Kommentar: Google muss zahlen und die EU hat Schuld

Jan-Frederik Timm
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Kommentar: Google muss zahlen und die EU hat Schuld
Bild: Open Grid Scheduler | CC0 1.0
Jan-Frederik Timm

Die EU hat Schuld. Wieder einmal. Dieses Mal haben sich die Beamten in Brüssel an Google vergriffen und den Konzern zu 2,42 Milliarden Euro Strafe verdonnert, weil der seine Marktmacht bei der Suche dazu missbraucht haben soll, einen zweiten Dienst gegenüber der Konkurrenz zu bevorzugen. Geht's noch?

Die EU hat Schuld

Die Frage stellt sich mir, allerdings nicht in Bezug auf das Vorgehen der EU, sondern in Anbetracht der ersten Reaktionen von betroffenen EU-Bürgern im Netz. „Wie kann man die idiotische Abzocke der EU auch noch gut finden?“, heißt es da.

Die „idiotische Abzocke“ trifft den richtigen Konzern

Also ich finde „idiotische Abzocke“ gut, wenn sie so zielgerichtet betrieben wird wie in diesem Fall. Auf Basis der Tatsachen, die die EU in ihrer Pressemitteilung zum Urteil präsentiert, kann ich das Urteil sehr gut nachvollziehen. Auch wenn ich, das glaube ich zumindest, für den Preisvergleich eher direkt meine favorisierten Seiten ansteuere und deshalb von Shopping bisher wenig mitbekommen habe: Wer über Google geht, wird zwangsläufig Richtung Google Shopping getrieben. Und das ist mit Googles Stellung als Quasi-Startseite des Internets falsch.

Zwei Annahmen sind dafür, dass ich mich überhaupt mit den Hintergründen des Urteils auseinandersetze, allerdings wesentlich: 1. Die EU ist nicht von Grund auf schlecht. 2. Nur weil ich selber gerne google, ist Alphabet noch lange kein Heiliger und Google kein Startup unter Welpenschutz von Nebenan mehr. Ich sehe die politische Institution und den Weltkonzern also auf Augenhöhe.

Google ist kein hippes Startup mehr

Die, die sich über dieses Urteil aufregen, sehen das aber offensichtlich anders. Kein Wunder: Das, was Google, Apple oder auch Microsoft aktuell in Perfektion beherrschen, ist PR. Egal wie groß, egal wie intransparent, egal wie zwiespältig: Hippe Events, Locations und Social-Media-Auftritte haben dafür gesorgt, dass die Unternehmen in großen Teilen der Bevölkerung einen extrem guten Ruf besitzen. „Im Zweifel gegen die Politik“ ist langfristig aber ebenso falsch wie die Glorifizierung der EU: Wer von morgens bis abends gelobt wird, fängt früher oder später an, diese Macht zu missbrauchen. Auch Google.

Missbrauch hat immer zwei Seiten und ohne Wettbewerbskontrolle durch die Kartellbehörden verbreiten sich die Nachteile wie ein Krebsgeschwür. Gut für uns Betroffene, dass die EU dem Treiben eines übermächtigen Konzerns in diesem Fall ein Ende gesetzt hat.

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