NSA-Ausschuss: Steinmeier hält an Kooperation mit NSA fest

Andreas Frischholz
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NSA-Ausschuss: Steinmeier hält an Kooperation mit NSA fest
Bild: SPD in Niedersachsen | CC BY 2.0

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat im NSA-Ausschuss die Geheimdienst-Kooperationen mit den USA verteidigt. Nichtsdestotrotz handele es sich um einen „inakzeptablen Verstoß“ gegen die Abkommen, wenn die NSA den BND ausnutzt, um Ziele in Deutschland und Europa auszuspionieren.

Steinmeier wurde heute als Zeuge befragt, weil er zwischen 1999 und 2005 Chef des Kanzleramts und damit auch für die politische Aufsicht des Bundesnachrichtendienstes (BND) zuständig war. Selbst wenn seine Amtszeit mittlerweile mehr als zehn Jahre zurück liegt, ist der Zeitrahmen auch heute noch relevant. Infolge der Anschläge vom 11. September 2001 hatten sich die deutsche und die US-Regierung auf das Memorandum of Agreement (MoA) verständigt, damit BND und NSA enger kooperieren können. Diese Zusammenarbeit führte letztlich zu dem Selektoren-Skandal, mit dem der BND seit dem letzten Jahr zu kämpfen hat.

Von nichts gewusst

Steinmeier selbst will von dem aktuellen Ausmaß der NSA-Überwachung aber erst infolge der Snowden-Enthüllungen erfahren haben. Das habe dann aber auch „nachdenklich gemacht und Vertrauen in Frage gestellt“. Vor den Enthüllungen habe er allerdings nicht gewusst, dass es die NSA etwa auf Bundesministerien abgesehen hatte. Dasselbe gilt für die Selektoren – also Suchbegriffe wie Telefonnummern oder IP-Adressen –, die die NSA an den BND übermittelt hat, um sowohl deutsche als auch europäische Firmen und Politiker auszuspionieren. Zwar hat der BND schon 2005 festgestellt, dass einige NSA-Selektoren etwa auf europäische Firmen wie EADS/Eurocopter abzielten, informiert wurde er darüber aber nicht.

Dass der BND ebenfalls befreundete Staaten ausspioniert hat, habe Steinmeier „gelinde gesagt überrascht“. Solche Maßnahmen wären auch nicht vom Auftragsprofil der Bundesregierung gedeckt und im Falle von EU-Staaten wie Frankreich auch nicht nötig. So erklärt Steinmeier laut dem Live-Ticker von Netzpolitik.org, dass „Abhören unter Freunden mehr schadet als nutzt“.

11. September 2001 als Ausgangspunkt für NSA-Kooperation

Grundsätzlich verteidigt der heutige Außenminister die Geheimdienst-Kooperation mit den USA. Das Memorandum of Agreement wäre damals die richtige Entscheidung gewesen und sei es heute immer noch. Wie es zustande kam, skizziert er anhand der Ausgangslage im Jahr 2001: Der Anti-Terror-Kampf bestimmte die politische Agenda, doch der BND hinkte bei der Internet-Überwachung hinterher. Daher lautete das Ziel, dass die NSA moderne Technologie liefern sollte, um als Gegenleistung dann Daten aus Deutschland zu erhalten. Doch das Abkommen wäre kein „Freifahrtsschein für die NSA“ gewesen, um „Daten über Deutsche zu erfassen“. In erster Linie ging es nur um ausländischen Datenverkehr.

In diesem Kontext entstand dann auch die Operation Eikonal, die von 2003 bis 2008 lief. Dabei hatte der BND die Leitungen der Deutschen Telekom angezapft, um die Rohdaten an die NSA zu übermitteln. Wie sich im Verlauf des NSA-Ausschusses zeigte, gab es dabei aber einige Probleme: Die Zusammenarbeit mit der Telekom erfolgte zunächst nur auf freiwilliger Basis, die parlamentarischen Kontrollgremien wurden nicht ausreichend informiert und die Filterprogramme für deutsche Daten funktionierten nicht einwandfrei. So stand die ganze Operation dann rechtlich nur auf wackeligen Beinen.

Doch Steinmeier wiegelt die Kritik ab. So wäre etwa der Datenaustausch im Einklang mit dem BND-Gesetz, weil Eikonal nur auf ausländischen Datenverkehr abgezielt habe. Und für die Ausnahmen habe man sich eine Anordnung besorgt. Allzu konkret wurde er dabei aber nicht. Denn Eikonal wäre ohnehin erst richtig angelaufen, nachdem er im Herbst 2015 das Kanzleramt verlassen hatte.

Der Opposition gehen Steinmeiers Aussagen nicht weit genug

Vertretern der Opposition reichten Steinmeiers Antworten derweil nicht aus. Angesichts des Ausmaßes der Datenspionage greife die reine Terrorismus-Fixierung von Steinmeier zu kurz, kritisierte etwa der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz laut einem Bericht der Tagesschau. Zudem habe er zu wenig über die Spionagepraxis und die politische Kontrolle des BND gesprochen, erklärte Martina Renner von der Linken. „Da ist er doch relativ unklar geblieben“, so Renner.

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