Google: EU-Kommission verhängt 4,34 Milliarden Euro Geldbuße

Nicolas La Rocco
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Google: EU-Kommission verhängt 4,34 Milliarden Euro Geldbuße
Bild: EU-Kommission

Die EU-Kommission sieht es als erwiesen an, dass Google Herstellern von Android-Geräten und Betreibern von Mobilfunknetzen seit 2011 rechtswidrige Einschränkungen auferlegt hat, um eine beherrschende Marktstellung für allgemeine Internet-Suchdienste zu erlangen. Die heute dafür auferlegte Geldbuße liegt bei 4,34 Milliarden Euro.

Die Europäische Kommission will ein nach EU-Kartellvorschriften rechtswidriges Verhalten bei Google festgestellt haben. Dies wird insbesondere an drei Punkten festgemacht. Laut Kurzfassung der EU-Kommission hat Google insbesondere:

  • von allen Herstellern als Bedingung für eine Lizenzierung des App-Store von Google (Play Store) verlangt, die Anwendung („App“) Google-Suche und die Google-eigene Browser-App (Chrome) auf ihren Geräten vorzuinstallieren,
  • Zahlungen an bestimmte große Hersteller und Mobilfunknetzbetreiber geleistet, wenn diese ausschließlich die App Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallierten, und
  • Hersteller, die Apps von Google auf ihren Geräten vorinstallieren wollten, daran gehindert, auch nur ein einziges intelligentes Mobilgerät zu verkaufen, das über eine alternative, von Google nicht genehmigte Android-Version – einen sogenannten Android-Fork – betrieben wird.

Das mobile Internet macht heutzutage mehr als die Hälfte des weltweiten Internetverkehrs aus. Es hat das Leben von Millionen von Europäern verändert. In dieser Sache geht es um drei Arten von rechtswidrigen Einschränkungen, die Google Herstellern von Android-Geräten und Mobilfunknetzbetreibern auferlegt hat, um sicherzustellen, dass der Internetverkehr auf Android-Geräten über die Google-Suchmaschine läuft. Auf diese Weise hat Google Android dazu verwendet, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen. Durch diese Praktiken wurde Wettbewerbern von Google die Möglichkeit genommen, innovativ und konkurrenzfähig zu sein. Auch den europäischen Verbrauchern wurden somit die Vorteile eines wirksamen Wettbewerbs auf dem so wichtigen Markt für mobile Internetdienste verwehrt. Dies ist nach den EU-Kartellvorschriften rechtswidrig.

EU-Kommissarin Margrethe Vestager

Die marktbeherrschende Stellung an sich ist nach den EU-Kartellvorschriften nicht verboten. Jedoch muss dabei vom beherrschenden Unternehmen darauf geachtet werden, dass die starke Marktstellung nicht missbraucht wird. Der Wettbewerb auf dem beherrschten Markt oder auf anderen Märkten darf dabei nicht eingeschränkt werden. Die EU-Kommission will jedoch erkannt haben, dass Google drei voneinander unabhängige Arten von Praktiken angewendet hat, die alle darauf ausgerichtet waren, die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste zu festigen. Google hat bereits erklärt, gegen die Entscheidung der EU-Kommission vorgehen zu wollen.

Illegale Kopplung von Apps

Zu Punkt eins, der angeblich illegalen Kopplung der Google-Suche und Browser-Apps, heißt es im Beschluss der EU-Kommission, dass Google durch die Kopplung der App Google-Suche erreichen konnte, dass diese auf nahezu allen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verkauften Android-Geräten vorinstalliert ist. Such-Apps würden einen wichtigen Zugangspunkt für Internet-Suchanfragen auf Mobilgeräten darstellen, so der Beschluss. Nach Auffassung der Kommission stellen diese Kopplungspraktiken seit 2011 eine Rechtswidrigkeit dar, da Google seit diesem Jahr eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Android-App-Stores innehat.

Auch die Kopplung des Chrome-Browsers an den Play Store wird von der Kommission kritisiert. Browser würden ebenfalls einen wichtigen Zugangspunkt für Internet-Suchanfragen auf Mobilgeräten darstellen, und da die Google-Suche in Google Chrome standardmäßig als Suchmaschine verwendet, liege auch hier ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung vor.

