Das Ende von 3dfx: Rückblick zum 15. Todestag des 3D-Grafik-Pioniers

Robert McHardy
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Das Ende von 3dfx: Rückblick zum 15. Todestag des 3D-Grafik-Pioniers
Bild: Fritzchens Fritz | CC0 1.0

tl;dr: Vor genau 15 Jahren wurde die Grafikschmiede 3dfx für bankrott erklärt. Dem Pionier im Grafikkarten-Markt ist unter anderem SLI und vor allem die erste bezahlbare 3D-Grafikkarte zu verdanken. Mit Glide führte der Hersteller auch ein eigenes Grafik-API ein, das weite Verbreitung fand. Ein Rückblick.

Ein langsamer Tod

Die endgültige Bankrotterklärung am 15. Oktober 2002 war nur der letzte Sargnagel für den einstigen Innovationsträger. Ausschlag gegeben hatte zweieinhalb Jahre zuvor die Übernahme des Chipherstellers Gigapixel für 186 Millionen US-Dollar, die sich als finanzielle Belastung herausstellte und auch die Entwicklung der eigenen Produkte Voodoo 4 und Voodoo 5 beeinflusste. Einige Investoren der Firma entschieden sich schnell dafür, ein Insolvenzverfahren gegen 3dfx anzustreben, nachdem der Hersteller in zwei aufeinander folgenden Geschäftsquartalen einen Verlust von etwa 280 Millionen US-Dollar erwirtschaftete.

Die Seele von 3dfx ging schon im Jahr 2000 an Nvidia

Vor diesem Hintergrund wurde ein Angebot von Nvidia in Höhe von 112 Millionen US-Dollar zur Übernahme der wesentlichen Teile von 3dfx am 15. Dezember 2000 akzeptiert. Damit war das Schicksal des einstigen Vorzeigeherstellers besiegelt: Nvidia übernahm etwa 100 Mitarbeiter und alle Marken- und Patentrechte. Dass Nvidia nur zwei Monate zuvor einen potentiell folgenschweren Patenstreit gegen den Konkurrenten verloren hatte, war damit nicht mehr von Relevanz. Und 3dfx war als leere Hülle nur noch ein Schatten seiner selbst. Am 15. Oktober 2002 meldete 3dfx Interactive schlussendlich Konkurs an.

Voodoo Graphics und die Anfänge von 3dfx

3dfx wurde im Jahr 1994 von Ross Smith, Scott Sellers und Gary Tarolli in San Jose, Kalifornien, gegründet. Fahrt nahm 3dfx aber erst im März 1995 auf, als das Unternehmen von Investoren 5,5 Millionen US-Dollar Startkapital erhielt. Bereits im November des gleichen Jahres kündigte 3dfx auf der COMDEX die Voodoo Graphics – intern als SST1 bezeichnet – an. Die Voodoo war ein reiner 3D-Beschleuniger: Für den normalen Desktopbetrieb oder Anwendungen, die den Chip nicht explizit unterstützen, musste ein 2D-Beschleuniger die Arbeit übernehmen. Dieser konnte mit einem VGA-Kabel an die Voodoo angeschlossen werden, sodass das Signal durchgeschleift werden konnte.

Diamond Monster 3D mit 3dfx Voodoo „1“
Diamond Monster 3D mit 3dfx Voodoo „1“ (Bild: Konstantin Lanzet, CC0 1.0)

Der Grafikprozessor selbst, der noch in einem 500-nm-Verfahren hergestellt wurde und aus zwei Chips – einem für die Texturen und einem für die Pixel – bestand, arbeitete mit 50 MHz, als Interface zur Kommunikation mit den restlichen Komponenten kam PCI zum Einsatz. Die SST1 verfügte – je nach Modell – über vier oder sechs MByte EDO-DRAM als Grafikspeicher. Zwei MByte entfielen dabei auf den Framebuffer und zwei oder vier MByte wurden als Texturspeicher genutzt. Angebunden wurde der Speicher über zwei 64 Bit breite Busse an die Shader- und Textureinheit, daraus ergab sich eine kumulierte Bandbreite von 0,8 GByte/s. Ausgelegt war die Voodoo sowohl für herkömmliche Rechner als auch für Arcade-Maschinen. Hergestellt wurden die Grafikkarten von Drittanbietern wie Orchid oder Diamond; 3dfx selbst produzierte lediglich die Grafikchips und entwarf ein Referenzdesign. Auf dem Markt verfügbar war die erste Voodoo-Grafikkarte erst im August 1996.

