Staatstrojaner: Neue Spähsoftware nicht für Smartphones geeignet

Andreas Frischholz
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Staatstrojaner: Neue Spähsoftware nicht für Smartphones geeignet
Bild: Fredrik Lundh | CC BY 2.0

Deutsche Sicherheitsbehörden können zwar wieder einen Staatstrojaner einsetzen, doch die neue Späh-Software reicht für die Bedürfnisse der Ermittler nicht aus, berichtet die Welt am Sonntag. Daher ist noch der Einsatz von einem weiteren Trojaner geplant, der von dem umstrittenen Unternehmen hinter FinFisher entwickelt wird.

Der Kernproblem der Sicherheitsbehörden ist demnach: Der Trojaner läuft ausschließlich auf Windows-Systemen und ist dort auch nur in der Lage, die VoIP-Gespräche über Skype abzufangen. Für Smartphones ist die Software nicht geeignet. Kommunizieren Verdächtige nun also mit Chat-Programmen wie Telegram, Threema oder WhatsApp, sind diese für die Ermittler nicht zugänglich.

Neuer Staatstrojaner untauglich für den Alltag der Ermittler

Für Polizei und Verfassungsschutz soll der neue Staatstrojaner damit im Alltag praktisch nicht zu gebrauchen sein. Denn der Einsatz auf Smartphones ist laut Vertretern der Sicherheitsbehörden das entscheidende Kriterium. So erklärte ein Beamter eines Landeskriminalamtes (LKA) gegenüber der Welt: „Egal ob Dschihadisten oder Rechtsextremisten. Sie alle kommunizieren über WhatsApp oder andere Instant-Messenger.“ Skype abzuhören bringe dementsprechend wenig.

Das Bundesinnenministerium will nun auf Anfrage der Welt nicht kommentieren, wie es um die Technik des Trojaners bestellt ist, den die deutschen Sicherheitsbehörden in Eigenregie entwickelt haben. Konzipiert wurde der Trojaner für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Im Vergleich zu einer Online-Durchsuchung soll also nicht das System vollständig infiltriert, sondern lediglich Gespräche abgehört werden.

Ersatz-Trojaner von Gamma International

Damit die Sicherheitsbehörden künftig auch die Gespräche über weitere Chat- und VoIP-Dienste überwachen können, soll noch ein „kommerzielles Produkt“ von dem umstrittenen Unternehmen Gamma International, das die Spionagesoftware FinFisher entwickelt hatte, zum Einsatz kommen. Dieser Trojaner ist laut dem Welt-Bericht zunächst als Ersatz geplant, falls die hauseigene Lösung entdeckt wird. Ein weiterer Vorteil wäre allerdings, dass dieser Trojaner auch für weitere Betriebssysteme und Programme angepasst werden kann.

Noch fehlt aber die offizielle Freigabe. „Dieses Produkt wird aktuell noch an die definierten Vorgaben angepasst. Anschließend findet eine Überprüfung statt“, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums auf Anfrage der Welt.

Urteil des Bundesverfassungsgericht für den 20. April erwartet

Ein Trojaner wie der von Gamma International wäre aber in etwa das, was die deutschen Sicherheitsbehörden fordern. „Wir brauchen beim begründeten Tatverdacht einer schweren Straftat und nach einer richterlichen Anordnung die Möglichkeit, auf sämtliche Formen der digitalen Kommunikation zugreifen zu können“, sagt André Schulz, der Vorsitzende vom Bund deutscher Kriminalbeamter.

Das Problem ist allerdings: Schon der alte Staatstrojaner stammte von einem privaten Unternehmen. Doch eine Analyse vom Chaos Computer Club (CCC) aus dem Jahr 2011 hatte gezeigt, dass die Software so viele Mängel hatte, dass der Einsatz schlicht nicht mit dem Vorgaben das Bundesverfassungsgericht zu vereinbaren war. Ohnehin steht nach wie vor die Frage im Raum, ob sich überhaupt ein Staatstrojaner entwickeln lässt, der die rechtlichen Auflagen erfüllt.

Eine Antwort wird das Bundesverfassungsgericht womöglich am 20. April liefern. Dann wird ein weiteres Urteil erwartet, in dem geklärt werden soll, inwieweit der Einsatz eines Staatstrojaners mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

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