Neuer Audi A8 im Check: Bis zu sieben Displays und AI mit Nvidia-SoC

Update Nicolas La Rocco
200 Kommentare
Neuer Audi A8 im Check: Bis zu sieben Displays und AI mit Nvidia-SoC

tl;dr: Audi hat den neuen A8 vorgestellt. Imposant sind Features wie der mit zahlreichen Touch-Displays bestückte Innenraum oder das erstmals verbaute Lidar. Der neue A8 ist laut Audi das erste Fahrzeug für hochautomatisiertes Fahren. ComputerBase hat Platz genommen und Detailfragen zur IT mit Audi-Experten geklärt.

Hochautomatisiertes Fahren

Bei der Präsentation neuer Luxus-Limousinen lassen sich deutsche Automobilhersteller für gewöhnlich nicht lumpen. Audi hat deshalb in Barcelona zur Weltpremiere des neuen A8 schwere Geschütze aufgefahren, was die technologische Entwicklung des assistierten Fahrens und des Designs des Innenraums betrifft. Nie zuvor hat es bei den Ingolstädtern mehr Bildschirme im Interieur gegeben, die auf Berührung reagieren. Jetzt kommt dazu auch noch akustisches und haptisches Feedback. Beim assistierten Fahren positioniert sich Audi nach eigener Einschätzung an der Spitze der Industrie und präsentiert mit dem neuen A8 erstmals ein Fahrzeug, das das SAE-Level 3 erfüllt, sodass im Stau das Fahren vollständig an den Pkw abgegeben werden kann.

SAE-Level 3 erklärt

Beim assistierten Fahren nach SAE-Level 3 kann der Fahrer die Überwachung der Umgebung des Fahrzeugs vollständig an das Automobil abgeben, sodass bis zu einem gewissen Grad nicht mehr auf den Verkehr geachtet werden muss und die Hände für längere Zeit vom Lenkrad genommen werden können. Der Fahrer bleibt jedoch nach wie vor Fallback und muss auf Hinweise des Fahrzeugs reagieren und zu jeder Zeit dazu in der Lage sein, wieder das Steuer zu übernehmen. Erst mit SAE-Level 4 gäbe es diese Einschränkung nicht mehr. SAE-Level 5 würde schließlich vollständig fahrerlose Automobile ermöglichen, in denen nur noch Passagiere Platz nehmen.

Level des automatisierten Fahrens
Level des automatisierten Fahrens (Bild: Bundesanstalt für Straßenwesen)

Das kann der Staupilot

Audi spricht beim neuen A8 vom hochautomatisierten Fahren und nennt sein System Audi AI Staupilot oder kurz nur Staupilot. Der Name verdeutlicht auf Anhieb, dass kein System für den generellen Gebrauch auf jedem Straßentyp entwickelt worden ist. Der Staupilot ist für Autobahnen und Bundesstraßen mit baulicher Trennung konzipiert worden. Er kann nicht auf normalen Landstraßen oder gar im sehr komplexen Szenario der Innenstadt eingesetzt werden. Außerdem hat er eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h, ab der der Fahrer wieder selbst das Steuer übernehmen muss.

Der Staupilot wird im Bereich vor dem Automatikwählhebel über eine neue „Audi AI“-Taste aktiviert. Unter Audi AI vereint der Hersteller mit dem A8 alle intelligenten Assistenzsysteme des Fahrzeuges, nicht nur das hochautomatisierte Fahren. Auch automatische Parkvorgänge werden über die neue Taste bestätigt. Mit Drücken der AI-Taste wird Anfahren, Beschleunigen, Lenken und Bremsen vom Stillstand aus bis zu 60 km/h auf den genannten Straßentypen vollständig vom Auto übernommen. In dieser Phase des Fahrens kann sich der Fahrer mit anderen Dingen beschäftigen, etwa auf das Kind auf der Rückbank achten oder den Fernseher anschalten. Sobald die Grenzen des Systems aber überschritten werden, wird der Fahrer durch optische und akustische Hinweise zum Eingreifen aufgefordert. Wird diesen Anweisungen nicht Folge geleistet, hält das Fahrzeug die Spur und verlangsamt schließlich bis zum Stillstand.

zFAS mit Nvidia Tegra K1 im Detail

Audi setzt im neuen A8 erstmals ein zentrales Fahrerassistenzsteuergerät (zFAS) ein, das Sensordaten an einer zentralen Stelle verarbeitet und darüber permanent ein Abbild der Umgebung des Fahrzeugs generiert. Das Modul wird passiv gekühlt unter dem Fahrersitz montiert. Die Fertigung des zFAS übernimmt Delphi, das hatte Audi bereits im März 2015 angekündigt. Damals hatte es geheißen, der Serieneinsatz werde innerhalb der nächsten zwei Jahre erfolgen. Dieses Ziel konnte Audi mit dem neuen A8 somit nicht einhalten, zumal die Markteinführung der Limousine erst für Spätherbst geplant ist.