Vom Prozessor zur Grafikkarte

Bevor die ersten 3D-Beschleuniger am Markt verfügbar waren, wurde die ausgegebene Grafik noch von dem Prozessor berechnet, der damals in logischer Konsequenz die wichtigste Komponente eines Computers war. Die ersten dedizierten Grafikkarten waren bereits um ein Vielfaches schneller als ein Intel 486er oder Pentium. Gegenüber der Konkurrenz in Form der ATi 3D Rage oder S3 ViRGE, die beide auch 2D beschleunigen konnten, bot die Voodoo bessere 3D-Leistung, war dafür aber auch teurer und benötigte natürlich einen zweiten 2D-Grafikchip. Spiele, die mit einer Voodoo gespielt wurden, konnten gegenüber dem Software-basierten CPU-Rendering nicht nur bei der Leistung, sondern auch bei der Optik – beispielsweise durch bilineare Filterung – zulegen.

Der nackte Die des Textur-Prozessors der Voodoo „1“
Der nackte Die des Textur-Prozessors der Voodoo „1“ (Bild: Fritzchens Fritz, CC0 1.0)

Das Grafik-API-Chaos

Bereits im Jahr 1996 gab es die Grafik-Schnittstellen Direct3D und OpenGL, die beide heute den Markt dominieren. Da beide Schnittstellen von der Hardware abstrahierten, damit der gleiche Programmcode auf verschiedenen Grafikprozessoren ausgeführt werden konnte, entschied sich 3dfx dazu, ein eigenes Grafik-Application-Programming-Interface (API) zu entwickeln, das spezifisch auf den Voodoo-Chip ausgelegt war. Das so entstandene API mit dem Namen Glide bot im Zusammenspiel mit einer Voodoo bessere Leistung und war einfacher zu benutzen als Direct3D und OpenGL. Zu den Spielen, die die Schnittstelle implementierten, gehörten unter anderem Need for Speed 2 SE, Tomb Raider oder Diablo II. Über einen sogenannten MiniGL-Treiber, der eine Teilmenge von OpenGL implementierte, konnten Voodoo-Grafikchips auch Spiele auf Basis der Quake-Engine in Hardware beschleunigen.

Mit der Voodoo Rush ging es in die zweite Dimension

Um die Notwendigkeit einer zweiten Grafikkarte im System zu eliminieren, entwarf 3dfx die Voodoo Rush, die im April 1997 auf den Markt kam. Diese bestand im Prinzip aus einer ganz normalen Voodoo, auf die eine zweite Platine mit einem 2D-fähigen Chip, der je nach Hersteller von Alliance Semiconductor, Macronix oder Cirrus Logic kam, montiert wurde. Im Juli desselben Jahres wurde eine neue Version veröffentlicht, bei der alle Chips auf einer Platine saßen. Die Rush hatte gegenüber dem originalen Modell einige Nachteile, wodurch die Verkäufe im Vergleich sehr gering ausfielen und in Konsequenz die Rush bereits nach einem Jahr eingestellt wurde.

Durch den zusätzlich verbauten 2D-Chip musste sich die Voodoo-GPU die Speicher-Bandbreite mit dem Video-Controller des zweiten Chips teilen. Zudem musste die GPU bauartbedingt indirekt über den PCI-Bus angesprochen werden. Zusammen resultierte das in einer rund 10 Prozent niedrigeren Leistung. Im gleichen Jahr musste 3dfx einen weiteren Rückschlag im Zusammenhang mit Sega und deren neu entwickelter Dreamcast-Konsole einstecken. Ursprünglich als Zulieferer für die Grafikchips vorgesehen, entschied sich Sega nach unterschriebenem Vertrag doch gegen 3dfx und wechselte zu NEC für die Grafikprozessoren. 3dfx und Sega einigten sich später außergerichtlich, die Dreamcast sollte aber die letzte Konsole bleiben, an der 3dfx (nicht) beteiligt war.

Voodoo 2 arbeitete auch im Doppelverbund

1997 stellte 3dfx mit der Voodoo 2 den Nachfolger der Ur-Voodoo vor, der erstmals Multi-GPU-Unterstützung in den PC brachte. Die Scan-Line Interleave (SLI) genannte Schnittstelle ist auch heute noch ein Begriff, lebt der Name doch bei Nvidia – die später 3dfx kauften – in Form des Scalable Link Interface, das allerdings technisch anders funktioniert, weiter. 3dfx' SLI ermöglichte es, zwei Voodoo 2 in einem Verbund zu betreiben. Um die Leistung zu erhöhen, berechnete einer der Grafikchips alle „geraden“ und der andere alle „ungeraden“ Bildzeilen. Zugleich stieg bei der Verwendung von zwei Grafikkarten auch die maximal unterstütze Auflösung von 800 × 600 auf 1.024 × 768 Bildpunkte an.

