicksal von zwei Gefangenen klären. Etwas diffuser und noch kürzer wird abseits davon auch das Setting von Phantom Pain angerissen: Nachdem Snake seine Mission abgeschlossen hat, zeigt sich, dass die Widersacher seiner Organisation diese durch einen Trick zerstört haben. Nach Jahren im Koma erwacht Snake versehrt in einem Krankenhaus – ein gewöhnlicher, aber nicht unspannender Ausgangspunkt, um die eigentliche Geschichte von MGS 5 zu erzählen.

Open World und variable Vorgehensweise

Für den Moment beschränkt sich der Eindruck aber auf die besagte kubanische Insel. Und tatsächlich erhält der Spieler hier ein erstes Gefühl für den Ansatz von MGS 5. Erklärtes Ziel von Phantom Pain ist es, Metal Gear in eine echte Open World zu überführen. Im Kleinen ist dies in Ground Zeroes bereits gelungen: Großzügig begrenzt von Zäunen und natürlichen Grenzen wie dem Meer, steht auf einen Schlag das gesamte Gelände zur freien Verfügung.

Dieser Ansatz ist allerdings nicht Selbstzweck, sondern hat auch Auswirkungen aufs Gameplay: Die Herangehensweise an die Aufträge ist nun noch variabler, sodass der Spieler frei entscheiden kann, welchen Weg er zum Ziel wählt. So können wir etwa defensiv und reich an Umwegen in der Dunkelheit von Versteck zu Versteck huschen oder aber offensiver den direkten Weg über das gut beleuchtete Flugfeld wählen, um zum zentralen Verwaltungstrakt des geheimen Gefängnisses zu gelangen. Dabei stößt man selbst im zweiten und dritten Durchlauf immer wieder auf neue Optionen wie die Möglichkeit, als fremder Passagier in einem Laster oder durch einen versteckten Schacht direkt und ohne große Probleme in den Trakt zu gelangen.

Dabei hängt die Vorgehensweise natürlich auch damit zusammen, wie der Spieler mit den vielen Wachen umgeht. Zu diesen lässt sich zunächst sagen, dass die KI mit zum Besten gehört, was derzeit geboten wird. Im normalen Schwierigkeitsgrad sind die Marines nicht nur verdammt aufmerksam, sondern auch angenehm unberechenbar: Scheinbar fixe Laufwege werden immer wieder jäh unterbrochen, sodass das Vorankommen überhaupt nicht groß geplant werden kann. Stattdessen muss der Spieler immer wieder situativ reagieren, was für jede Menge Überraschungen und Adrenalin sorgt. Gut so!

Die Flexibilität, die vom Spieler gefordert wird, wirft auch jedes Vorhaben zur Art und Weise der Vorgehensweise über den Haufen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, sowohl mit massiver Gewaltanwendung als auch völlig ungesehen schleichend ans Ziel zu gelangen. Letztlich wird es wegen der Aufmerksamkeit der Gegner aber meistens darauf hinauslaufen, dass ein Mix angewendet wird, und das obwohl man ein MGS eigentlich immer mit maximal großem Schleichanteil spielen sollte.

MGS V: Ground Zeroes im Test (PC)
MGS V: Ground Zeroes im Test (PC)

Dass es immer mal wieder zu zünftigen Schießereien kommt, ist wegen der guten KI also irgendwie nur natürlich. Zugleich ist es aber auch ein Problem für den Spielfluss, weil sich sofort die Frage stellt: Wenn in einem geheimen Gefängnis geschossen wird oder zumindest niedergeschlagene Wachen gefunden werden – warum wird dann nicht sofort Großalarm ausgelöst? Dieser Konflikt wird immerhin dadurch gemildert, dass sich die Alarmbereitschaft der Wachen schrittweise erhöht, was gut ist, weil der Spieler so dazu eingeladen wird, die Betäubungspistole häufiger stecken zu lassen und seine Gegner lieber schleichend zu umgehen.

Eine Neuerung ist in diesem Zusammenhang schließlich auch, dass auf ein Radar verzichtet wird, auf dem der Spieler die Laufwege der Wachen verfolgen könnte. An dessen Stelle tritt ein selbst für die heutige Zeit spaciges Hologramm, das eine Übersicht der Umgebung bietet. Mit dem festen Radar entfallen auch die in früheren Titeln obligatorischen Sichtkegel der Wachen. Stattdessen wird Snake nur noch minimal darauf aufmerksam gemacht, dass ein Gegner zumindest stutzig geworden ist. Wem das zu schwer ist, der kann vorab von erhöhten Positionen alle sichtbaren Gegner per Fernglas dauerhaft markieren, was die Sache deutlich vereinfacht, aber auch den Spielspaß mindert.

Saubere PC-Umsetzung

Auch technisch ist die PC-Umsetzung von Ground Zeroes gelungen, was nicht selbstverständlich ist, denn immerhin hat Konami auf dieser Plattform insgesamt weniger Erfahrung als auf den unterschiedlichen Konsolen-Generationen. Ground Zeroes sieht trotzdem richtig gut und auf der potenten Plattform auch besser als auf den Konsolen aus.

Den Auftritt lässt sich die hauseigene Fox Engine aber auch einiges kosten. Die Systemanforderungen sind verhältnismäßig hoch und sollten auch tatsächlich beachtet werden, sofern Ground Zeroes in hohen Details laufen soll. Dank sauberer Optimierung muss man sich dann aber nicht über eine schlechte Performance ärgern: Auf unserem Testsystem lief der Titel auf sehr hohen Details und in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 bei sehr stabilen 45 bis 50 Bildern pro Sekunde.

Hervorragend geglückt ist erwartungsgemäß die Original-Vertonung, die mit Kiefer Sutherland als Snake ein echtes Schmankerl bereithält. Bei Bedarf können deutsche Untertitel eingeschaltet werden. Die musikalische Untermalung passt mit pathetischen Streichern meistens perfekt zum pathetisch-militaristischen Stil.

Ein kleines Ärgernis ist die Steuerung. Bei dieser offenbart sich deutlich, dass der Titel primär für die Konsolen entwickelt wird. Wenn sich Snake nur sehr hakelig über zwei Tasten zum dauerhaften Kriechen bewegen lässt und es insgesamt drei Tasten braucht, um einen Gegner zu verhören, ist klar: Diesen Titel spielt man lieber mit einem Gamepad.