Intel Alder Lake im Test: Turbo, Speichercontroller, Windows 10 vs. 11 und rBAR

 4/8
Update Volker Rißka (+1)
849 Kommentare

Der Turbo ist der altbekannte

Durchaus eine Überraschung beim Umgang mit Alder Lake ist: Der Turbo folgt dem von Intel seit nunmehr gut zehn Jahren (Sandy Bridge) bekannten Prinzip. Maximale Taktraten sind von Intel in Abhängigkeit davon, wie viele Kerne belastet werden, hinterlegt. Solange die Temperatur keine kritische Grenze überschreitet, liegen diese Taktraten an – unabhängig davon, ob der Kern noch mehr könnte und die maximal zulässige Leistungsaufnahme noch nicht erreicht ist. Das wird am nachfolgenden Beispiel des Core i9-12900K deutlich.

Intel gibt weiterhin den Turbo-Takt fest vor

Bei Last auf allen acht P-Cores gibt es maximal 4,9 GHz, erst wenn deren Zahl auf vier fällt, sind 5,0 GHz, ab zwei belasteten P-Cores sind auch 5,1 und in Spitzen sogar 5,2 GHz drin. Auch die E-Cores setzen auf dieses Prinzip: Bei 6 bis 8 E-Cores unter Last sind maximal 3,7 GHz drin, bei 4 oder weniger sind es 3,9 GHz – 3,8 GHz werden beim Core i9 direkt übersprungen.

Turbo-Stufen beim Core i9-12900K
Turbo-Stufen beim Core i9-12900K
Takt in Abhängigkeit ausgelasteter P- und E-Cores (Corona, kein TDP-Limit)
Konfiguration Takt
P-Cores unter Last E-Cores unter Last P-Cores E-Cores
8 8 4.899 MHz 3.700 MHz
8 6 4.901 MHz 3.700 MHz
8 4 4.900 MHz 3.900 MHz
8 2 4.900 MHz 3.900 MHz
8 1 4.900 MHz 3.900 MHz
8 0 4.900 MHz
8 8 4.899 MHz 3.700 MHz
6 8 4.900 MHz 3.700 MHz
4 8 5.000 MHz 3.700 MHz
2 8 5.100 MHz 3.700 MHz
1 8 5.200 MHz 3.700 MHz

Eigentlich ist ein solches Modell längst überholt, doch Intel zog es in den letzten Jahren vor, andere Bereiche zuerst anzugehen. Denn der Turbo 2.0 reicht in den meisten Fällen ja auch noch, wenngleich er hier und da deutliche Grenzen aufzeigt.

Der Core i5-12600K ist ein gutes Beispiel. Die von Intel maximal zugestandene Leistungsaufnahme von 150 Watt wird in der Regel nicht „ausgenutzt“, weil die vordefinierten maximalen Taktraten „zu niedrig“ sind. Mit dem Thermal Velocity Boost und Adaptive Boost versuchte Intel zuletzt wiederholt, die CPUs trotz vergleichsweise starrem „Basis-Turbo“ noch näher an die Grenze zu schicken, wirklich von Erfolg gekrönt war das aber nicht – und Alder Lake bietet beide Mechanismen erst gar nicht mehr.

Bei der Konkurrenz bestimmen Verbrauch und Temperatur den Takt

Das Vorbild für eine moderne Turbo-Umsetzung sind die Grafikkarten von AMD und Nvidia und zuletzt auch AMDs Turbo für CPUs, der sich wiederum stark an Grafikkarten orientiert. Hier ist das Powerlimit nahezu immer der ausschlaggebende Faktor, die CPUs dürfen dann sogar über den ausgewiesenen Turbo-Takt springen und mehr Leistung anbieten. So taktet Ryzen 5000 im Alltag mit fast 5,1 GHz, obwohl er laut Spezifikation eigentlich bei 4,9 GHz endet – er tut es, weil Leistungsaufnahme und Temperatur es zulassen und der Kern es kann. Intel ist auch bei Alder Lake noch nicht so weit.

