Nvidia Shield 2017 im Test: Mit 4K-HDR und Prime Video zum Primus

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Robert Kern
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GeForce Now funktioniert

Da sie nicht nur Bandbreite erfordern, sondern auch eine möglichst geringe Latenz, stellen gestreamte Spiele die Königsdisziplin dar. In einem Kommentar lässt sich nachlesen, warum der Autor das Modell „Netflix für Spiele“ für die Zukunft des Gamings hält. Shield beherrscht zwei Varianten: Bei Gamestream erfolgen die Berechnungen auf einem lokalen Rechner mit GeForce-Grafikkarte im Heimnetz; GeForce Now lagert das Computing komplett auf eine Nvidia-Serverfarm in Frankfurt aus. Beide Dienste liefen im Test auf Anhieb zwar nicht ganz fehlerfrei, funktionierten nach Software-Updates oder der Rückkehr von Ubisoft-Servern aber dann erstaunlich gut.

GeForce Now Benchmark für Far Cry Primal
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Ethan Carter Redux ist von lokalem Rendering kaum zu unterscheiden
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Die Batman-Spiele sind Teil von kostenlosen GeForce-Now-Inhalten
Die Batman-Spiele sind Teil von kostenlosen GeForce-Now-Inhalten

Wie im Forum zum GeForce-Now-Kommentar von ComputerBase-Lesern befürchtet wurde, gibt es ein Input-Lag, das vom Spieler ignoriert werden muss. Mal mehr und mal weniger deutlich ist es jedoch keineswegs ein Dealbreaker. Wer es spüren will, der spürt es, aber sobald man sich auf das Spiel einlässt, dann funktioniert GeForce Now.

Keine Installationen, keine Treiber, keine Updates – sofort spielfertig

Rund 20 Sekunden nach dem Start flimmern in Batman: Arkham Origins die Logos über den Schirm und kurze Zeit später kann man losprügeln. Bei The Witcher 3 ist man noch schneller im Spiel, beide Games laufen flüssig mit 1.920 x 1.080 Pixeln bei 60 Bildern pro Sekunde. Aus dem Statistik-Overlay ist zu entnehmen, dass die Bandbreite die meiste Zeit um die 20 Mbit/s rangiert, für eine 50-Mbit-Leitung gut machbar. Shield ist wohlgemerkt drahtlos im lokalen 5-GHz-Netzwerk eingebunden.

GeForce Now Bandbreitentest
GeForce Now Bandbreitentest
Gamestream Bandbreitentest
Gamestream Bandbreitentest

Wenn man es sehen möchte, bemerkt man die Kompression des MP4-Streams. Details der Vegetation in The Witcher 3 bringen den Codec an seine Grenzen. „GeForce-PC-Grafik“ entpuppt sich hier als etwas übertriebenes Marketing-Versprechen, zumindest zu Zeiten von H.264. Der aktuellere Codec HEVC, an dessen Implementierung Nvidia auf Nachfrage arbeitet, soll den Stream qualitativ weiter in Richtung lokalem Rendering bewegen. „Problemkinder“ unter den Spielen wie No Man's Sky laufen auch über GeForce Now etwas unrund.

Möchte man einfach nur spielen, ohne großen Aufwand, so ist GeForce Now eine sehr gute Plattform. Keine Installationen, keine Patches, keine Hardware-Probleme und keine Treiber – One-Click-Gaming für 10 Euro im Monat und eine Menge Spiele sind schon enthalten. Neukäufe erfolgen in Form von PC-Codes, die auch außerhalb von GeForce Now genutzt werden können. Bereits im Besitz befindliche Spiele werden bisher nur von Ubisoft anerkannt, die bestehende Bibliothek kann über Gamestream gespielt werden. Voraussetzung ist hier ein PC mit GeForce-Grafikkarte ab GTX 650. Laut Nvidia gibt es Gespräche mit anderen Plattformen, EAs Origin könnte zum Beispiel bald folgen.

Gamestream ist fummelig

Für alle drahtlosen Übertragungen im Zuhause ist ein zuverlässiges WLAN eine wichtige Voraussetzung. Im Falle von Gamestream liegt die geforderte Bandbreite für 2160p60 bei durchschnittlich 50 Mbit/s, mit Spitzen weit darüber. Mass Effect: Andromeda in 3.840 x 2.160 Pixeln bei 60 FPS zeigte im Statistik-Overlay für Gamestream (Controller: Longpress Startbutton unten Mitte für Tastaturmenü, LB1+LB2+B) zwischenzeitlich mehr als die 80 Mbit/s, die im Gamestream-Konfigurationsmenü als maximale Grenze auswählbar sind. In diesem Menü zwingt man Shield zur 4K-Auflösung.

Mass Effect: Andromeda erreichte Bandbreiten-Peaks von bis zu 90 Mbit/s
Mass Effect: Andromeda erreichte Bandbreiten-Peaks von bis zu 90 Mbit/s

Alle Komponenten von PC über Router bis zur Shield sollten WLAN-ac mit 5 GHz und nach Möglichkeit mehrere Antennen bieten. Ganz zu schweigen von der PC-Hardware: 4K-Gaming in hoher Detailstufe verlangt in vielen Titeln schon mindestens nach einer GeForce 1080 Ti. Für maximale Details in Mass Effect: Andromeda, das 4K-HDR unterstützt, reicht auch eine einzelne dieser High-End-GPUs nicht aus.