Das Vorgehen der EU-Kommission gegen Google erinnert stark an das Vorgehen gegen Microsoft und den vorinstallierten Internet Explorer. Laut Kommission können Vorinstallationen zu einem „Status-quo-Denken“ mit einer deutlich höheren Nutzung führen. Es seien Nachweise dafür gefunden worden, dass die Google-Suche auf Android-Geräten, auf denen sie bereits vorinstalliert wurde, deutlich häufiger genutzt wird als auf Geräten mit Windows Mobile, deren Nutzer die Google-Suche selbst herunterladen müssen. Obwohl Anwender stets die Wahl haben, konkurrierende Anwendungen zu installieren, werde dies von den Nutzern nicht in einem Umfang umgesetzt, der den erheblichen geschäftlichen Vorteil, der Google durch die Vorinstallationen entstanden sein soll, ausgleichen würde.

Google argumentiert, dass die Kopplung der Google-Suche und des Chrome-Browsers notwendig gewesen sei, um Einnahmen aus der Investition in Android zu erzielen. Die EU-Kommission ist jedoch zu dem Schluss gelangt, dass diese Argumentation nicht hinreichend begründet ist.

Illegale Zahlungen für Vorinstallation der Google-Suche

Punkt zwei betrifft nach Ansicht der Kommission illegale, an die exklusive Vorinstallation der Google-Suche geknüpfte Zahlungen. Den größten Herstellern von Mobilgeräten sowie Betreibern von Mobilfunknetzen sollen erhebliche finanzielle Anreize dafür gewährt worden sein, dass diese ausschließlich die Google-Suche auf den Endgeräten installieren. Darin sieht die Kommission eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Anreize zur Vorinstallation konkurrierender Suchmaschinen-Apps hätte es dadurch nicht mehr gegeben.

Den Untersuchungen der Kommission zufolge wäre eine konkurrierende Suchmaschine nicht dazu in der Lage gewesen, die Zahlungen von Google an Hersteller von Mobilgeräten oder Betreiber von Mobilfunknetzen im Rahmen einer Einnahmenteilung auszugleichen. Als rechtswidrig wird dabei nur Googles Verhalten aus den Jahren 2011 bis 2014 eingestuft, da Google 2013, nachdem die Kommission begonnen hatte, sich mit dieser Sache zu befassen, dazu übergegangen war, diese Ausschließlichkeitsbedingung aufzuheben. Die endgültige Beendigung dieser nach Auffassung der Kommission illegalen Praktik erfolgte 2014.

Illegale Behinderung der Entwicklung von Android-Forks

Punkt drei bezieht sich auf die Praktiken von Google, die Hersteller von Mobilgeräten an der Nutzung jeglicher alternativer Android-Versionen gehindert haben sollen. Um geschützte Google-Anwendungen wie den Play Store oder die Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallieren zu können, mussten Hersteller sich dazu verpflichten, nicht ein einziges mit einem Android-Fork betriebenes Gerät zu entwickeln oder zu verkaufen.

Als Beispiel für dieses Vorgehen von Google wird der von Amazon auf Fire-Geräten installierte Android-Fork Fire OS genannt. Die Kommission will Nachweise dafür gefunden haben, dass das Verhalten von Google eine Reihe von großen Herstellern davon abhielt, Geräte, die mit Fire OS betrieben werden sollten, zu entwickeln und zu verkaufen. Demnach hätten das Amazon-Betriebssystem auch andere Hersteller auf ihren Geräten installieren wollen, konnten dies aber nicht, da sie dann nicht mehr parallel auch Endgeräte mit dem Play Store oder der Google-Suche hätten verkaufen können.

Restriktionen in Android
Restriktionen in Android (Bild: EU-Kommission)

In diesem Punkt argumentiert Google, dass diese Einschränkungen notwendig gewesen seien, um eine mögliche Fragmentierung des Android-Ökosystem zu verhindern. Die Kommission ist allerdings auch hier zu dem Schluss gelangt, dass diese Argumentation nicht hinreichend begründet ist.

Geldbuße in Höhe von 4.342.865.000 Euro

Die EU-Kommission kommt in ihrem Beschluss zu dem Fazit, dass diese drei Arten des Missbrauchs als Teil einer umfassenden Strategie von Google zu betrachten sind, mit der das Unternehmen in Zeiten einer erheblichen Bedeutungszunahme mobiler Internetdienste seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste festigen wollte. Bei der Festsetzung der Geldbuße in Höhe von 4.342.865.000 Euro hat die Kommission die Dauer und die Schwere des Verstoßes berücksichtigt.

Gemäß dem Beschluss der Kommission muss Google dieses illegale Verhalten innerhalb von 90 Tagen nach dem Beschluss endgültig abstellen. Im Falle einer Nichteinhaltung der im Beschluss der Kommission dargelegten Bestimmungen müsste Google Zwangsgelder von bis zu 5 Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes der Muttergesellschaft Alphabet zahlen. Google drohen zudem zivilrechtliche Schadensersatzklagen, die von seinem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffene Personen oder Unternehmen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten einlegen können.

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