Die Eigenheiten des DDR5-Speichercontrollers

Alder Lake unterstützt DDR4 und erstmals auch DDR5, es wird Mainboards beider Lager geben. Gegenüber dem bekannten DDR4-Controller hat sich so einiges geändert, das fängt bei den Rahmenbedingungen für die offiziell maximal unterstützten Speichertaktraten an.

Bisher war es so: Die höchsten DDR4-Taktraten unterstützten Intels CPUs bei lediglich einem RAM-Riegel (DIMM) pro Channel (1DPC). Jede CPU bot zwei Channel (Dual-Channel-RAM), in der Regel hatte jedes Board pro Channel zwei RAM-Slots an Bord. Den maximalen RAM-Takt gab es laut Spezifikation also nur dann, wenn je Channel nur ein Modul installiert war – also höchsten zwei Module. Zwei Slots mussten leer bleiben.

DDR5-4800 offiziell nur auf 2-Slot-Boards

Bei Alder Lake zieht Intel die Zügel an. Nur wenn es lediglich einen DIMM-Steckplatz (Slot) pro Channel gibt (1SPC, entspricht automatisch auch 1DPC), kann der Maximaltakt gefahren werden. Der offizielle Maximaltakt von DDR5-4800 gilt also nur, wenn lediglich zwei RAM-Slots auf dem Board verbaut sind. Bei vier RAM-Bänken, 2 Slots per Channel (2SPC), sinkt der Takt, selbst wenn nur zwei mit ihrem jeweiligen einzelnen Kanal, also 1 DIMM pro Channel, genutzt werden.

Es gibt die Boards mit nur zwei RAM-Slots, sie sind aber die Ausnahme. Nahezu jede Mini-ITX-Lösung gehört dazu, hinzu kommen Exoten wie das MSI MEG Z690 UNIFY-X oder Asus ROG Maximus Z690 APEX, die für RAM-OC ausgelegt sind. Der überwiegende Großteil der Modelle kann den DDR5-Speicher laut Spezifikation offiziell hingegen nicht mit DDR5-4800 betreiben, sondern maximal mit DDR5-4400.

Das Asus ROG Maximus Z690 Apex ist eines der wenigen Mainboards, das mit nur zwei DIMM-Slots offiziell DDR5-4800 unterstützt
Das Asus ROG Maximus Z690 Apex ist eines der wenigen Mainboards, das mit nur zwei DIMM-Slots offiziell DDR5-4800 unterstützt

Doch DDR5-4400 ist auf Mainboards mit vier Slots noch nicht das untere Ende, denn weiterhin gilt: Vollbestückung kostet laut Spezifikation ebenfalls Takt. Dual-Rank-Module bieten dann nur noch DDR5-3600 und dürften nun aufgrund der hohen Latenzen von CL26 bis CL32 schlechter sein als jedes DDR4-3200-Setup. Denn immerhin ist hier alles und jede Konstellation erlaubt, zudem läuft der auch noch stets im Gear-1-Modus, während DDR5 immer im Gear-2-Modus arbeitet (ab DDR5-7000+ auch G4).

Auch Zen war zu Anfang in den Spezifikationen streng

Von AMD Ryzen der ersten Generation ist ein ähnliches Prozedere bekannt: Je nach Single- oder Dual-Rank-Speicher und Bestückung über die jeweiligen Channel wurde der Speichertakt laut Spezifikationen abgesenkt, statt DDR4-2667 gab es im Worst-Case-Szenario nur DDR4-1866. Die Dual-Rank-Module kamen dabei selbst bei minimaler Bestückung nicht auf den Maximaltakt, aber wenigstens gab es hier einen Modus, der den Betrieb von zwei RAM-Modulen bei vier RAM-Bänken mit maximalen Specs bot. Ab Ryzen 3000 war das Problem zum großen Teil aber nahezu ausgeräumt. Alder Lake scheint nun ähnliche Wachstumskompromisse eingehen zu müssen – auf dem Papier.

