Comand Online NTG 5 im Test: Multimedia von Mercedes-Benz kurz vor CarPlay

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Nicolas La Rocco
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Internet

Fast schon wichtiger als Telefonate führen zu können ist heutzutage aber eine aktive Datenverbindung für den Zugriff auf das Internet. In der aktuellen S-Klasse wird auch dies über ein angebundenes Smartphone oder das integrierte Telefon-Modul realisiert. Grundsätzlich können über das Fahrzeug Webseiten aufgerufen, E-Mails gelesen und geschrieben oder Internetradiosender gehört werden. Das System trägt den Namen Comand Online somit nicht zu Unrecht.

Die Startseite des COMAND Online im Menü Internet
Die Startseite des COMAND Online im Menü Internet

Allerdings zeigt sich vor allem im Bereich Internet, dass Welten zwischen den Entwicklungszyklen der Automobil- und der Smartphone-Industrie liegen. Das Comand erreicht mit einer über Bluetooth freigegebenen Internetverbindung technologisch bedingt Transferraten von nur 2 Mbit/s. Doch auch das Telefon-Modul kommt mit eingelegter SIM-Karte nicht über 14,4 Mbit/s hinaus. Schnelles HSPA+ mit bis zu 42,2 Mbit/s oder gar LTE mit bis zu 150 Mbit/s? Fehlanzeige in der aktuellen S-Klasse. Es dauerte zwar, aber mittlerweile kann LTE als ein in Deutschland etablierter Standard bezeichnet werden, der auch in einem Luxusauto erwartet werden darf. Für die derzeit zur Verfügung gestellten Dienste ist die gebotene Übertragungsrate aber ausreichend, Engpässe sind allerdings mit Blick auf die immer beliebteren Streaming-Dienste und die Auslagerung von Daten in die Cloud zu erwarten.

Aufbau der Internetverbindung über das Telefon-Modul mit SAP

Der versprochene Funktionsumfang wird von Mercedes-Benz eingehalten. Zahlreiche deutsche Nachrichten- und Technikportale konnten ohne Darstellungsfehler über den integrierten Browser aufgerufen werden, wenngleich die Leistungsfähigkeit des Systems nicht immer zufriedenstellend war. Man merkt dem Comand seine lange Zeit vor Markteinführung des PKW begonnene Entwicklung an, wenn beispielsweise Webseiten deutlich länger als auf dem Smartphone laden. Selbst ein in die Jahre gekommenes iPad arbeitet Befehle schneller ab als die S-Klasse. Dies mag als hartes Urteil in dieser Disziplin gewertet werden, zeigt aber schlicht und ergreifend, dass in den Bereichen Automobil und Smartphone nicht der selbe Maßstab angesetzt werden kann.

Darstellung einer Webseite im integrierten Browser
Darstellung einer Webseite im integrierten Browser

Dies zeigt sich derzeit auch anhand mangelnder Möglichkeiten der Personalisierung. Es lassen sich zwar innerhalb des Systems Favoriten abspeichern, ein Google-, Apple- oder Microsoft-Konto kann dem Comand aber nicht hinzugefügt werden. Der erste Schritt nach Inbetriebnahme eines neuen Smartphones oder Tablets ist üblicherweise, dem Gerät ein Konto hinzuzufügen, sodass Kontakte, Mails, Kalender, Bookmarks, Notizen, Musik, Filme, Bilder und vieles mehr synchronisiert und nach wenigen Augenblicken genutzt werden können. Diese Brücke zwischen PKW- und Smartphone-Welt fehlt dem Comand, sodass das Erlebnis deutlich weniger „connected“ ist.

Das COMAND Online kann auch Google Maps mit Street View nutzen
Das COMAND Online kann auch Google Maps mit Street View nutzen

Auch im Bereich Apps ist eine Kluft zwischen Automobil und Smartphone erkennbar. Die Google-Suche kennt auf dem Smartphone getätigte Anfragen nicht und auch die Facebook-App des Fahrzeugs weiß nicht, dass der Nutzer auf dem Smartphone ja eigentlich schon angemeldet ist. So entsteht im PKW eine kleine Parallelwelt, die nicht in Kontakt mit dem Smartphone steht. Ohnehin lässt das App-Angebot noch viel Raum für Verbesserungen. Denn wer mit der Erwartung, ein auch nur ansatzweise so großes Sortiment wie bei Apple oder Google vorzufinden in den Mercedes-Benz App Shop geht, wird sich schnell mit deutlich weniger Anwendungen zufrieden geben müssen. Neben dem Wetter, der Google-Suche und Facebook sind das die HRS Hotelsuche sowie die kostenpflichtigen Apps „Kraftstoffpreise“, „Morningstar Finanzen“, „Nachrichten“ und „Parkplatzsuche“, die vorinstalliert waren und anschließend zu Preisen zwischen 7,95 und 9,95 Euro für ein Jahr genutzt werden können.

Das App-Angebot von Mercedes-Benz hält sich stark in Grenzen
Das App-Angebot von Mercedes-Benz hält sich stark in Grenzen

Mitfahrern kann das Comand Online eine Internetverbindung per WLAN im Fahrzeug zur Verfügung stellen. Das Modem ist auch in diesem Fall das Smartphone, weshalb Tethering vom Mobilfunkprovider unterstützt werden muss. Das Fahrzeug verfügt darüber hinaus über eine fest verbaute SIM-Karte, die einzig und allein dem Abruf von Live-Traffic-Informationen der Firma TomTom dient.