Intel Pentium 4 „Prescott“ im Test: Rückschritt dank Fortschritt?

 6/29
Thomas Hübner
87 Kommentare

Thermische Verlustleistung

So schön die vielen Detailverbesserungen auch klingen mögen, von der thermischen Verlustleistung des Prescott war nicht nur Intel überrascht. Auch die Mainboard-Hersteller erwischte es eiskalt. Vor sechs Monaten noch als Prescott-tauglich angepriesene Mainboards waren plötzlich gar nicht mehr so kompatibel. Ein weiteres Problem sind natürlich auch die Kühler. Je mehr Verlustleistung ein Prozessor generiert, desto mehr wird auch dem Kühler abverlangt.

Bereits jetzt müssen Kühler für den 3,2 GHz Pentium 4 bereit sein, 82 Watt in Form von Wärme aufzunehmen und an die Umgebung abzugeben. Bis zum Bekanntwerden der Probleme mit 90nm wurde das Verfeinern der Fertigungstrukturen allgemein als Möglichkeit angesehen, die Betriebsspannung des Prozessors und die thermische Verlustleistung zu reduzieren. Zuletzt hat dies der Wechsel vom in 0,18 µm gefertigten Willamette-Pentium 4 zum 0,13 µm Northwood-Pentium 4 gezeigt. Bei gleichem Prozessortakt (2,0 GHz) und ca. 13 Mio. Transistoren mehr, konnte allein durch die feineren Strukturen die thermische Verlustleistung von 75,3 Watt (Willamette 2,0 GHz) auf 52,4 Watt (Northwood 2,0 GHz) gesenkt werden. Eine wirklich beachtliche Ingenieursleistung, die auch beim abermaligen Schrumpfen erwartet wurde.

Wie effektiv ist der Prescott und wieviel geht in Form von Wärme verloren? Die folgende Tabelle beantwortet jene in letzter Zeit immer häufiger gestellte Frage:

Leistungsaufnahme
    • Pentium 4 2,0A (Northwood )
      52,4
    • Pentium 4 2,20 (Northwood)
      55,1
    • Pentium 4 2,4C GHz (Northwood)
      66,2
    • Athlon XP 2500+ (Barton)
      68,3
    • Athlon XP 2800+ (Barton)
      68,3
    • Pentium 4 2,6C GHz (Northwood)
      69,0
    • Pentium 4 2,8C GHz (Northwood)
      69,7
    • Athlon 1,4 GHz (Thunderbird)
      72,1
    • Athlon XP 3000+ (Barton)
      74,3
    • Pentium 4 2,00 (Willamette)
      75,3
    • Athlon XP 3200+ (Barton)
      76,8
    • Pentium 4 3,00 GHz (Northwood)
      81,9
    • Pentium 4 3,20 GHz (Northwood)
      82,0
    • Athlon 64 3400+ (Clawhammer)
      89,0
    • Athlon 64 3200+ (Clawhammer)
      89,0
    • Athlon 64 FX-51 (Clawhammer)
      89,0
    • Pentium 4 3,40 GHz (Northwood)
      89,0
    • Pentium 4 2,8E GHz (Prescott)
      89,0
    • Pentium 4 3,0E GHz (Prescott)
      89,0
    • Pentium 4 3,20 GHz EE (Northwood)
      92,1
    • Pentium 4 3,40 GHz EE (Northwood)
      102,9
    • Pentium 4 3,4E GHz (Prescott)
      103,0
    • Pentium 4 3,2E GHz (Prescott)
      103,0
Einheit: Watt (W)

Mit 103 Watt bewahrheiten sich traurigerweise die letzten Gerüchte über den Prescott. Die Modelle mit 3,00 und 2,80 GHz verbrauchten mit 89 Watt in etwa das, was Intel vorher für das größte Modell erwartet hatte. Bei einem Maximalstrom (Iccmax) von 78A sind dies die CPUs, die an für sich auf jedem Springdale- oder Canterwood-Mainboard (welches nach den ersten Prescotts-Spezifikationen entworfen wurde) betrieben werden könnten.

Standard-Kühler für Prescott bleibt unverändert

Warum verbraucht der Prescott nun so viel? Intel gibt in diesem Zusammenhang immer gerne die Anzahl der Transistoren an: Mehr Transistoren = mehr Verlustleistung. Dass dabei nur 103 Watt herauskommen sind, wird als Erfolg verkauft. Ein Blick ins Pentium 4 Extreme Edition Lager zeigt jedoch, dass dieser Vergleich hinkt. Der neue P4 EE liegt mit 102,9 Watt leicht unter dem Prescott, taktet dafür aber 200 MHz höher und kommt sogar mit 155 Mio. Transistoren, also nochmals 30 Mio. mehr als der Prescott, daher.

Eine Ursache kann sicherlich in den mit zunehmender Miniaturisierung ansteigenden Leckströmen gesehen werden. Die übereinander gestapelteten Leiterbahnen werden bei Intels 90nm Prozess nur durch 5 Atomlagen voneinander getrennt - da möchte so manches Elektron schon mit dem Kopf durch die (dünne) Wand. Eine Möglichkeit dies zu unterbinden, ist der sogannte Silicon on Insulator Prozess, den auch AMD bei seinen Athlon 64 Prozessoren nutzt: Besondere Materialen vermindern dabei diese unerwünschten Ströme zwischen den Transistoren. Intel könnte diese Technologie natürlich auch nutzen, wird jedoch im Gegensatz zu AMD später gleich auf „Fully Depleted SOI“ setzen. AMD nutzt derzeit Half Depleted SOI.

Doch nun ist die Verlustleistung erst mal da und man muss damit so gut Leben, wie nur möglich. Hierfür hat man sich etwas Neues bei der Lüftersteuerungen einfallen lassen. Unter dem Label "Next Level of Thermal Protection" hat Intel im Prescott Leistungsprofile integriert, die dem Mainboard in Abhängigkeit der aktuellen Last erlauben, die Lüfterdrehzahl zu senken. Hierfür wird die aktuelle Prozessortemperatur (Temperatur der internen Diode) mit dem neuen Tcontrol Signal verglichen. Tcontrol liefert für eine gegebene Belastung eine maximal zulässige Temperatur. Das Mainboard-BIOS darf nun entsprechend handeln.

Wirklich neu ist diese Idee jedoch nicht. So bieten fast alle großen Mainboard-Hersteller bereits jetzt entsprechende Optionen zur Lüftersteuerung im BIOS an. Bisher konnte nur niemand garantieren, dass diese "Unterkühlung" auch der Prozessor überlebt. Nun sucht sich der Prozessor selbst die Temperatur aus, auf der er gehalten werden möchte.

Temperatur
    • Pentium 4 3,20 GHz (Northwood)
      50
    • Pentium 4 3,40 GHz EE (Northwood)
      54
    • Pentium 4 3,2E GHz (Prescott)
      60
Einheit: °C

Wenn der Prescott dagegen wirklich was zu tun hat, dann geht es auch heiß zu Sache. Ob es da beruhigt zu wissen, dass Intel bei zukünftigen Prescott-Modellen die thermische Verlustleistung in etwa auf dem Niveau der aktuellen Modelle halten möchte.