Sony WH-1000XM3 im Test: Klang, Telefonie, Latenz und Fazit

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Frank Hüber
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Sehr guter, warmer Klang

Die 40-mm-Treiber des WH-1000XM3 mit Flüssigkristallpolymer-Membran, Kupferschwingspule und Neodymium-Magnet wissen im mobilen Einsatz mit aktuellen Streamingdiensten voll und ganz zu überzeugen. Wer einen Dienst mit höherer Bitrate und ein passendes Smartphone nutzt, kann auch von den zusätzlichen Codecs wie aptX HD oder LDAC profitieren.

Der Klang ohne ANC ist kraftvoll und baut auch beim Bass Druck auf, ohne zu übertreiben. Gleichsam bleiben Mitten und Höhen detailliert und ausgewogen. Auch bei leisen Tönen ist tiefer Bass für den WH-1000XM3 von Sony kein Problem. Stimmen klingen ausgezeichnet und sind sehr gut zu verstehen, was für die Mitten spricht. Die Höhen sind nicht unnötig oder übertrieben hart, sondern klingen klar und dynamisch. Gänzlich neutral ist der Klang aber nicht, sondern angenehm warm, man könnte auch modern sagen. Der Fokus des WH-1000XM3 ist der mobile Einsatz, weshalb ihm etwas Leichtigkeit und Räumlichkeit fehlen, was aber der Wahrnehmung unterwegs zugutekommt.

Auf ein Genre muss sich der Träger des Sony WH-1000XM3 nicht festlegen, denn der Kopfhörer gibt alles gut wieder. Auch das Stereobild überzeugt.

Sony WH-1000XM3
Sony WH-1000XM3

Möchte man dem WH-1000XM3 per Equalizer in der App etwas Bass rauben, geht dies nicht ohne Einschränkung. Wird der Equalizer genutzt, muss der Codec auf SBC reduziert werden. Aufgrund des sehr gutes Klangs empfiehlt es sich, den Equalizer ungenutzt zu lassen.

Wie bereits erwähnt sind es zudem nicht die Funktionen zum Raumklang, das DSEE HX und die Positionierung des Klangs vor oder hinter dem Kopf, die einen Kaufgrund darstellen. Im Test gab es für alle drei keinen sinnvollen Einsatzzweck.

Sehr effektives ANC

Der Sony WH-1000XM3 gehört zu den besten ANC-Kopfhörern auf dem Markt, weil er einer der effektivsten ist und die Kombination des Transparenzmodus und ANC bietet, doch dazu später mehr. Er schaltet monotone, tiefe Frequenzen sehr gut aus. Hohe, helle und kurze Töne werden hingegen auch beim Sony-Kopfhörer kaum eliminiert – was in der Natur der Technik liegt. Gespräche anderer Personen werden gedämpft, aber wie bei anderen Kopfhörern ebenfalls nicht völlig ausgeschaltet.

Wie bereits erwähnt geht dies aber auch beim WH-1000XM3 nicht völlig ohne Grundrauschen vonstatten und das Grundrauschen bei stiller Umgebung ist zudem hörbar lauter als beim Bowers & Wilkings PX5 (Test). Sobald Musik läuft oder die Umgebung lauter ist, tritt dies jedoch in den Hintergrund und die Umgebungsgeräuschunterdrückung macht sich sehr positiv bemerkbar. Windgeräusche werden bei maximaler Einstellung unangenehm auf das Ohr übertragen. Hier muss man Sonys speziellen Modus für die Windgeräuschreduzierung aktivieren, wodurch jedoch etwas Dämpfung aufgegeben wird.

Sony WH-1000XM3
Sony WH-1000XM3

Das adaptive Noise-Cancelling des Modells funktioniert auch im Kabelbetrieb, wenn der Kopfhörer eingeschaltet ist, verbraucht dann aber fast genauso viel Akkuleistung wie im rein aktiven Modus. Darüber hinaus kann ANC auch gänzlich ohne Musikwiedergabe genutzt werden, wenn man einfach nur die Umgebung ausblenden möchte, ohne sich selbst jedoch abzulenken.

Ganz ohne Auswirkung auf den Klang ist das ANC beim WH-1000XM3 nicht, denn der Bass nimmt etwas zu, was diesen weiter in den Vordergrund rückt.

Automatische Anpassung der Umgebungsgeräusche

Wie beim In-Ear-Modell WF-1000XM3 kann auch beim WH-1000XM3 in der App die Funktion „Adaptive Geräuschsteuerung“ aktiviert werden, bei der die Umgebungsgeräuschsteuerung automatisch anhand der Bewegung des Trägers und des Luftdrucks umgeschaltet wird. Dabei lässt sich auch einstellen, wie schnell die vier Szenarien – namentlich „Verweilt“, „Spaziert“, „Läuft“ und „Wird befördert“ – gewechselt werden sollen. Während bei den ersten drei Szenen die Umgebung unterschiedlich laut an das Ohr übertragen wird, ist die Rauschunterdrückung bei „Wird befördert“ maximiert und sorgt für Stille. Alle vier Szenen können in der App angepasst werden.

Intensität der Umgebung einstellbar

Wie bereits mehrfach erwähnt kann in der App die Intensität, mit der die Umgebungsgeräusche an den Träger durchgeleitet werden, eingestellt werden, auch wenn man diesen Modus manuell steuert. Das Grundrauschen ist dabei angenehm gering, solange man „Fokus auf Stimme“ nicht aktiviert. Dies lässt Stimmen zwar tatsächlich deutlicher hervortreten, führt aber auch dazu, dass in ruhiger Umgebung ein deutliches Rauschen wahrgenommen werden kann. Der Grund: ANC ist bei dieser Einstellung wieder aktiv und schaltet andere Geräusche aus, damit die Stimmen besser hörbar werden. Der Klang der Umgebung ist beim Transparenzmodus weitgehend natürlich, jedoch etwas hart.

