Nvidia GeForce Now RTX 3080 im Test: Latenz, Bildqualität und Fazit

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Update 2 Jan-Frederik Timm
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Latenz in Off- und Online-Spielen

Der zweite wesentliche, für viele im Vergleich zu den erreichbaren FPS sogar wesentlichere Aspekt beim Cloud-Gaming ist die Latenz – also die Verzögerung zwischen Eingabe durch den Nutzer (Tastatur, Maus, Gamepad) und der Darstellung der Umsetzung dieser Handlung auf dem Bildschirm. Cloud-Gaming ist hier im Nachteil, denn es kommen zwei wesentliche Verzögerungen hinzu:

  1. Die Eingaben des Anwenders müssen ins Rechenzentrum übertragen und das gerenderte Bild am Ende zum PC des Nutzers zurückgesendet werden.
  2. Das im Rechenzentrum gerenderte Bild wird in einem möglichst verlustfreien Video komprimiert.

Beides kostet Zeit. Wie viel, hat sich ComputerBase mit einem Monitor mit Nvidia Reflex Analyzer (Test) in vier Spielen angesehen. Der Vergleich fand in diesem Fall zwischen GeForce Now RTX 3080 und dem Zen-2-basierten Gaming-PC in FHD statt, weil das 360-Hz-Display nur diese Auflösung besitzt. Gespielt würde über VDSL 100 der Deutschen Telekom, der Rechner war per Ethernet mit dem Router verbunden. Zur Einordnung: Der Ping zum neuen Webserver von ComputerBase beträgt auf dem System 16 ms.

Vier Spiele im Latenzvergleich

Getestet wurden vier Spiele: Far Cry 6 und Shadow of the Tomb Raider repräsentieren Titel, die auf dem Gaming-PC ganz ohne Einfluss einer Netzwerklatenz berechnet werden. CS:GO und Apex Legends wiederum wurden jeweils online gespielt – auch der Gaming-PC muss also mit einem Server kommunizieren.

Die von der Redaktion erhobenen Testergebnisse machen zwischen beiden Spielekategorien allerdings keinen entscheidenden Unterschied: Zwischen 40 und 50 ms müssen GeForce-Now-RTX-3080-Spieler zusätzlich einplanen, wenn sie in der Cloud und nicht lokal auf einem Gaming-PC mit GeForce RTX 3080 und Ryzen 7 3800X spielen.

Latenz FHD
  • Far Cry 6:
    • GeForce RTX 3080, 3800X, 120 FPS
      39,9
    • GeForce RTX 3080, 3800X
      40,0
    • GeForce Now, RTX 3080
      91,6
  • Shadow of the Tomb Raider:
    • GeForce RTX 3080, 3800X
      49,6
    • GeForce RTX 3080, 3800X, 120 FPS
      51,5
    • GeForce Now, RTX 3080
      94,3
  • CS:GO:
    • GeForce RTX 3080, 3800X
      22,0
    • GeForce RTX 3080, 3800X, 120 FPS
      32,0
    • GeForce Now, RTX 3080
      66,8
  • Apex Legends:
    • GeForce RTX 3080, 3800X
      34,0
    • GeForce RTX 3080, 3800X, 120 FPS
      39,0
    • GeForce Now, RTX 3080
      79,0
Einheit: Millisekunden

Dass alle getesteten Spiele unterhalb von 100 ms Latenz vom Mausklick zur Bildschirmausgabe bleiben, ist trotzdem ein sehr gutes Ergebnis. Zum einen liegen unter 100 ms für die meisten Spieler, deren Motivation nicht der harte Wettbewerb ist, noch im nicht relevanten, weil nicht wahrnehmbaren Bereich. Zum anderen wurde der Vergleich im Test auch mit einem sehr schnellen Gaming-PC gezogen, bei dem die GPU schneller als die CPU ist – von der CPU gerenderte Frames also nicht vor der GPU warten müssen.

