EU-Gericht bestätigt Bußgeld gegen Microsoft

Andreas Frischholz
171 Kommentare

Vor dem Europäischen Gerichtshof musste Microsoft eine schwere Niederlage hinnehmen: Die Richter bestätigten in erster Instanz die von der EU-Kommission verhängten Strafe in Höhe von 497 Millionen Euro sowie die wettbewerbsrechtlichen Auflagen.

Der Konflikt zwischen Microsoft und der EU-Wettbewerbskommission schwelt bereits seit 1998, als der damalige Wettbewerbskommissar Mario Monti in Sorge war, Microsoft könnte seine Vormachtstellung im Betriebssystemsegment dazu nutzen, in weiteren IT-Märkten die Konkurrenz zu überrumpeln. Gelungen ist das Mitte der Neunziger bereits im Browser-Markt: Netscape konnte 1995 einen Marktanteil von 80 bis 85 Prozent verbuchen, aber als Microsoft das Potenzial des Marktes erkannte und den mit dem Betriebssystem gekoppelten Internet Explorer veröffentlichte, war es zügig um Netscape geschehen. Zwar wurde bereits damals Microsoft wettbewerbswidriges Verhalten unterstellt, die Sanktionen fielen aber milde aus – zu mild, um den Konzern nachhaltig zu beeindrucken.

Die aktuelle Entscheidung der Richter löste auf Seiten der EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes nun Erleichterung aus.

Das Gericht hat eine wegweisende Entscheidung der Kommission bestätigt, die dazu dient, den Verbrauchern auf dem Software-Markt eine größere Auswahl zu verschaffen.

Neelie Kroes

Neben der 497-Millionen-Euro-Strafe muss Microsoft zudem wichtige Daten zu den Schnittstellen des Betriebssystems offen legen, um die Konkurrenten nicht zu benachteiligen. Eine schwerwiegende Entscheidung für den Softwareriesen, die unter Umständen Auswirkungen für den ganzen Softwaremarkt nach sich zieht: Immerhin wird der Konzern dazu veranlasst, geistiges Eigentum offen zu legen – ob diese Entscheidung nun auch in anderen Branchen Schule macht, bleibt abzuwarten. Des Weiteren muss Computerherstellern eine Version des Betriebssystems ohne den integrierten Media Player angeboten werden. Der Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten sei in dieser Form zu groß, weswegen die Entscheidung der EU-Kommission bestätigt wurde.

Lediglich eine Maßnahme der EU wurde von den Richtern nicht bestätigt: Microsoft sollte einen unabhängigen Beauftragten bezahlen, der die Einhaltung der Auflagen kontrollierte. Das sei aber in etwa so, als ob ein Angeklagter die Ermittlungen gegen sich selbst finanzieren müsse, wofür keine Rechtsgrundlage bestehe. Microsoft hat die Möglichkeit, binnen zwei Monaten Revision gegen das Urteil einzulegen. Ob dies geschehen wird, wollte Microsoft-Anwalt Brad Smith in Brüssel noch nicht bestätigen. Erstmal müsste das mehrere hundert Seiten umfassende Urteil genau analysiert werden, was jedoch einige Zeit beansprucht. Beobachter rechnen jedoch nicht damit, dass der Konzern dieses Urteil ohne Gegenwehr akzeptieren wird.

Was bedeutet dieses Urteil für die Verbraucher? In erster Linie zeigt es, dass auch international agierende Konzerne wie Microsoft von Institutionen wie der EU-Kommission kontrolliert werden können. Wirkung zeigte der Verhandlungsmarathon bereits in der Vergangenheit – Microsoft entwickelte eine spezielle Version von Windows XP ohne integrierten Media Player. Was die Zukunft bringt, ist weiterhin schwer vorhersagbar, aber die Hoffnung auf mehr und stärkere Konkurrenz und den damit verbundenen niedrigeren Preise sind durch das Urteil gestiegen.