Kommentar: Sony muss Cross Play aktuell noch ablehnen

Max Doll
52 Kommentare
Kommentar: Sony muss Cross Play aktuell noch ablehnen
Max Doll

Microsoft wirbt ausdauernd dafür, Spieler auf der Xbox, PlayStation und dem PC im Interesse aller zusammen spielen zu lassen. Sony hingegen lehnt eine solche Vision (derzeit) ab. Und das aus gutem Grund: Was bei Microsoft für eine Öffnung spricht, spricht bei Sony dagegen.

Text

Microsoft wirbt offensiv für Cross Play

In den vergangenen Wochen hat sich Microsoft mehrfach und mit Nachdruck für Cross Play eingesetzt und dabei ausschließlich in uneigennütziger Manier die Vorteile für Spieler und Entwickler herausgestellt. Das Unternehmen profiliert sich damit bei beiden Gruppen ausgiebig in der Vorreiterrolle und als Vorkämpfer für das Wohl der Allgemeinheit. Sony wurde damit geschickt in eine Position manövriert, die lediglich zwei schlechte Optionen zur Wahl belässt.

Entschieden hat sich der Konzern für die weniger schlechte Variante und den Vorstoß zunächst abgeblockt. Da die Vorteile von Cross Play auf der Hand liegen, wird der Slogan „for the players“ so als inhaltsleere Werbephrase entlarvt und damit entwertet, denn die Microsoft-Vision der „one community to unite gamers“ ist etwas, das eindeutig im Interesse der Spieler liegt. Die Haltung des Anbieters, der so sehr „für Spieler“ agiert, läuft jedoch so gar nicht in ihrem Sinne. Dass es bei dieser Verweigerung, wie von Sony vorgebracht, um Jugendschutz und das Gewährleisten einer sicheren Online-Umgebung geht, glaubt niemand ernsthaft. So entsteht ein Fleck auf der Image-Weste, Sony wird als Blockierer wahrgenommen. Das belegt auch der Blick in die öffentliche Wahrnehmung: Sony weigert sich, Teil von Cross Play zu werden, schreibt etwa VG247, was unterstreicht, wie die Rollen verteilt werden und wer der neue Hausherr des Cross Play ist.

Sony wählt die bessere der schlechten Alternativen

Tatsächlich aber hat das Unternehmen einen wesentlichen Grund, diese weniger schlechte Option zu wählen. Bei der Etablierung von Cross Play unter Einbindung der PlayStation-Spieler gewänne Microsoft am Meisten. So selbstlos wie suggeriert ist der Vorstoß keinesfalls: Gewinn und Verlust entstehen durch die deutlich höhere Popularität der PlayStation 4 gegenüber der Xbox One. Werden die Barrieren zwischen den Plattformen aufgehoben, verliert die PlayStation 4 ein wesentliches Kaufargument, namentlich ihren – Schätzungen zufolge mehr als doppelt so großen – Spielerpool, dank dem sich leichter Mitspieler finden lassen und der das Veröffentlichen für die Konsole attraktiver macht.

Dabei spielt die Konkurrenz um ähnliche Käuferschichten eine erhebliche Rolle: Für Nintendo ist Cross Play tendenziell weniger ein Problem, da sich die Zielgruppen deutlicher unterscheiden. Von einer solchen Öffnung profitiert die abgeschlagene Konsole naturgemäß ungleich stärker. Im Falle von Microsoft wird außerdem der Windows-PC gestärkt, der mit dem neuen Xbox-Konzept im Hintergrund lauert. Sony würde so gleich zwei Plattformen beziehungsweise die Symbiose aus PC und Xbox-Konsole stärken und einen Trumpf aus der Hand geben. Dass das Feature noch kaum Fahrt aufgenommen hat, liegt insofern paradoxerweise auch an der Schwäche der Xbox.

Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Cross Play mit der Xbox ist so aus wirtschaftlicher Sicht für Sony schlicht kein kluger Schachzug und erscheint offenkundig ungünstiger als mögliche PR-Nachteile – das Eigeninteresse siegt über den Nutzen für die Allgemeinheit, weil auch der Konkurrent darunter ist. Vorteile für alle kommen unter die Räder ökonomischer Bedürfnisse. Eine Öffnung wird erst dann attraktiv, wenn die Plattformen hinsichtlich ihrer Größe mindestens auf Augenhöhe agieren. Ewig wird sich Sony aber schwer verweigern können: Nachdem die Büchse der Pandora geöffnet wurde, gibt es kein Zurück mehr. Dafür sind die Vorteile für Spieler und Entwickler zu deutlich, was Microsoft fast schon genüsslich ausbreitet. Sony muss sich im Sinne der Spieler und der eigenen Werbung öffnen – nur nicht jetzt.

Hinweis: Der Inhalt dieses Kommentars gibt die persönliche Meinung des Autors wieder. Diese Meinung wird nicht notwendigerweise von der gesamten Redaktion geteilt.