Gute Telefonie

Bei der Telefonie findet der WH-1000XM3 einen guten Mittelweg aus nah klingender, natürlicher Stimme und Unterdrückung der Umgebungsgeräusche. Er eliminiert letztere nicht vollends und erzeugt ein leichtes Rauschen, dafür klingt die Stimme näher als etwa beim beyerdynamic Amiron wireless copper und die Filterung erzeugt weniger Zischen als beim Montblanc MB 01. Anrufe über den Sony WH-1000XM3 sind somit problemlos möglich.

Sony WH-1000XM3 – Mikrofonqualität
Bowers & Wilkins PX5 – Mikrofonqualität
Montblanc MB 01 – Mikrofonqualität
Beyerdynamic Amiron wireless copper – Mikrofonqualität
Marshall Monitor II A.N.C. – Mikrofonqualität

Latenz im Vergleich

Bei der Latenz fällt der Sony WH-1000XM3 auch beim Einsatz von LDAC nicht negativ auf und bietet wie bei AAC 160 bis 180 ms. Mangels alternativer Low-Latency-Codecs ist dies die minimale Latenz, die den Kopfhörer aber auch für die Videowiedergabe nicht disqualifiziert.

Latenz zwischen Bild und Ton im Vergleich
Kopfhörer Latenz
Sony WH-1000XM3 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Bowers & Wilkins PX5 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Montblanc MB 01 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Sennheiser Momentum 3 Wireless 80 ms (Android, aptX LL) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Marshall Monitor II A.N.C. 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
beyerdynamic amiron wireless copper 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 (iOS, AAC)

Fazit

Effektives ANC und sehr guter Klang

Der Sony WH-1000XM3 zeichnet sich durch seinen sehr guten Klang und sein sehr effektives ANC aus. Auch wenn das ANC bei Stille nicht völlig ohne Grundrauschen arbeitet, fällt dies bei der Musikwiedergabe nicht störend ins Gewicht. Der Bowers & Wilkins PX5 (Test) rauscht bei Stille tatsächlich noch weniger, das ANC ist dafür aber weniger effektiv als beim WH-1000XM3, wenn es darauf ankommt. Denn der Sony-Kopfhörer sorgt auch bei lauter Umgebung für Ruhe, wenn es sich um monotone, tiefe Klänge handelt. Gespräche werden gedämpft, aber nicht komplett eliminiert. Helle Geräusche wie Vogelgezwitscher oder Klingeln werden hingegen nicht ausgeschaltet, sondern nur passiv durch den Kopfhörer isoliert. Über die passende Einstellung in der App ist auch Wind kein Problem für ANC. Der Träger muss nur darauf achten, dass er die Einstellung auf dem Schieberegler trifft.

Der Klang des Sony WH-1000XM3 gibt eigentlich in keinem Bereich Grund zu Kritik, die Abstimmung ist allerdings nicht neutral, sondern noch basslastiger als beim Vorgänger. Alle Bereiche bleiben dabei aber klar differenziert, dynamisch und prägnant. Lediglich die Höhen könnten etwas luftiger und brillanter sein. Das Aktivieren des ANCs hat nur sehr feine Auswirkungen auf den Bass, der minimal verstärkt wird.

Der perfekte Reisebegleiter

Zudem trägt sich der Kopfhörer dank weicher Ohrpolster und leichtem Gehäuse selbst über Stunden sehr angenehm. Dies geht etwas auf Kosten der ausgestrahlten Wertigkeit, auch wenn es an der Verarbeitung nichts zu bemängeln gibt. Als Reisebegleiter ist der Sony WH-1000XM3 eine sehr gute Wahl, da er weder bei Klang, ANC und Akkulaufzeit noch bei der Portabilität und Größe Einschränkungen auferlegt.

Nicht gänzlich ohne Fehler

Einschränkungen gibt es bei Nebenfunktionen. Bluetooth-Multi-Connect bietet der Kopfhörer nur in einer Form, die im Alltag nicht praxistauglich ist. Der Einsatz des Equalizers in der App führt zum Rückfall auf SBC als Codec und macht deutlich überlegene Codecs wie aptX HD und LDAC unbenutzbar. Das Umschalten zwischen ANC, Transparenzmodus oder Deaktivierung ist im Alltag aufgrund langer Ansagen zu träge, insbesondere, wenn man zwei Modi weiter schalten möchte. Mehrfaches Drücken führt nicht zum Erfolg – eine Abkürzung gibt es nicht.

Auf ein Problem, das sich im Test nicht nachstellen ließ, weist Sony inzwischen selbst hin: Bei starken Temperaturschwankungen versagt die Touchsteuerung des WH-1000XM3 oder führt zu ungewollten Eingaben, die die Lautstärke anpassen oder Lieder überspringen. Wer im kalten Winter aus der beheizten Wohnung tritt, kann somit Probleme bekommen, die sich bestenfalls durch das Aus- und wieder Einschalten des Kopfhörers lösen lassen. Dennoch ist dies eine umständliche Prozedur.

Auch preislich attraktiv

Der Sony WH-1000XM3 ist ein Kopfhörer, den man in erster Linie wegen des hervorragenden ANCs kauft, wenn man dabei auf sehr guten Klang nicht verzichten möchte. Für inzwischen rund 260 Euro muss sich das Modell dabei auch preislich nicht vor der Konkurrenz verstecken, sondern ist häufig günstiger als andere hochwertige ANC-Kopfhörer.

ComputerBase wurde der WH-1000XM3 leihweise von Sony zum Testen zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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