Google Chrome: Angeblich eigener Adblocker geplant

Michael Schäfer
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Google Chrome: Angeblich eigener Adblocker geplant

Wenn ein Unternehmen, welches seine Einnahmen hauptsächlich aus dem Verkauf von Werbeflächen erzielt, einen Adblocker ankündigt, birgt dies im ersten Moment einer gewissen Ironie. Doch genau dies soll Google für seinen eigenen Browser Chrome planen – auch wenn eine Bestätigung des Unternehmens bisher ausbleibt.

Dies geht auf einen Bericht des Wall Street Journal zurück. Laut dem Finanzblatt soll Google kurz vor der Fertigstellung und nur wenige Wochen vor einer möglichen Veröffentlichung stehen. Mittels des Adblockers sollen Nutzer die Möglichkeit erhalten, besonders störende Werbung von ihren Bildschirmen ausschließen zu können – zunächst jedoch nur auf dem Desktop und mobil per Android.

„Bad Ads“ als erklärtes Ziel

Google will dabei jedoch nicht der kompletten Werbung den Kampf ansagen, sondern lediglich den sogenannten „Bad Ads“, also Werbung, welche Nutzer bei der Betrachtung einer Webseite besonders behindern, in dem sich zum Beispiel ein Banner über den Inhalt legt. Aber auch automatisch startende Videos gehören zu dieser Kategorie, besonders wenn sie zudem keinen deaktivierten Ton besitzen und nicht selten für großes Erschrecken sorgen. Der Suchmaschinenbetreiber geht aber nicht erst seit heute gegen aufdringliche Werbung vor, in der Vergangenheit wurden solche Formate immer wieder durch ein schlechteres Ranking abgestraft. Der Ende 2014 gestartete Versuch, mit „Google Contributor“ Kunden gegen einen Monatsbeitrag von einem bestimmten Anteil von AdSense-Werbung freikaufen zu können, erwies sich aber als Rohrkrepierer und wurde Anfang des Jahres eingestellt. Mit diesem Dienst konnten Nutzer zum Beispiel für eine monatliche Zahlung von 6,99 US-Dollar im gebuchten Zeitraum bis zu 2.000 Anzeigen weniger angezeigt bekommen.

Verzicht auf aufdringliche Werbung als Mittel gegen Adblocker

So sehr diese Gangart zunächst irritiert, so sinnvoll erscheint Googles Vorhaben auf den zweiten Blick: Mit dieser Aktion könnte der Konzern vor allem anderen Adblockern die Grundlage entziehen, in dem es Werbende dazu erzieht, auf aufdringliche Werbung in Zukunft zu verzichten. Unaufdringliche Werbung wird dagegen in den meisten Fällen nicht als störend empfunden und somit eher toleriert. Dies würde am Ende auch wieder Google entgegen kommen, die davon leben, dass Nutzer die von ihnen verteilte Werbung sehen und nicht blockieren. Alleine im letzten Jahr erwirtschaftete das Unternehmen mit Online-Werbung den größten Teil seiner Einnahmen – über 60 Milliarden US-Dollar. Da beide Unternehmensbereiche zudem voneinander unabhängig unter dem Dach von Alphabet angesiedelt sind, haben die Chrome-Entwickler zunächst freie Hand – solange der Mutterkonzern mitspielt.

Schulterschluss mit der Werbebranche

Um den Plan umsetzen zu können, muss Google jedoch die Werbebranche auf seiner Seite wissen – und die Zeichen dafür stehen nicht ungünstig. Dafür gründete der Konzern zusammen mit anderen einflussreichen Wirtschaftsgrößen im letzten Jahr die Organisation „Coalition for Better Ads“, der im Laufe der Zeit namhafte Unternehmen wie Facebook, die Washington Post, Reuters, Procter & Gamble aber auch der Deutsche Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) sowie zahlreiche Verbände beigetreten sind. Im vergangenen Monat wartete die Organisation mit einer Liste auf, in welcher sie die Merkmale störender Werbung umriss und vier Formen als inakzeptabel erklärte. Mit diesem Zusammenschluss könnte Google auch dem Verdacht der Ausnutzung der eigenen Marktstellung zuvor kommen, schließlich setzen mittlerweile fast die Hälfte als Internetnutzer auf Chrome.

Adblocker als Grund für immer aufdringlichere Werbung

Im Gegensatz zur Eyeo GmbH, dem Entwickler des Adblock Plus, welche immer wieder in den Verdacht geraten ist, Werbung („Acceptable Ads“) gegen bare Münze in ihre Whitelist aufzunehmen, versucht Google das Problem zusammen mit allen Beteiligten zu lösen. Der Meinung von Experten nach haben gerade Adblocker zu immer aggressiverer Werbung aufgrund sinkender Werbeeinnahmen geführt.

Nutzer sollen weiterhin Kontrolle behalten

Die erarbeiteten Definitionen könnten nun als Grundlage für Googles neuen Adblocker dienen. Im Gegensatz zu anderen Methoden soll die Kontrolle in der neuen Funktion jedoch dem Nutzer überlassen werden – so soll dieser immer noch entscheiden können, ob aufdringliche Werbung angezeigt oder ausgeblendet werden soll.

Google gab in einem kurzen Statement lediglich an, dass das Unternehmen die Gerüchte und Spekulationen rund um das genannte Thema nicht kommentieren wird. Man arbeite aber weiterhin zusammen mit den beteiligten Unternehmen und Verbänden an einem besseren Industriestandard für Werbung.

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