Anno History Collection im Test: Spielkritik und Fazit

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Update Wolfgang Andermahr (+1)
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Wie gut ist die Anno History Collection?

Was gibt es Neues anno 2020? Viel Altes, denn so komisch es klingen mag, denn auch Ubisoft legt Klassiker der Anno-Serie neu auf. Das Wort Remaster vermeidet Ubisoft aus gutem Grund, denn nicht immer hat sich allzu viel getan. Ein Kauf lohnt hingegen aus anderen Gründen nicht in jedem Fall.

Am stärksten überarbeitet wurden die ersten beiden Serienteile. Nachgerüstete Zoomstufen, die Unterstützung von Widescreen-Auflösungen und High-DPI-Displays, die Möglichkeit, neue Steuerungsschemata zu nutzen und die Wiederherstellung des nach dem GameSpy-Aus funktionslosen Online-Multiplayer-Modus führen die Spiele an die Ansprüche der Gegenwart heran. Sie werden dadurch zwar spielbarer, aber gleichzeitig kaum genießbarer.

Fummelige Menüs, eine mangelnde Übersichtlichkeit, ein altbackenes Interface und die nach heutigen Maßstäben ebenfalls angestaubte Bedienung sind nicht länger zeitgemäß. Darunter leidet der Spaß am Siedlungsbau erheblich, auch wenn das Spielprinzip selbst noch Glanzmomente setzen kann. Allzu lange schaffen es die beiden Veteranen so nicht zu fesseln. Denn das, was die Mühe hier einbringt, gibt es in der gleichen Sammlung nicht unbedingt leichter, aber leichter zugänglich.

So wandert der Blick auf die neueren beiden Anno-Spiele. Hier fällt die Liste der Neuerungen, etwa Multi-Monitor-Unterstützung und das Beheben von Abstürzen, deutlich kürzer aus. Dies zeugt weniger von „Faulheit“ der Entwickler, sondern eher vom geringen Bedarf an Änderungen. Denn die Technik ist noch recht modern und ansehnlich und der Zugang intuitiv – man findet sich sofort zurecht.

Entsprechend leicht fällt es, eine Sache machen zu wollen und dann noch eine und dann nur noch eine, bis die Uhr vom nächtlichen Tageswechsel kündet. Dabei hilft, dass es immer etwas zu tun gibt. Von Leerlauf ist keine Spur: Hier stellen Bewohner Forderungen, dort geht das Geld aus, dann wollen neue Produktionsketten hochgezogen, eine zweite Insel besiedelt werden und auch Warenaustausch in Gang gehalten werden, während Aufträge von Fürsten und Herausforderungen nebenbei für weitere Beschäftigung sorgen. Diese quasi ewige Kette von Entscheidungen oder Ereignissen hat eine hypnotische Wirkung: Man merkt nicht, dass es sich um mindestens elf Jahre alte Spiele handelt.

Als Sammlung nicht empfehlenswert

Das Prinzip von Anno macht auch 2020 noch Spaß. Keinen Spaß mehr machen aber alle vier Spiele, denn trotz zeitgemäßer Neuerungen und der liebevoll-wuseligen Siedlungen sind Anno 1602 und Anno 1503 schlecht gealtert. Das kann man Klassikern nur dann verzeihen, wenn sie etwas Einzigartiges aufbieten können oder eine Geschichte erzählen. Bei Anno ist nichts davon der Fall, was wiederum die gesamte Sammlung überflüssig macht, sofern es nicht um das nostalgische Schwelgen in Erinnerungen geht. Ansonsten reicht es völlig, Anno 1701 oder Anno 1404 in der nun modernsten und damit spielerisch besten Fassung zu erwerben – vorausgesetzt, Ubisoft bekommt die Leistungsprobleme in den Griff.

Fazit

Hinweis vom 24. August 2020: Inzwischen hat Ubisoft einen Patch auf Version 1.3 bereitgestellt, der das zuvor gegenüber dem Original gestrichene DirectX 10 zurückbringt – mit gravierenden Folgen. Nach dem Patch läuft die Neuauflage schneller als das Original und steht ihm grafisch in nichts mehr nach. ComputerBase hat sich den Titel im Artikel Anno History Collection im Test: Mit DirectX 10 läuft 1404 viel schneller und sieht besser aus deshalb noch einmal angesehen.

Spielerisch macht vor allem Anno 1404 in der History Edition immer noch richtig Spaß. Hinzu kommt, dass das Spiel in großen Städten aufgrund der 64-Bit-Version nicht mehr unter Abstürzen leidet und das skalierbare Interface in hohen Auflösungen deutlich besser funktioniert. Das war es dann aber auch mit den positiven Nachrichten.

Dass Ubisoft die Grafik im besten Teil der History Edition nicht verbessert hat, ist zwar sicherlich kein Pluspunkt, aber noch hinzunehmen. Nicht akzeptabel ist dagegen die Performance, denn diese ist einfach nur schlecht. Das Original von Anno 1404 läuft unabhängig von der Grafikkarte deutlich besser als die neue, angeblich optimierte History Edition. Und das nicht nur etwas, sondern teils um 80 Prozent.

Alle Grafikkarten sind langsam, AMDs RDNA ist noch langsamer

Hinzu kommt, dass aktuelle AMD-Grafikkarten auf Basis der RDNA-Architektur noch einmal deutlich größere Leistungsprobleme haben als die anderen 3D-Beschleuniger. Da läuft das Original gleich doppelt so schnell. Das kann auch nicht alleine am fehlenden DirectX 10 der History Edition liegen, es muss noch etwas anderes im Argen liegen.

Solange die massiven Geschwindigkeitsprobleme nicht behoben werden, muss zumindest von Anno 1404 in der History Edition abgeraten werden. Auch wenn das nicht skalierende Benutzerinterface im Original schmerzt, die ruckelnde History Edition ist noch schlimmer.

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