XCOM: Enemy Unknown im Test: So funktioniert Rundenstrategie noch immer

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Sasan Abdi
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„XCOM“ im Überblick

Sucht man gleich zu Beginn nach den weniger schmackhaften Seiten vom neuen „XCOM“, kann sofort das grundlegende Setting genannt werden, denn dieses schmeckt im Jahr 2012 ausgelutschter denn je: In einer nahen Zukunft wird die Erde von einer Alien-Invasion heimgesucht, wobei sich schnell die Frage stellt, wieso die Wesen aus einer fernen Galaxie sich darauf versteift haben, die Menschheit auszurotten.

Nur gut, dass einige, über alle Kontinente verteilte, weitsichtige Staaten schon vorher einen Eliteverbund gegründet haben, der unter dem Namen „XCOM“ die Crème de la Crème der technischen, wissenschaftlichen und militärischen Köpfe vereint. Klar, dass dieser Verbund im Folgenden dazu auserkoren wird, die Invasion zu stoppen und die Hintergründe aufzuklären.

Der Spieler schlüpft dazu in die Rolle eines wort- und namenlosen Commanders, der fortan die Geschicke der kompletten Mission leitet. Diese setzt sich im Wesentlichen aus zwei Aspekten zusammen: Auf der einen Seite zieht man auf übersichtlichen aber variantenreichen Karten gegen die Invasoren ins Feld; auf der anderen Seite muss man sich zwischendurch um den Ausbau der eigenen Basis und die Sicherung der Mitgliedsstaaten kümmern. Damit bietet das neue „XCOM“, wenn man so will, sowohl eine mikro- als auch eine makro-strategische Perspektive, was entscheidend für den Spielspaß ist.

Vor allem bei der ersteren Perspektive kann die zuständige Spieleschmiede Firaxis (u.a. „Civilization“) ihre Kompetenzen voll ausspielen. Statt den Spieler hier in gängiger Actionmanier im First- oder Third-Person-Modus durch die Gegend zu hetzen, wird in Anlehnung an den großen Vorgänger eine taktischere Variante gewählt. So blickt man von schräg oben auf seine vier bis sechs Soldaten zählende Einsatzgruppe, die rundenbasiert bewegt und eingesetzt werden kann.

Statt auf rohe Gewalt kommt es deswegen vor allem auf ein umsichtiges Vorgehen an. Dies liegt nicht nur an der begrenzten Sichtweite der Truppe und den vielen lauernden Gefahren, sondern auch an den unterschiedlichen Fähigkeiten der Soldaten. Während ein „Sturm“-Soldat bestens für den Nahkampf geeignet ist, wird ein Scharfschütze stets die Distanz und erhöhte Positionen bevorzugen; Unterstützer sind dagegen sehr bewegliche Helfer, die beispielsweise die eigenen Truppen einnebeln können. Die Klasse „Schwer“ dient dem Namen nach bei großen Gegnerverbänden als Brechstange, wobei neben schweren Schusswaffen auch brachiales Gerät wie ein Raketenwerfer für Flächenschaden eingesetzt werden kann.

Diese Unterteilung bringt schon vor dem Missionseinstieg einige Erwägungen mit sich. Zwar ist grundsätzlich empfehlenswert, stets je einen Soldaten aus der jeweiligen Gattung im Team mitzuführen; auf der anderen Seite kann es sich bei sechs Team-Plätzen lohnen, je nach Missionsschwerpunkt gründlich zu überlegen, welche Fähigkeiten in den folgenden Minuten am dringendsten gebraucht werden.

Und auch in den Missionen muss man immer wieder innehalten und überlegen. So gilt es auf den variantenreich von städtischen bis zu ländlichen Umgebungen reichenden und – im Unterschied zum Vorgänger – dennoch nicht generischen Karten, die Umgebung richtig einzuschätzen und sinnvoll zu nutzen. Denn auch wenn die Karten wie angedeutet größenmäßig übersichtlich ausfallen, kann doch hinter jeder Struktur eine tödlich Gefahr lauern. Deshalb werden sich die meisten Spieler für ein langsames aber sicheres Vorgehen entscheiden, bei dem sich die Mitglieder der Einsatzgruppe zwar nicht weit fortbewegen, dafür aber nach Vollendung der Runde bei Alien-Attacken noch zurückschießen können. Diese „Feldposten“ genannte Funktion stellt nur eine, wenn auch die vielleicht wichtigste, Erwägung im Kampf dar, da es beispielsweise auch gilt, Gegner zu flankieren und eine möglichst stabile Deckung aufzusuchen.

Verkompliziert wird das Kampfsystem hingegen durch die automatische Berechnung von Trefferchancen und -punkten. Je nach dem, wie der Spieler seine Soldaten zum Feind stellt, stehen auch die Chancen für einen erfolgreichen Angriff. Auch dadurch wird die Positionierung zu einem zentralen Element: Scharfschützen kommen mit Distanz bestens klar, wollen aber am liebsten stationär arbeiten, während der Sturm-Soldat mit seiner Schrotflinte möglichst nah herangeführt werden muss, um erfolgreich zuschlagen zu können.

Diese Mechanik funktioniert über weite Strecken gut und glaubwürdig; allerdings macht sich in als „sehr schwer“ eingestuften Missionen häufiger der Eindruck breit, dass die KI schummeln würde. Allzu oft kann es in diesen Missionen nämlich passieren, dass die eigenen Mannen und Frauen trotz solider Deckung und daraus resultierenden geringen Erfolgschancen direkt beim ersten Angriff der Aliens über den Haufen geschossen werden. Ob hier ein gewollter Mechanismus greift oder es sich um Zufälle handelt, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden – unsere Empörung war in mancher Runde jedenfalls groß, was allerdings auch nicht das schlechteste Zeichen ist.

Die Einordnung dieser „Im-Feld“-Komplexität kann mit Blick auf den Neuauflage-Charakter des Spiels in zweierlei Hinsicht erfolgen. Betrachtet man das neue „XCOM“ nämlich vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Spielelandschaft, kann man ihm durchaus einigen Tiefgang und einige Komplexität bescheinigen. Im Vergleich zum Original, das das Gros der aktuellen Spielerschaft allerdings wahrscheinlich nur noch vom Hörensagen kennen dürfte, fällt die Komplexität allerdings geringfügiger aus, was sich in der Beschränkung auf einen Schauplatz, ein Einsatzteam und in einem eher einfachen Mikromanagement der eigenen Truppen niederschlägt.