CETA als potentieller Nachfolger von ACTA?

Andreas Frischholz
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ACTA ist im EU-Parlament gescheitert, die Ideen hinter dem Abkommen sind aber nach wie vor präsent. Mit CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) wurde nun ein weiteres Abkommen publik, das bei Bürgerrechtlern mit einigen kritischen Passagen für Aufsehen sorgt – während die EU-Kommission abwiegelt.

Das Abkommen, das seit 2009 zwischen der EU-Kommission und Kanada ausgehandelt wird, spielte hierzulande in der öffentlichen Wahrnehmung bislang keine nennenswerte Rolle. Das änderte sich letzte Woche, als der kanadische Juraprofessor Michael Geist in seinem Blog über einen durchgesickerten Entwurf des Vertragstextes berichtet, der auf den Februar 2012 datiert ist. Geist beschreibt dabei, dass die CETA-Passagen über das Urheberrecht praktisch wortgleich mit dem Vertragstext von ACTA übereinstimmen – unter anderem auch die umstrittene „Privatisierung der Rechtsdurchsetzung“, also eine verstärkte Kooperation von Providern und Rechteinhabern bei der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen.

Die EU-Kommission wollte ursprünglich nicht auf diese Veröffentlichung reagieren, nach den aufkeimenden Protesten erfolgten jedoch einige Statements. Demnach handele es sich bei CETA nicht um eine umbenannte Version des ACTA-Abkommens, der Abschnitt Internet im aktuellen Entwurf von CETA soll sich mittlerweile „vollständig von ACTA“ unterscheiden. Laut einem Sprecher des verantwortlichen EU-Kommissars Karel de Gucht ist auch die Passage über die verstärkte Kooperation von Providern und Rechteinhabern nicht mehr enthalten, weitere Änderungen sollen infolge der Entscheidung des EU-Parlaments über ACTA noch folgen.

Zudem hätten sich die Verhandlungsführer nicht ausschließlich an ACTA orientiert, sondern auch an internationalen Verträgen der Welthandelsorganisation WTO sowie dem Urheberrechtsabkommen TRIPS. Einen aktuellen Entwurf will die EU-Kommission nicht veröffentlichen, entgegen der Forderungen von Bürgerrechtsorganisationen. Selbst wenn die EU-Kommission das Scheitern von ACTA bereits übernommen hat, Vertrauen stellt sie mit der Geheimhaltetaktik nicht her – schließlich war einer der zentralen Kritikpunkte an ACTA, dass die Initiatoren das Abkommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt hatten.

Dass CETA sich an dem Freihandelsabkommen mit Südkorea orientieren soll, beruhigt die Gemüter ebenfalls nicht. Dessen auf vagen Formulierungen aufbauenden Durchsetzungsbestimmungen wurden 2010 von Bürgerrechtlern ähnlich kritisiert wie die Bestimmungen aus ACTA – nur kam es damals nicht zum öffentlichen Aufschrei.