Vorrang von EU-Recht?: Bundesgerichtshof setzt Verfahren gegen Facebook aus

Frank Hüber
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Vorrang von EU-Recht?: Bundesgerichtshof setzt Verfahren gegen Facebook aus
Bild: Joe Miletzki

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Verfahren des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der EU (EuGH) ausgesetzt.

Weitergabe von Nutzerdaten an Spiele-Anbieter

In dem Verfahren geht es weiterhin um Facebooks App-Zentrum, das den Verbraucherschützern schon seit dem Jahr 2012 ein Dorn im Auge ist, als die Klage eingereicht wurde. Im „App-Zentrum“ auf Facebook bietet das Unternehmen den Nutzern der Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter an. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button „Sofort spielen“ folgende Hinweise zu lesen waren: „Durch das Anklicken von „Spiel spiele“ oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“ Der Nutzer hat somit gleichzeitig auch Facebook die Erlaubnis erteilt, eine Vielzahl von personenbezogenen Daten an den Anbieter der entsprechenden App zu übermitteln.

Kennzeichnung mehrfach für unzureichend erklärt

Der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer hatte diese Kennzeichnung als unzureichend erachtet, denn „der Nutzer sagt mit dem Klick auf den Button nicht nur „Spiel spielen“, sondern auch „Hier sind alle meine Daten““. Die Verbraucherschützer sehen deshalb einen Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG und § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG aF, weil die den Nutzern erteilten Hinweise zu Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten unzureichend seien und daher keine Grundlage für eine nach § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG aF wirksame Einwilligung in die Nutzung der Daten bilden könnten.

Schon Ende 2014 folgte das Landgericht Berlin der Auffassung der Verbraucherschützer und verurteilte Facebook es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie „Spiel spielen“ eine derart weitreichende Einverständniserklärung abgeben. Auch die Berufung durch Facebook vor dem Kammergericht Berlin hatte keinen Erfolg, sondern dieses bestätigte die Auffassung des Landgerichts im September 2017.

Klagebefugnis durch Verbraucherzentrale rechtlich strittig

Der Bundesgerichtshof hat ein erneutes Urteil nun bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-40/17 über das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2017 (Beschluss vom 19. Januar 2017 - I-20 U 40/16) ausgesetzt, da zunächst geklärt werden müsse, ob der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände überhaupt klageberechtigt sind.

EU-Datenschutz-Richtlinie könnte einschränken

Fraglich ist, ob die Regelungen in Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, die – wie § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) – gemeinnützigen Verbänden zur Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einräumt, im Falle einer Verletzung von Datenschutzvorschriften gegen den Verletzer vorzugehen. Diese Frage ist auch im vorliegenden Rechtsstreit um das App-Zentrum entscheidungserheblich und nicht zweifelsfrei zu beantworten, so der Bundesgerichtshof. Möglicherweise lässt die Datenschutz-Richtlinie eine Verfolgung von Verstößen allein durch die Datenschutzbehörden und die Betroffenen und nicht durch Verbände zu, was weitreichende Folgen in Deutschland hätte, da es häufig derartige Verbände sind, die gegen Unternehmen im Sinne der Verbraucher vorgehen.