An der technischen Ausstattung des zFAS hat sich im Vergleich zu vor über zwei Jahren kaum etwas verändert, die Platine ist allerdings deutlich kleiner geworden. Dennoch zeigt das unveränderte Übernehmen mittlerweile vergleichsweise alter Chips, wie zeitaufwendig die Zertifizierungen für den Automobilsektor sind und wie entsprechend lange die Entwicklungszyklen sind. Auf dem zFAS sitzen als vier wichtigste Chips ein Nvidia Tegra K1, Mobilye EyeQ3, Altera Cyclone V und Infineon Aurix. Die Chips sind speziellen Aufgaben zugeordnet, um möglichst effizient zu arbeiten. Auf dem zFAS laufen die Informationen aller Sensoren zusammen, werden verarbeitet und führen letztlich zur Entscheidungsfindung für das hochautomatisierte Fahren.

Sensoren in der Übersicht

Das zFAS muss Informationen aus unterschiedlichsten Quellen verarbeiten, der neue Audi A8 ist mit der bisher umfangreichsten Umfeldüberwachung des Konzerns ausgerüstet. Premiere feiert ein Laserscanner in der Front des Fahrzeugs, auch Lidar genannt. Lidar (light detection and ranging) oder Ladar (laser detection and ranging) nutzt Laserstrahlen für das präzise Messen von Abständen und Geschwindigkeit.

Lidar von oben
Lidar von oben
Lidar von vorne
Lidar von vorne
Audi A8: Lidar im Detail
Audi A8: Lidar im Detail (Bild: Audi)

In der Front sitzen außerdem ein Langstreckenradar und eine 360-Grad-Umgebungskamera sowie das Nachtsichtgerät. Zur Seite werden Mittelstreckenradar, Ultraschallsensoren und 360-Grad-Kameras in der Karosserie und den Spiegeln untergebracht. Das Heck des Fahrzeugs ist erneut mit diesen Sensoren bestückt. In der Frontscheibe vor dem Rückspiegel sitzt schließlich noch eine Front-Kamera.

Die rechtlichen Probleme

Was Audi an Hardware verbaut und wie die Informationen verarbeitet werden, klingt imposant und wurde in Barcelona mehrfach sauber funktionierend demonstriert – noch allerdings nur auf Bildschirmen und anhand von Modellen. Denn Audis Staupilot hat ein rechtliches Problem, das den Einsatz direkt zum Marktstart verhindern wird. Dass der Fahrer nur noch zum Fallback für die Fahrsysteme degradiert wird, ist derzeit in weltweit keinem Land rechtlich möglich. Deshalb muss bei aktuellen „Pilot“-Systemen wie etwa in der E‑Klasse von Mercedes Benz (Test) oder auch im neuen 5er von BMW (Test) noch alle paar Sekunden wieder das Lenkrad in die Hände genommen werden.

Audi erklärt dazu in Barcelona: „Die Einführung des Audi Staupilot erfordert für jeden einzelnen Markt neben der Klarheit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen eine landesspezifische Applikation und Erprobung des Systems. Dabei gilt auch für das hochautomatisierte Fahren der hohe Qualitätsanspruch der Marke. Darüber hinaus sind weltweit unterschiedliche Zulassungsverfahren und ihre entsprechenden Fristen zu beachten. Aus diesen Gründen wird Audi den Staupilot im neuen A8 Schritt für Schritt in Serie bringen.

So kommt der A8 im Spätherbst

Die Markteinführung des neuen Audi A8 ist für den Spätherbst 2017 auf dem deutschen Markt zu Grundpreisen von 90.600 Euro für den A8 und 94.100 Euro für den A8 L geplant. Ob Kunden dann schon den Staupilot bestellen können, konnte Audi im Gespräch mit ComputerBase nicht beantworten. Denn die Markteinführung des Assistenzsystems nach SAE-Level 3 ist stufenweise erst für 2018 geplant.

Audi erörtere derzeit intern, ob Kunden zur Markteinführung die für den Staupilot benötigte Hardware schon mitbestellen können, um diesen dann nachträglich zur Freigabe für Deutschland von einem Audi-Händler freischalten zu lassen. Dies könne aber zu Problemen führen, wenn es in bestimmten Ländern nie zur Freigabe kommt, der Kunde die Extras aber in der festen Erwartung dessen bestellt und bezahlt hat.

Definitiv zum Marktstart verfügbar sein werden aber der „Remote Garagen Pilot“ und der „Parkpilot“, mit denen der Fahrer das Fahrzeug über die myAudi-App und sein Smartphone steuern kann, auch ohne währenddessen im Pkw zu sitzen. Die Assistenzsysteme richten sich vor allem an Nutzer von engen Garagen, wo das Aus- und Einsteigen nach dem Parken nur noch schwer möglich ist. Mit Hilfe des Parkpilot kann der Fahrer das Auto über die App parallel oder quer zur Straße parken. Auch hier sind enge Parklücken mit Hindernissen beim Aus- und Einsteigen das Einsatzgebiet.