Mainboards machen DDR5-4800 zum Standard

Wie bei Ryzen sieht die Realität auch bei Alder Lake allerdings anders aus. ComputerBase hat auf mehreren Boards überprüft, wie es um die Standard-Einstellung auf 4-Slot-Mainboard mit zwei DIMM-Riegeln bestellt ist. Sowohl bei Asus als auch MSI ist nach dem Start und CMOS-Reset im Auto-Modus DDR5-4800 im Einsatz. Ob Module nach Standard DDR5-5200 oder DDR5-6000 zum Einsatz kommen, war dabei egal, denn das Profil kommt ohnehin erst über XMP oder bei direkter Auswahl des Speichertakts zum Zuge.

Demzufolge ist den Mainboardherstellern hier die Intel-Vorgabe schon wieder ziemlich egal, sie wird einfach übergangen. Dass ein Käufer nun explizit DDR5-4400 auswählt, um nach Intel-Spec zu arbeiten, dürfte nahezu ausgeschlossen sein – eher umgekehrt, da viele DDR5-5200-Riegel den Markt fluten werden.

Letztlich kam die Redaktion für den Test aber nicht drum herum, beide Modi zumindest einmal zu testen, um die Unterschiede zu zeigen. DDR5-4400 hat aber dann auch einen Vorteil: die Latenzen sind noch einmal geringer. Bei dem geringen Taktunterschied wird der Vorteil des einen durch den Vorteil des anderen nahezu gleichgestellt sein, wie sich im Test herausstellt.

Auch im separaten Artikel Gaming-Benchmarks: 12900K, 12700K & 12600K vs. 11900K und Ryzen 9 5950X. Dort gibt es auch noch Testwerte mit weit höheren DDR5-Taktraten jenseits der offiziellen Specs.

Speicherskalierung-Performancerating
Speicherskalierung-Performancerating – AVG-FPS
    • Core i9-12900K @ DDR5-6200
      190,2
    • Core i9-12900K @ DDR4-3800
      188,8
    • Core i9-12900K @ DDR5-4800
      182,6
    • Core i9-12900K @ DDR4-3200
      180,2
    • Core i9-12900K @ DDR5-4400
      178,2
    • Core i9-11900K @ DDR4-3733
      162,3
    • Core i9-11900K @ DDR4-3200
      159,0
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS), Geometrisches Mittel

Resizable BAR: Zum Start aus(lassen)

Ein kleines Mysterium ist Intels knappe Nachricht bezüglich der rBAR-Funktion, die noch im Frühjahr bei Rocket Lake-S in Zusammenarbeit mit Nvidia beworben wurde. Heute heißt es: Lieber erst einmal auslassen.

For 12th Gen we found that on average the performance of our platform today is better for gamers with the feature off and thus is our recommendation for reviewers and users for how to configure their systems. With future product updates, firmware updates, and graphics card releases, this recommendation may shift.

Erst einmal deaktivieren“ klingt nach einem Problem mit Intels neuer Hardware, die mit zukünftigen Updates (Windows? Treiber?) behoben werden sollen. Zum Start macht Alder Lake auf jeden Fall einen Schritt zurück.

„Default“ ist rBAR bei den Mainboards in der Redaktion dann in der Tat auch deaktiviert – hier scheint die Vorgabe von Intel an die Boardhersteller eindeutig. Der Vergleich in Spielen zeigt: Ob an oder aus, macht keinen Unterschied. Eventuell hebt sich Intel rBAR für einen Konter von AMDs Zen-3D-Cache-CPUs Anfang 2022 auf.

rBAR-Performancerating
rBAR-Performancerating – AVG-FPS
    • 12900K @ DDR4-3200
      180,2
    • 12900K @ DDR5-4400 @ rBAR Ein
      178,2
    • 12900K @ DDR5-4400 @ rBAR Aus
      177,5
    • 12700K @ DDR5-4400
      174,2
    • 5950X @ DDR4-3200
      161,8
    • 12600K @ DDR5-4400
      161,7
    • 11900K @ DDR4-3200
      159,0
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS), Geometrisches Mittel

DRM-Probleme bei älteren Denuvo-Spielen

Im Vorfeld hatte Intel bekannt gegeben, dass Spiele mit dem Kopierschutz Denuvo Probleme im Zusammenspiel mit Alder Lake machen können. Auf wiederholte Nachfrage der Redaktion bei Intel erhielt ComputerBase die wenig zufriedenstellende Antwort, dass sich „die Liste der betroffenen Spiele derzeit ständig ändert“, es also keinen aktuellen Stand zu vermelden gibt. Die meisten Titel „sind aber bereits gefixt“, so Intel. Die restlichen sollen nach und nach abgearbeitet werden – welche das nun aber sind, sagt Intel nicht.