Virenscanner als Spielverderber

Der Gamestream-Service ist zudem noch etwas fehlerbehaftet. Nvidia Shield ließ sich zwar mit dem PC verbinden, tauchte in der GeForce-Experience-Software allerdings nicht auf. Spiele starteten nicht immer direkt von der Shield. Manchmal, wenn ein Gamestream-Titel auf der Konsole ausgewählt wurde, öffnete er lediglich die Verbindung zum PC und zeigte dessen Desktop ähnlich Steams In-Home-Streaming. Barrieren gibt es nicht wenige: Virenscanner, Razer Synapse, Asus GameFirst oder KeyBot führt Nvidia im Troubleshooting als potenzielle Störenfriede auf.

Steam Big Picture brachte Auflösungs-Probleme, wird aber auch nicht benötigt
Steam Big Picture brachte Auflösungs-Probleme, wird aber auch nicht benötigt

Steam Big Picture, das als App auf Shield verfügbar ist, ließ sich nicht zu höheren Auflösungen als 2.560 x 1.440 Pixel überreden. Am sichersten fährt man mit dem Start der Titel aus der Gamestream-Bibliothek der Shield, einen wirklichen Grund für Steam Big Picture gibt es auch nicht.

Gerendert sieht einen Tick besser aus

Wer einen leistungsfähigen PC sein Eigen nennt, der grafiklastige Titel in 4K mit hoher Detailstufe darstellen kann, ist in der Regel wenig kompromiss-, genauer komprimierbereit. Auch wenn alles glatt läuft, das Spiel voll unterstützt wird, der PC flüssig 4K liefert, das Netzwerk verlustfrei durchreicht, bleibt ein Qualitätsunterschied zwischen Stream und der direkten Ausgabe auf den TV. Über Gamestream tauchen gelegentliche Einbrüche der Framerate auf, Mass Effect: Andromeda landet zum Beispiel für kurze Zeit in den hohen 40ern. Das Spiel ist generell problematisch, was Einbrüche gerade beim Wechsel zwischen Video und Gameplay angeht. Bei direkter Bildausgabe klebt die Framerate, ein entsprechendes SLI-System vorausgesetzt, allerdings an der 60-FPS-Marke, von den Cutscenes mal abgesehen.

Watch Dogs 2 über Gamestream, lokal gerendert per HDMI-Kabel sieht besser aus
Watch Dogs 2 über Gamestream, lokal gerendert per HDMI-Kabel sieht besser aus

Ein flüssigeres Spiel, weniger Input-Lag, eine knackigere Darstellung an kontrastreichen Kanten – auch in Zeiten von Gamestream hat ein langes Kabel zum TV noch Vorteile. Erst auf längere Distanzen führt kein Weg an Nvidias Shield als Streamer vorbei. Mit dem richtigen HDMI-Kabel liegt die Grenze für ein Bildsignal mit 3.840 x 2.160 Pixel, 60 Hz, vollem RGB-Farbraum und 4:4:4 Farbunterabtastung bei acht Metern. Darüber hinaus bleibt der TV schwarz und Shield hat den längeren Atem.

Der Vergleich beschreibt auch ein absolutes Luxusproblem, wirklich groß sind die Unterschiede in der Bildqualität zwischen Stream und Kabel nämlich nicht.

Dieses Paket schlägt die Streaming-Konkurrenz, hat aber noch Luft zu Next-Gen-Konsolen und PCs
Dieses Paket schlägt die Streaming-Konkurrenz, hat aber noch Luft zu Next-Gen-Konsolen und PCs

Fazit: Komfortables und umfassendes Streaming-Paket

Nvidia Shield zählt mit 230 Euro zu den teuersten Media-Streaming-Boxen, geht hinsichtlich des Feature-Sets aber auch in jeder Beziehung eine Extrameile. Die Plattform ist performant, Controller und Fernbedienung zählen zu den besseren ihrer Klasse und in Sachen Bild- und Tonqualität sticht Shield die Konkurrenz aus.

Für Käufer der ersten Shield gibt es wenig Anreiz zum Upgrade, softwareseitig hat Nvidia die Nutzer jedoch auf den neuesten Stand gebracht. Das Paket, welches Nvidia 2017 geschnürt hat, ist mit enthaltener Fernbedienung und Amazon Prime Video nun deutlich attraktiver. Hauptgründe sind die Amazon-Video-Integration, der verbesserte Controller und auch der Ausbau des Angebots auf GeForce Now.

Nvidia Shield sitzt etwas zwischen den Stühlen. Für vieles, was Shield kann, gibt es günstigere Einzellösungen, angefangen bei den Smart-Funktionen des 4K-TVs über Amazons Fire TV bis hin zu Steam Link für Games. Jede Einzellösung bleibt jedoch hinter Nvidias Features zurück, seien es mangelnde 4K-Kompatibilität, Twitch-Aufnahme und -Livestream, benutzerfreundliche Einbindung ins Heimnetz und natürlich das unkomplizierte Spielen mit GeForce Now. Nach nur einem Jahr frisst das Abo zwar schon den Aufpreis zur PlayStation 4 Pro, die Zeit für Beschaffung der Hard-Copy, Installationen und Day-1-Patches spart man allerdings, und die auf GeForce Now gekauften Titel kommen mit Download-Codes für den PC. Die Bibliothek wird stetig ausgebaut; wer neben Familie und Vollzeitstelle abends nur wenig Zeit entbehren kann, wird die Unkompliziertheit zu schätzen wissen.

Ein großer Nachteil gegenüber dem PC und den Next-Gen-Konsolen besteht beim Mehrspielermodus, das Angebot für die Shield richtet sich schlichtweg an Einzelspieler. Manche Plattformer und Beat 'em ups können lokal oder sogar online gezockt werden, das sind aber spärliche Ausnahmen. Ein großer Vorteil gegenüber den Konsolen: Shield kann man auch einfach mal mitnehmen.

Am Ende bleibt mit Shield die beste Streaming-Box, die sich engagiert und ambitioniert im Wohnzimmer breitmacht.

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