IFA 2020

Project Athena 2.0: Intel Evo ist für Notebook-Hersteller Fluch und Segen

Volker Rißka
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Project Athena 2.0: Intel Evo ist für Notebook-Hersteller Fluch und Segen
Bild: Intel

Intels Project Athena in zweiter Generation heißt Evo. Darin enthalten sind viele sinnvolle Grundlagen, die ein modernes Notebook bieten sollte, an einigen Stellen werden sie aber auch zu einem Korsett, das der Hersteller nicht verlassen darf und das am Ende potenziell die Vielfalt im Markt einschränken kann.

Die Idee und Grundlage ist gut. Den Notebook-Herstellern wird quasi eine Blaupause gegeben, nach deren Vorgaben sie ihre Lösungen entwickeln können. Intels Vorgaben sind an der Nutzung im Alltag ausgerichtet und primär auf den Batteriemodus fixiert. Als Bonus für die Erfüllung der Vorgaben winkt der Evo-Sticker, der besonders gute Notebooks in der schieren Vielfalt des Marktes hervorheben soll. Doch neben bestimmten elementaren Vorgaben und Optimierungen auch in kleineren Nischen, an die im ersten Moment nicht vom Hersteller gedacht wird, gibt es auch Einschränkungen. Die fängt schon beim Betriebssystem an, denn offiziell werden nur Windows und Chrome OS unterstützt, nicht aber Linux.

Die Intel-Evo-Vorgaben zur 11. (und 12.) Generation Intel Core
Die Intel-Evo-Vorgaben zur 11. (und 12.) Generation Intel Core (Bild: Intel)

Evo erlaubt nur integrierte Xe-Grafik

Bei der Berichterstattung über die Neuvorstellungen der Notebooks diverser Partner fiel der Redaktion zudem auf, dass diese speziell im Bereich der Grafik von bisherigen Modellen der Vorgängergeneration abweichen. Oder auch, was beispielsweise Acer noch im Juni angekündigt hatte: ein Tiger-Lake-Notebook mit GeForce-Grafik, das nun aber überraschend nicht mehr in dieser Konfiguration kommt.

Der Grund ist Evo: Denn wie Intel erst am gestrigen Tag auf Nachfrage von ComputerBase erklärte, lässt die Evo-Spezifikation keine diskrete Grafiklösung zu. Das erklärt im Nachgang nicht nur Acers Verzicht auf die angekündigte GeForce MX in einer Variante des Swift 5, sondern auch die Zweiteilung bei Asus: Das ZenBook 14 Ultralight mit Xe-Grafik entspricht Evo, aber das gleiche Notebook mit GeForce MX450 nicht mehr. MSI hat das neue Prestige 14 Evo wiederum ebenfalls der GeForce GTX beraubt und das neue Prestige 15 mit GeForce GTX heißt jetzt Summit E15 und ist kein Evo-Modell.

Die Vorgabe lässt sich am Ende zweigeteilt betrachten. Die integrierte Grafikleistung von Xe dürfte für die meisten Anwender und Anwendungen reichen – das ist auch Intels Argumentation. Dennoch werden Mitbewerber für GPUs durch die Vorgabe außen vorgelassen. AMD und Nvidia wird es in einem Evo-Notebook nach aktuellem Stand nie geben und der Schritt wird es für beide Parteien vermutlich schwieriger machen, in anderen Geräten außer Gaming-Notebooks Platz zu finden.

Touchscreens bevorzugt, Display-Akku-Kombinationen angepasst

Hinter den Kulissen ist die Evo-Spezifikation quasi ein Punktesystem. Jedes Bauteil muss ein Mindestmaß erfüllen, wie im Bild erkennbar, und bekommt dafür Punkte. Wird es übererfüllt, gibt es einige Bonuspunkte, die andere Bereiche ausgleichen können, aber nicht komplett ersetzen dürfen, beispielsweise Single-Channel-RAM und HDDs sind auch dann nicht erlaubt, wenn alles andere übererfüllt ist. So erklärte Intel auf Nachfrage, dass beispielsweise Touchscreens bevorzugt werden. In dem Fall werden Non-Touch-Lösungen aber nicht völlig ausgeschlossen, hier muss sich der Hersteller dann aber in anderen Bereichen mehr anstrengen, um die fehlenden Punkte zum Ziel der Evo-Klassifizierung wieder hereinzuholen.

Die kompletten Spezifikationen gibt Intel nur unter NDA an Partner preis, knapp 80 Seiten umfassen sie. Dort steht dann beispielsweise auch drin, dass es keine 17-Zoll-Notebooks geben wird. In dem Fall aber nicht, weil Intel die Displaygröße verbietet, sondern schlichtweg Länge und Breite der Notebooks auf ein Maximum definiert sind, das jedes 17-Zoll-Modell übertreffen würde. Auch werden Dual-Screen-Lösungen in dieser Generation keinen Evo-Sticker bekommen.

Bei der Akkulösung gibt es in Kombination mit dem genutzten Display Abstufungen, denn bekanntlich sind hochauflösende Displays Stromfresser, gegen die selbst Intel mit zu strengen Vorgaben nichts ausrichten könnte. Mit Full-HD-Display müssen mindestens neun Stunden Akkulaufzeit bei 250 cd/m² erreicht werden, mit QHD-Display sinkt die Vorgabe auf acht Stunden, mit 4K-Lösung auf sieben Stunden. Die Display-Technologie bleibt eine der Baustellen für die nächsten Jahre, hier den Stromverbrauch zu senken kann große Auswirkungen haben.

Von jedem OEM, Preise ab rund 700 Euro

Am Ende wird jedoch nahezu jeder OEM mit im Evo-Boot sein und mindestens ein entsprechendes Notebook anbieten. Die erste Generation Athena brachte 50 Lösungen hervor, der Nachfolger Evo soll bis Jahresende schon 20 Produkte aufbieten. Sie kommen von Acer, Asus, Dell, dynabook, HP, Lenovo, LG, MSI, Razer und Samsung. Preislich werden sie bei rund 700 Euro beginnen, Acer hat diesen Preisbereich in Aussicht gestellt.

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