Das Problem ist: Denuvo erkennt P- und E-Cores ohne Anpassung als unterschiedliche CPUs. Wird bei zwei aufeinanderliegenden Spiele-Starts der von Denuvo zuerst erfasste Kern gewechselt, kommt das einem CPU-Wechsel gleich – und nach 5 CPU-Wechseln innerhalb von 24 Stunden ist der Zugang zum Spiel erst einmal 24 Stunden gesperrt.

Update

Im Nachgang des Starts hat Intel doch noch eine Liste der von DRM-Problemen betroffenen Spiele mit Alder Lake veröffentlicht. Viele davon sollen Mitte November mit einem Windows-11-Update behoben werden, jedoch nicht alle. Die Liste soll laut Intel wöchentlich aktualisiert und abgearbeitet werden.

Falls auf der Liste ein Spiel vorhanden ist, welches Kunden unbedingt weiter nutzen möchten, können sie einen Workaround anwenden. Damit wird umgangen, dass die DRM-Software die E-Cores hier und da als anderes System erkennt und dies zu Problemen führen kann.

Workaround steps for end-users to enable Legacy Game Compatibility Mode with affected games that have not received a software fix:

  1. Power-up system and enter system BIOS setup.
  2. Enable switch Legacy Game Compatibility Mode to ON (one-time only) in BIOS.
  3. Save BIOS setup changes and exit.
  4. Boot to OS.
  5. Toggle Keyboard Scroll Lock key ON.
  6. Launch affected game title.
  7. Toggle Keyboard Scroll Lock key OFF after ending game title.

Windows 10 oder Windows 11?

Viel wurde im Vorfeld über die Unterstützung des Betriebssystems für die neuen Prozessoren berichtet, da Intels Marketing-Abteilung immer nur von Windows 11 sprach. Das war in erster Linie eins: Marketing. Darüber hinaus erklärte ein Intel-Ingenieur aus dem Alder-Lake-Projekt, Windows 10 nutze eine etwas früherer Version des Windows-11-Schedulers, die aber keinesfalls ungeeignet sei. Gegen Windows 10 mit Alder Lake spricht aber: nichts. Offiziell werden dann neben Windows 11 auch Windows 10 ab 20H2 und Linux direkt zum Start unterstützt, wie Intels Support-Guide Blau/Schwarz auf Weiß erklärt.

Alder Lake-S und unterstützte Betriebssysteme
Alder Lake-S und unterstützte Betriebssysteme (Bild: Intel)

Dass Windows 10 keine Probleme macht, bestätigt der Test: Alder Lake-S liefert am Ende unterm Strich im Durchschnitt das gleiche Ergebnis, ob Windows 10 oder Windows 11 zum Einsatz kommt, ist irrelevant.

Zukünftige Optimierungen könnten allerdings zuerst für Windows 11 erfolgen. Und die hat auch das neueste Betriebssystem noch nötig. Denn wie sich im Test zeigt, ist auch Windows 11 und Alder Lake noch immer nicht perfekt aufeinander abgestimmt. So gibt es gewisse Grenzszenarien, in denen der Scheduler „dumm“ auf den P-Cores verharrt, in anderen Fällen wiederum die E-Cores nutzt, wenn eigentlich die P-Cores am Zug sein sollten. Die Mischung aus gewissen Power States mit Turbo-Taktstufen und Energiesparprofilen in Windows 11 lässt zudem richtig skurrile Konstellationen bauen, in denen die CPU kaum noch klarkommt.