Kommentar: Warum Gaming on Demand wie GeForce Now die Zukunft ist

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Robert Kern
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Bandbreite und Rechenpower

All works perfectly“, behauptet Jen-Hsun Huang bei der Vorführung von GeForce Now mit Steam auf einem PC und einem Mac. Nun wurde im Mai auch schon eine GTX 1080 gezeigt, die luftgekühlt mit Leichtigkeit auf 2,1 GHz kommen sollte und jetzt entpuppt sich die Karte auch unter Wasser als von diesem „Limit“ betroffen. Die Zuschauer der Keynote bekamen also schon die Grenze des Machbaren gezeigt. Wie weit GeForce Now für PC und Mac tatsächlich ist, wird sich erst im März herausstellen. Bei einem ersten Kennenlernen im Oktober 2015 hat der Dienst prima funktioniert, in Full HD mit 60 FPS ohne nennenswerten Input Lag. Mit zwei Rechnern und Steam kann man das zuhause ausprobieren, per F6-Taste lassen sich Echtzeitstatistiken einblenden.

Die Qualität von Videostreams

Klar: Ein Videostream liefert nicht die Bildqualität eines auf der Konsole oder dem PC gerenderten Spiels. Es handelt sich um ein komprimiertes Bild, dessen Qualitätsverluste sich am besten mittels Steams In-Home-Streaming oder bei YouTube-Lets-Play-Videos vor Augen geführt werden können. Zu den Problemen von H.264 gehören Macroblocking, grobe Abstufungen in Farbverläufen und gelegentliche Bildung von Artefakten. Mit steigendem Abstand vom Bildschirm fallen die Qualitätsunterschiede natürlich weniger auf – ein kleiner Schubser in Richtung Couch-Gaming. Für das Streaming auf Shield-Konsolen und -Tablets gibt Nvidia folgende Voraussetzungen an:

Die Streamingqualität von GeForce Now passt sich automatisch an die Geschwindigkeit deiner Breitbandverbindung an.

  • 10 Megabit/s – die erforderliche Geschwindigkeit bei Breitbandverbindungen
  • 20 Megabit/s – empfohlen für eine Qualität mit 720p und 60 fps
  • 50 Megabit/s – empfohlen für eine Qualität mit 1080p und 60 fps

Eine Pingzeit von unter 60 ms zu einem der sechs NVIDIA-Rechenzentren weltweit.

Digital Foundry hat für 1080p60 (YouTube) einen 25-MBit-Datenstrom ermittelt. Im Hands-On-Bericht von ComputerBase kam der Fokus auf 60 Bilder pro Sekunde ebenso zur Sprache. Gegenüber 110 Millisekunden Latenz bei 30 FPS reduziert die gesteigerte Bildrate die Verzögerung auf 50 bis 60 Millisekunden. Nähere Server, optimierte Protokolle und Lichtleiterkabel werden die Latenz in Zukunft schrumpfen lassen und Bandbreite sowie die Rechenleistung in der Cloud kennen auch nur eine Richtung.

4K und Ultradetails?

Noch gibt es keine 4K60-Option, man kann Kepler-Architektur in den Rechenzentren von Nvidia vermuten oder aber die Wirtschaftlichkeit und technische Machbarkeit in Frage stellen. „Eine GTX 1080 aus der Cloud“ ist also womöglich ein bisschen geflunkert. Dafür bräuchte es HEVC, was erst die NVENC-Einheiten der zweiten Generation an Maxwell-GPUs beherrschen. Vermutlich werden immer noch die Grid-Module mit GK107 und GK104 genutzt. Beim Gamestreaming innerhalb des Zuhauses lässt sich die Shield-Konsole, deren Hardware in diesem Jahr kein Update erfahren hat und bei dem Tegra X1 bleibt, durchaus mit UHD-Material bei 60 FPS von einem GeForce-GTX-PC bedienen.

Die Preisfrage, noch zu teuer für jedermann

Nvidia ersetzt mit der Öffnung von GeForce Now das 10-Euro-Monatsabo durch ein Zeitmodell, für 25 US-Dollar gibt es 20 Stunden GTX-1060-Grafik, mit GTX-1080-Details nur noch 10 Stunden. Warum das von vielen Gamern als zu teuer und passend für gut betuchte Mac-Kunden empfunden wird? Weil der Gaming-PC, dessen Wartung und Unterhalt und die Spiele nicht direkt als Kosten wahrgenommen werden. Auch die Wartezeit für Downloads und Updates geschweige denn der Weg zum Geschäft für Hardcopies tauchen nicht auf.

Für Hardcore- und Casual-Gamer mit leistungsfähigen PCs geht die Rechnung auch bei umfassender Bilanzierung noch nicht auf. Ein bis zwei Stunden tägliches Spielen mit der virtuellen GTX 1080 fordern so nicht nur 70 bis 140 Euro pro Monat, sondern die Spiele wollen ja auch noch gekauft werden. Vor der CES 2017 war die bestehende Steam-Bibliothek komplett ausgeschlossen, immerhin erhielten Spieler Lizenzcodes für den PC für auf GeForce Now gekaufte Spiele. Gaming on demand ist eben noch frisch, für 70 Euro kann man sich bei Sky, Netflix und Amazon satt sehen und Spotify fällt bei Account-Sharing kaum ins Gewicht. Der nächste Schritt ist, dass Nvidia nicht nur die Hardware on demand bietet, sondern dass Titel für GeForce Now nicht mehr gekauft werden müssen. Mir ist nichts über solche Pläne bekannt, aber es ist eine logische Entwicklung. Mit dem Kauf einer GeForce-Karte im Notebook, PC oder Mac wird es anstelle von Game-Bundles einfach Spielzeit auf GeForce Now geben.

Irgendwann kommt der Punkt, an dem Nvidias Kapazitäten, die Internetleitungen, die Publisher und die Spieler zuhause ein Preisschild für Gaming on demand verhandelt haben, an dem keiner mehr vorbeikommt. Bis dahin wird nur von wenigen ausnahmsweise im Hotel gespielt, auf MacBooks im Hörsaal, mit Shield-Set-Top-Boxen oder auf alten PCs an schnellen Leitungen. Gaming on demand gehört trotzdem die Zukunft.

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