Hatespeech-Urteil: Twitter soll Entschädigung wegen Beleidigungen zahlen

Andreas Frischholz
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Hatespeech-Urteil: Twitter soll Entschädigung wegen Beleidigungen zahlen
Bild: geralt | CC0 1.0

Twitter muss eine Entschädigung in Höhe von 6.000 Euro an eine Nutzerin zahlen, weil der Social-Media-Dienst Beleidigungen nicht schnell genug entfernt hat. Das hat das Landgericht Frankfurt in einem Urteil festgelegt, das der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vorliegt.

Neben den 6.000 Euro hat die Frau zusätzlich Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten sowie auf Unterlassung. Wie die FAZ berichtet, wurde die Frau Anfang 2019 bei einer politischen Diskussion auf Twitter unter anderem als „Abschaum“ und „Hure“ bezeichnet. Wenige Wochen später beantragte sie, dass Daten wie IP- und Mail-Adressen der Verfasser herausgegeben wurden, Twitter weigerte sich aber zunächst.

Beleidigungen nach mehreren Monaten noch nicht gelöscht

Nach Ansicht des Social-Media-Dienstes habe die Frau durch pauschalisierende und nicht-sachliche Äußerungen eine „drastische, pauschal abwertende und undifferenzierte Reaktionen geradezu provoziert“. Zudem bewertete Twitter die Aussagen auch nicht als Beleidigung, sondern „wertende Meinungsäußerungen“ über die Äußerungen der Frau. Damit scheiterte Twitter aber bereits vor dem Landgericht Berlin, dass die Herausgabe der Daten bestätigte.

Die Auskunft erfolgte dann im Sommer 2020. Bis dahin waren die beleidigenden Twitter-Beiträge aber weiterhin online abrufbar – das ist unter anderem ein Verstoß gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das knappe Löschfristen vorsieht. Weil Twitter die Beiträge trotz Kenntnis nicht entfernte, war das laut den Frankfurter Richtern ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht. Somit war Twitter für die Persönlichkeitsverletzungen mitverantwortlich und muss die Entschädigung zahlen.

Konsequenzen für Plattformen

Die Richter begründen das Urteil laut dem FAZ-Bericht auch mit einer über den Fall hinausgehenden Wirkung. Die Entschädigungszahlungen sollen Plattformen dazu bringen, insbesondere in solchen offensichtlichen Fällen schneller Hassrede zu löschen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Twitter kann noch Berufung einlegen. Ob der Konzern von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, bis bislang noch nicht bekannt.