Gegenüber der ursprünglichen Voodoo verfügte die Voodoo 2 über eine zweite Textureinheit, die es angepasster Software wie Quake 2 erlaubt, eine zweite Textur im selben Taktzyklus zu zeichnen. In nicht angepasster Software kam der Leistungsvorsprung alleine durch den höheren GPU- und Speichertakt von 90 MHz, aus dem sich durch die drei 64 Bit breiten Busse eine Bandbreite von 2,252 GByte/s ergab, zustande. Die Voodoo 2 gab es wahlweise mit acht oder zwölf MByte EDO-DRAM.

3dfx Voodoo 2 mit SLI-Interface
3dfx Voodoo 2 mit SLI-Interface (Bild: Fritzchens Fritz, CC0 1.0)

Im Gegensatz zu der Voodoo Rush verfügte die Voodoo 2 über keinen (separaten) 2D-Grafikchip mehr, es musste wie bei der Voodoo eine separate Grafikkarte mit 2D-Beschleunigung verbaut werden. Insgesamt konnten also bis zu drei Grafikkarten in einem System stecken, wenn zwei Voodoo 2 im SLI-Verbund betrieben wurden. Ein Kritikpunkt an der Voodoo 2 war, dass sie weiterhin Farben nur in 16 Bit darstellen konnte, während die Konkurrenz in Form der ATi 3D Rage Pro 32-Bit-Farbtiefe beherrschte.

Die Voodoo 2 sollte trotzdem eines der erfolgreichsten Produkte des Herstellers werden, das dank SLI und Glide auch gegen neuere Grafikkarten der Konkurrenz wie Nvidias Riva TNT(2) oder die GeForce 256 bestehen konnte.

Voodoo 3 und Banshee brachten 2D-Beschleunigung zurück

Auf der Voodoo Banshee führte 3dfx Ende 1998 zum ersten Mal einen selbst entwickelten 2D-Chip ein. Die Banshee kombinierte diesen mit einer um eine Textureinheit beschnittenen Voodoo 2 in einem einzelnen Chip, womit 3dfx wie ATi, Nvidia oder Matrox ebenfalls eine hochintegrierte und gleichzeitig kostengünstige GPU bot. Erstmals unterstütze eine 3dfx-GPU mit der Banshee auch das AGP-Interface, das höhere Bandbreiten als PCI bot. In 2D konnte die Banshee mit den schnellsten Lösungen von ATi und Nvidia mithalten. Die 3D-Leistung der Banshee schwankte je nach Anwendung zwischen erheblich langsamer und etwas schneller als die Voodoo 2. Anwendungen, die mehrere Texturen pro Polygon verwendeten, liefen auf der Banshee aufgrund der fehlenden Textureinheit langsamer; wenn nur eine Textur pro Polygon verwendet wurde, konnte der Grafikchip aufgrund der höheren Taktrate von 100 MHz etwas mehr leisten als der Vorgänger. Auch der Grafikspeicher stieg auf wahlweise acht oder 16 MByte SDRAM an.

Die erste eigene Grafikkarte: Voodoo 3

Nachdem 3dfx den Grafikkarten-Hersteller STB Technologies im Dezember 1998 für 191 Millionen US-Dollar erwarb, um selbst Grafikkarten herstellen zu können, wurde die Voodoo 3 als erste eigene Grafikkarte von 3dfx im März 1999 veröffentlicht. Die Unterschiede zur Banshee beschränken sich darauf, dass die gegenüber der Voodoo 2 fehlende Textureinheit bei der Voodoo 3 wieder vorhanden ist. Daher konnte die Voodoo 3 auch im Jahre 1999 noch nicht mit 32-Bit-Farbtiefe umgehen, Bilder wurden mit 16 Bit samt Dithering ausgegeben. Daher rührt auch eine Eigenheit der Voodoo 3: Der RAMDAC legte über das gerenderte Bild aus dem Framebuffer vor der Ausgabe auf den Bildschirm noch einen 2×2-Box- oder 4×1-Zeilen-Filter und erhöhte so die Bildqualität signifikant. Daher sahen Screenshots (aus dem Framebuffer), die auf einer Voodoo 3 aufgezeichnet wurden, schlechter aus als die tatsächliche Bildausgabe. 3dfx veröffentlichte mehrere Modelle der Voodoo 3, die sich abgesehen von der Voodoo 3 3500 TV, die zusätzlich über einen TV-Eingang verfügte, nur bei Taktraten und Speichergröße unterschieden.

