Android Automotive OS im Test: Google Maps ist die wichtigste AAOS-App

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Nicolas La Rocco
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Die essenziellste Anwendung unter AAOS ist Google Maps. Es ist die standardmäßig installierte App für alles rund ums Thema Navigation, weil Polestar kein eigenes Navigationssystem mehr verbaut. Google Maps ist aktuell auch die einzige Anwendung, die im digitalen Kombiinstrument ausgegeben wird. Eine der drei Ansichten des 12,3 Zoll großen Bildschirms zeigt eine leicht nach vorne geneigte 2,5D-Karte stets im Dark-Mode. Eine helle Ansicht für das Kombiinstrument gibt es bei Polestar nicht. Ist zusätzlich die Navigation aktiv, wird wie vom Smartphone bekannt die anstehende Route mit blauem Straßenverlauf angezeigt. Für den Polestar 2 gibt es auch gegen Aufpreis kein Head-up-Display, der kurze Blick nach unten auf die Karte stellte im Testzeitraum aber keine allzu große Ablenkung dar.

Hinweise zur aktuellen Strecke werden im Kombiinstrument dargestellt und akustisch über die vom Google Assistant bekannte Stimme wiedergegeben. Google reagiert flott auf Veränderungen des Verkehrsgeschehens und schlägt dann alternative Routen vor, die schneller sein sollen. Fehlgeleitet wurde die Redaktion im Laufe des Tests kein einziges Mal. Weitere Hinweise erscheinen bei aktiver Navigation oben links auf dem Zentral-Display. Dort besteht über eine Schaltfläche zudem die Option, die akustischen Hinweise zu deaktivieren – analog zur Navigation mit dem Smartphone.

Im Auto gibt es nur die Kartenansicht

Die Standardansicht von Google Maps ohne aktive Navigation zeigt über beinahe den gesamten Bildschirm die Karte. Ganz oben bleiben lediglich die Statusleiste und die vier Menüpunkte sichtbar, ganz unten befinden sich stets die Einstellungen rund um die Klimaanlage. Auf der Karte selbst sitzt oben links die Suchmaske, oben rechts befinden sich die Spracheingabe und der Zugriff auf das eigene Profil. Unten links ist zudem ein kleines Zahnrad für die wichtigsten Einstellungen platziert. Die Kartenansicht gehört allerdings nicht dazu, denn unter AAOS wird lediglich die klassische Ansicht geboten, also nicht auch die für Satellit und Gelände – im Auto ein nachvollziehbarer Ansatz, um für möglichst viel Übersichtlichkeit zu sorgen.

Reserven für mehr hat Apollo Lake kaum

Vermutlich wäre eine dreidimensionale Satellitenansicht auch etwas viel für den eher betagten Apollo-Lake-Prozessor geworden. Dessen Rechenleistung ist für das Gebotene zwar ausreichend und Ruckler passieren nur selten, aber man merkt dem System bereits an, dass es ein wenig auf Kante genäht ist und nicht mehr viele Reserven für aufwendigere Anwendungen bietet. Dass es im Polestar 2 abseits von Messaging- und Video-Apps auch keine Spiele gibt, kommt deshalb wenig überraschend. Hersteller wie Mercedes-Benz mit Nvidia Xavier und demnächst vor allem Tesla mit RDNA 2 bieten deutlich mehr Rechenleistung im Auto mit entsprechendem Potenzial für Spiele und Co. Viel Rechenleistung sorgt allerdings nicht automatisch für bessere Apps und im Polestar 2 läuft die Software im Großen und Ganzen flüssig, obwohl der Prozessor zum älteren Kaliber zählt.

Angepasste Suche auch mit Ladestationen

Die Suche ist speziell für das E-Auto angepasst worden und bietet nach Antippen der Suchmaske direkten Zugriff auf Ladesäulen in der näheren Umgebung. Dabei wird auch angezeigt, um ob es sich um langsame, schnellere oder besonders starke Ladestationen handelt und ob überhaupt noch ein Ladeplatz frei ist, sofern die Ladesäule dies mit Google kommuniziert. In Berlin wurden primär die Schnellladesäulen von EnBW genutzt, die ihren Status stets korrekt mit Google Maps teilten. Von Vorteil in Berlin: Von der Stadt aufgestellte (allerdings schwächere) Stationen sind oftmals eine Option für einen „kostenlosen“ Parkplatz in direkter Nähe von Flaniermeilen wie dem Ku'damm. Bezahlt werden muss in diesem Fall nur das Laden, das Abstellen des Autos führt aber nicht zu weiteren Gebühren.

Suchergebnisse auf neun Einträge beschränkt

Im Auto schränkt Google die Anzahl der Suchergebnisse allerdings ein und das nicht nur bei Ladestationen. Mehr als neun Suchergebnisse sind Google Maps nie zu entlocken. Vermutlich ist das eine weitere Maßnahme von Google, um den Fahrer nicht zu sehr vom Fahrgeschehen abzulenken. Die Begrenzung besteht allerdings auch beim Parken, was dann wieder nicht nachvollziehbar ist. Wenn man sich also durch eine Liste von Suchergebnissen arbeitet und das Passende auf dem Smartphone genau an Punkt 10 oder 11 steht, sieht man eben das nicht unter AAOS. Im Auto besteht zudem der Nachteil, dass sich die Suchergebnisse nicht automatisch aktualisieren, sobald die Karte an eine andere Position gerückt wird. Die Suchanfrage muss in dieser Situation wiederholt werden.

Nicht ganz so gut hat Google zudem gelöst, wie Suchergebnisse im Allgemeinen dargestellt werden, denn obwohl der Bildschirm ja eigentlich genug Fläche bietet, werden in der ersten Übersicht der Ergebnisse viele Informationen abgeschnitten. Bei einer Suche nach Ladestationen im Raum Tempelhof sind zum Beispiel die ersten vier von neun Suchergebnissen sichtbar. Viel mehr als die Entfernung in Minuten und vage Informationen zum Ladesystem sind aber nicht zu erkennen, weil Google alle weiteren Details mit „...“ abschneidet. Erst wenn zur Detailansicht jedes Ergebnisses gewechselt wird, sind essenzielle Informationen sichtbar. Das führt zu zusätzlichen Schritten bei der Bedienung, die nicht notwendig gewesen wären, wenn Google die Suchergebnisse schon auf der ersten Menüebene großzügiger auf dem Bildschirm präsentieren würde.

Google Maps findet das Ziel

Erfreulicherweise sorgen Googles Algorithmen im Hintergrund meistens dafür, dass das gefunden wird, was gesucht wurde. Wer natürlich einfach nur nach Restaurants in der Umgebung sucht, wird mit neun Suchergebnissen vielleicht nicht auskommen. Spezifischere Suchanfragen wie „Italienische Restaurants“, „Frühstück“ oder „Burger“ sorgen aber dafür, dass man zum gewünschten Ziel geführt wird. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Anfragen im Stand über die Tastatur oder während der Fahrt über den Google Assistant erfolgen.

Unter AAOS ist der Google Assistant aber nicht nur für Anfragen rund um Apps des Infotainmentsystems zuständig, sondern kann vereinzelt auch Funktionen des Autos steuern – wenngleich bei Weitem noch nicht alle und so viele, wie man beim ersten AAOS-Fahrzeug erwartet. Weitere Details auch zu Benutzerkonten und weiteren Features folgen auf der nächsten Seite.

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