For Honor im Test: Vergesst die Story, lang lebe der Multiplayer!

Sasan Abdi
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For Honor im Test: Vergesst die Story, lang lebe der Multiplayer!

Mit For Honor will Ubisoft das Randgenre der Multiplayer-Schwertkämpfe ins „AAA“-Segment heben. Der ComputerBase-Test zeigt, dass dieses Vorhaben grundsätzlich geglückt ist. Bei der Solokampagne müssen allerdings gravierende Einschnitte hingenommen werden.

For Honor im Test

Treffen sich ein paar virtuelle Schwertkämpfer und dreschen aufeinander ein: Dieses Videospiel-Genre ist nicht neu. Schon zur Jahrtausendwende konnten sich Freunde des Spielprinzips in Titeln wie Rune: Halls of Valhalla miteinander messen. Und auch in der jüngeren Vergangenheit wurde der Ansatz von Titeln wie der Crytek-Grafikdemo Ryse: Son of Rome bedient.

In die allererste Riege hat es der Ansatz allerdings nie geschafft. Das liegt auch daran, dass sich nur selten richtig große Publisher mit maximalem Einsatz an die Materie gewagt haben. Mit For Honor schickt Ubisoft nun einen Anwärter ins Rennen, der vom Aufwand und der Bewerbung her das Zeug dazu hat, dies zu ändern. Spannend im Solospiel und nachhaltig packend im Multiplayer soll der Titel sein – wird er diesen hohen Anforderungen gerecht?

Spoiler-Warnung: Da ein Spieletest nicht immer gänzlich ohne die Wiedergabe einzelner wichtiger Handlungselemente der Geschichte möglich ist, bitten wir all jene, die vorab nichts über die Handlung des Spiels erfahren möchten, nur das Fazit zu lesen. Wir bemühen uns jedoch stets, die Wiedergabe auf absolut notwendige Erzählelemente zu beschränken.

Systemanforderungen

For Honor gibt sich bei den Hardware-Anforderungen moderat. Selbst auf nicht mehr ganz aktuellen Systemen sollte der Titel den Herstellerempfehlungen (minimal) zufolge problemlos laufen. Das wird von den Benchmark-Ergebnissen zu For Honor weitgehend bestätigt. Um den Titel auszureizen, muss eine aktuelle Grafikkarte der Mittelklasse vorhanden sein.

Testsystem und Herstellerempfehlung
Komponente Testsystem Herstellerempfehlung
Betriebssystem Windows 8.1 (64 Bit) ab Windows 7 (64 Bit)
Prozessor Core i7-4790 Core i3-550 / Phenom II X4 955
Arbeitsspeicher 8 GByte 4 GByte
Grafik Radeon R9 290X GeForce GTX 660 / Radeon HD 6970
Festplattenspeicher ca. 50 GByte
Internetanbindung Muss durchgängig vorhanden sein

Story

Bei For Honor von Ubisoft liegt der Fokus klar auf dem Multiplayer und nicht auf der Solokampagne. Das hat die üblichen Auswirkungen auf den Storymodus: Richtig packend ist die präsentierte Handlung nicht, auch wenn uns richtig gut gefällt, dass auf Fantasy-Elemente verzichtet wird. Die Kreativen von Ubisoft Montreal machen sich gar nicht erst die Mühe, die Story wendungsreich und spannend zu erzählen. Im Gegenteil: Es wirkt so, als ob einfach irgendeine Geschichte her musste, um die insgesamt 18 Missionen und rund sieben Stunden Spielzeit zählende Kampagne zusammenzuhalten, in der wir je sechs Abschnitte aus den Augen der drei Fraktionen erleben.

Burgbelagerung in der Kampagne
Burgbelagerung in der Kampagne

Der grundlegende Ansatz ist dabei nicht einmal schlecht. Die Kriegerin Apollyon setzt alles daran, Zwietracht und Krieg unter den Menschen zu säen. Das führt dazu, dass sich Ritter, Wikinger und Samurai – nun, wir wollen es historisch mal nicht so genau nehmen – gegenseitig und untereinander bekriegen. Clever ist dabei, dass Apollyon trotz der mystischen namentlichen Anlehnung an den „Engel des Todes“ nicht irgendein blutliebender Dämon oder eine konventionelle Irre ist, sondern einen faschistoiden Zweck verfolgt: Die Starken von den Schwachen zu trennen, die Lämmer zur Schlachtbank und die Wölfe an die Macht zu bringen.

Was will der „Engel des Todes“?
Was will der „Engel des Todes“?

Ein solcher Hintergrund ist nicht der schlechteste Ausgangspunkt, um eine zumindest annehmbare Geschichte zu erzählen. Dies passiert in der Kampagne von For Honor allerdings nur sehr eingeschränkt: In schönen Videosequenzen und kurzen Off-Erzählungen erfährt der Spieler immer mal wieder, was warum und wo los ist. Vieles bleibt jedoch im Ungefähren. Mit wenigen Kniffen wie tiefergehenden Dialogen und Spielerentscheidungen wäre schnell mehr drin gewesen. So hilft es leider auch nur wenig, dass insgesamt sehr viele Charaktere auftreten. Diese bleiben aber auch eindimensional und können die dürftigen Inhalte des Plots nicht auffangen.

Gute Inszenierung, genügend Abwechslung

Gut gefällt hingegen, wie die Entwickler die Kampagne solide in Szene setzen. Zwar sind die Story-Gebiete alle eher klein und schlauchig, doch kommt dank gescripteter Events und einer detaillreichen Map-Gestaltung schnell richtige Schlachtatmosphäre auf. Neben normalen Soldaten treffen unsere Recken dabei auch immer wieder auf schwerere Gegner und Bosse, was für Pepp in den Kämpfen sorgt.

Gelungen ist auch die spielerische Abwechslung. Bedingt durch die Wechsel der Fraktionen, der Umgebungen und der Klassen kommt beim Gameplay kaum Langeweile auf. Verstärkt wird das durch ein teilweise kluges Missionsdesign, bei dem wir indirekt auch mal unter Zeitdruck stehen oder auf einem Pferd an einer Verfolgungsjagd teilnehmen können.

Bosse gehören zur netten Abwechslung in der Kampagne
Bosse gehören zur netten Abwechslung in der Kampagne

Trotzdem taugt die Kampagne von For Honor nicht dazu, einen mit Herz und Verstand an den Bildschirm zu fesseln. Am Ende ist sie dadurch, dass der Spieler alle Heldenklassen der drei Fraktionen und auch schon viele Gebiete kennenlernt, immerhin das ideale Vorbereitungsprogramm für den eigentlichen Kern des Spiels: den Multiplayer.