Modell Veröffentlichungsdatum Speichergröße GPU- und Speichertakt
Voodoo 3 1000 März 1999 8/16 MByte 125 MHz 
Voodoo 3 2000 April 1999 16 MByte 143 MHz 
Voodoo 3 3000 April 1999 16 MByte 166 MHz 
Voodoo 3 3500 TV Juni 1999 16 MByte 183 MHz 

Geballte Multi-GPU-Leistung mit der Voodoo 5

Mit der Voodoo Scalable Architecture (VSA) wollte 3dfx den Markt im Jahr 2000 noch einmal umkrempeln. Gegenüber den Vorgängern verfügte die neue Architektur über einige Neuerungen. Als erste Grafikchips von 3dfx konnten VSA-100-Chips 3D-Bilder mit 32-Bit-Farbtiefe ausgeben. Auch die unterstützte Texturauflösung stieg von vormals 256 × 256 Pixeln auf 2.048 × 2.048 Bildpunkte an, zudem implementierten die Entwickler Texturkompressionsalgorithmen. Des Weiteren verfügte der VSA-100 über einen sogenannten T-Buffer, in dem mehrere Bilder kombiniert gespeichert werden konnten. Über diesen konnte der Grafikchip Supersampling-Anti-Aliasing umsetzen; die maximale Stufe war abhängig von der Anzahl der Grafikprozessoren. Pro GPU konnte 2× SSAA angewendet werden, wer beispielsweise acht (von maximal 32) GPUs einsetzte, konnte 16-faches SSAA einschalten.

Modell Veröffentlichungsdatum Speichergröße GPU- und Speichertakt Anzahl GPUs Speicherbus
Voodoo 4 4200 32 MByte 183 MHz 1 64 Bit
Voodoo 4 4500 Oktober 2000 32 MByte 166 MHz 1 128 Bit
Voodoo 4 4800 32 MByte 200 MHz 1 128 Bit
Voodoo 5 5000 32 MByte 166 MHz 2 128 Bit
Voodoo 5 5500 Juni 2000 64 MByte 166 MHz 2 128 Bit
Voodoo 5 6000 128 MByte 166 MHz 4 256 Bit

Von den geplanten sechs Modellen erblickten mit der Voodoo 5 5500 und 4 4500 nur zwei Modelle das Licht der Welt. Das Dual-GPU-Modell Voodoo 5 5500 kam bereits so spät auf den Markt, dass sie es mit der ersten Radeon-Grafikkarte von ATi, der R100, und der GeForce 2 GTS statt der GeForce 256 aufnehmen musste. Unter anderem da beide Konkurrenten im Gegensatz zum VSA-100 eine Hardware-T&L-Engine besaßen, ließen sie die Voodoo 5 5500 in Spielen hinter sich. 3dfx schickte später noch die günstigere Voodoo 4 4500 in den Markt, die aber ebenfalls keine weite Verbreitung mehr fand, da sie teurer und langsamer als die GeForce2 MX und Radeon R100 war.

Besonders interessant ist die Voodoo 5 6000 als High-End-Grafikkarte mit vier GPUs und als erste Grafikkarte überhaupt mit 128 MByte Speicher. Da der AGP-Steckplatz nicht genug Leistung bereitstellen konnte, musste 3dfx einigen der produzierten Testkarten (ohne Molex-Anschluss) ein eigenes Netzteil beilegen. Benchmarks von Prototypen zeigten eine Leistung auf Niveau der GeForce 3, die erst im März 2001 vorgestellt wurde. Gegenüber der GeForce 3, die bereits DirectX 8 beherrschte, fehlten der Voodoo 5 6000 sogar einige DirectX-7-Features wie hardwarebeschleunigtes Transform-and-Lighting. Mit einem voraussichtlichen Preis von 600 US-Dollar, was etwa 860 US-Dollar heutzutage entspricht, wäre sie zudem extrem teuer geworden.

Doch Ende des Jahres 2000 war das Schicksal durch den eingangs erwähnten, umfangreichen Verkauf an Nvidia bereits besiegelt, die Voodoo 5 6000 kam offiziell nie in den Handel und der einstige Pionier war nicht mehr konkurrenzfähig.

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