Vorratsdatenspeicherung: Oettinger plant neuen Anlauf für Europa

Andreas Frischholz
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Vorratsdatenspeicherung: Oettinger plant neuen Anlauf für Europa
Bild: EU-Kommission

EU-Digitalkommissar Günther Oettinger will die Vorratsdatenspeicherung auch in Europa wieder einführen. Noch in der zweiten Jahreshälfte 2016 soll eine entsprechende Regelung beschlossen werden, sagte er im Interview mit der Futurezone. Doch der zuständige EU-Innenkommissar dementiert, dass solche Pläne überhaupt vorliegen.

Wie es zu diesen abweichenden Aussagen kommen kann, lässt sich allerdings derzeit nicht erklären. Denn die jeweiligen Aussagen sind an sich eindeutig. So verwies Oettinger – angesprochen auf die Pläne der Bundesregierung, die Vorratsdatenspeicherung möglichst zeitnah wieder einzuführen – zunächst auf das Urteil vom Europäischen Gerichtshof, mit dem die alte Richtlinie gekippt wurde. Und sagte dann: „Deshalb haben wir unsere Fachleute darum gebeten, dass sie sich bei der Auswertung des Urteils auf dem Weg zu einem neuen Vorschlag Zeit lassen. Unser Zeitplan geht hier tendenziell in Richtung zweite Jahreshälfte 2016.

Doch im Büro von EU-Innenkommissars Dimitris Avramopoulos liegen diese Pläne bislang nicht vor. Auf Anfrage der Futurezone lautete die Antwort kurz und knapp: „Die EU-Kommission plant keine neue EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Nein.“ Auch in der aktuellen EU-Sicherheitsagenda für den Zeitraum 2015 bis 2020 soll die Vorratsdatenspeicherung keine Rolle spielen. Dort ist lediglich von der Fluggastdatenspeicherung die Rede.

Fraglich ist nun, wie es zu diesen abweichenden Aussagen kommen kann. Als Grund bieten sich zwei Erklärungen an: Entweder handelt es sich um einen Vorstoß von Oettinger, der nicht mit den übrigen EU-Kommissaren abgestimmt war. Oder innerhalb der EU findet beim Thema Vorratsdatenspeicherung derzeit ein Richtungsstreit statt, ähnlich wie es lange Zeit bei der Bundesregierung der Fall war.

Darüber hinaus äußerte sich Oettinger auch zu weiteren Themen wie etwa Netzneutralität und Geoblocking. Für Aufsehen sorgten dabei vor allem die Begründungen von Oettinger. So rechtfertigte er seinen Widerstand gegen ein Ende des Geoblockings in Europa mit dem Schutz von kleinen Anbietern. Und wählt österreichische Fußball-Clubs als Beispiel: „Sie glauben doch nicht, dass der österreichische Fußball, der mittelmäßig ist, sich halten könnte, wenn es nur noch einen Markt gäbe? Dann wäre das Spiel Salzburg gegen Austria Wien nur noch sekundär. Dann gäbe es nur noch Real gegen Barca.

Mit solchen, zum Teil skurril anmutenden Argumenten erntete Oettinger im Netz allerdings in erster Linie Spott und Kritik.