Genau das ist aber eine der Hauptursachen für eine hohe Latenz. Durchaus gerechtfertigt zieht Nvidia selbst daher den Vergleich mit anderen Streaming-Lösungen und älteren Gaming-PCs mit dem Flaschenhals Grafikkarte. Unter 100 ms bei GeForce Now RTX 3080 müssen in diesem Zusammenhang keine Konkurrenz scheuen.

Bildqualität im Vergleich zum lokalen Gaming-PC

Und wie ist es um die Bildqualität bestellt? Das vom Rechner in der Cloud berechnete Bild steht dem lokal gerenderten zwar erst einmal in nichts nach, es wird für den Rückversand an den GeForce-Now-Client jedoch verlustbehaftet komprimiert. Die maximal in GeForce Now konfigurierbare Bitrate liegt bei 50 Mbit/s.

Leser stellen sich dem Blindtest (Update)

Anstatt an dieser Stelle das eigene Urteil zum Thema Bildqualität öffentlich zu machen, das das Leser-Urteil beeinflussen könnte, stellt ComputerBase vorerst umfassendes Vergleichsmaterial zur Verfügung. Was sich im jeweiligen Video hinter „System A“ und „System B“ verbirgt, soll dabei ebenfalls noch nicht vorweggenommen werden. Wie zuletzt wiederholt bei Smartphone-Kamera-Tests sollen sich ComputerBase-Leser vorerst im Blindtest dem Thema GeForce Now RTX 3080 vs. Gaming-PC mit GeForce RTX 3080 nähern.

Die nachfolgenden Videos zeigen Benchmark-Durchgänge, die sowohl lokal als auch in der Cloud in 2.560 × 1.440 Pixeln (WQHD) erstellt wurden – die Grafikeinstellungen waren exakt identisch. Mitgeschnitten wurde jeweils in nativer Auflösung bei einer Bitrate von 120 Mbit/s mit GeForce Experience.

Geschnitten wurden sie daraufhin in PowerDirector von Cyberlink, der Export fand ohne GPU-Beschleunigung in Ultra HD bei 120 Mbit/s statt. Im Anschluss wurden die Videos auf YouTube hochgeladen und dort in die verschiedenen Auflösungen transkodiert.

Kurz gesagt: Die präsentierten Videos repräsentierten das, was der Spieler auf dem Bildschirm sieht, bestmöglich, 1:1 gleichzusetzen sind sie aber nicht.

Update vom 22. Dezember 2021: In den ersten drei Vergleichsvideos steckt GeForce Now jeweils hinter „System B“. In Watch Dogs Legion haben über 80 Prozent der Umfrageteilnehmer die Bildqualität der Streaming-Lösung als schlechter empfunden, in Far Cry 6 waren es gut zwei Drittel. In Hitman: Absolution ging es am knappsten zu: Fast 40 Prozent sahen in diesem Vergleich GeForce Now vorne.

Mit zwei Drittel der Stimmen einen Sieg davon tragen konnte der Vergleich zwischen GeForce Now mit WQHD und dem Desktop-PC mit FHD in Far Cry 6: Die höhere Auflösung überkompensiert für die Mehrheit der Teilnehmer den Qualitätsverlust durch die Videokompression.

Welches Bild sieht besser aus in Watch Dogs: Legion?
  • Das von System A
    86,7 %
  • Das von System B
    13,3 %
Welches Bild sieht besser aus in Far Cry 6?
  • Das von System A
    67,5 %
  • Das von System B
    32,5 %
Welches Bild sieht besser aus in Hitman: Absolution?
  • Das von System A
    61,5 %
  • Das von System B
    38,5 %

Beim nachfolgenden Vergleich ist wiederum öffentlich, welches System welches Bild gerendert hat. In diesem Fall geht es nicht um die Frage GeForce Now vs. Gaming-PC bei identischer Auflösung, sondern ob GeForce Now RTX 3080 in WQHD trotz komprimiertem Videostream besser aussieht als lokal gerendertes FHD.

Welches Bild sieht besser aus?
  • GeForce Now in WQHD
    65,8 %
  • Gaming-PC in FHD
    34,2 %

Fazit

Der neue Tarif GeForce Now RTX 3080 hebt die Leistung der Gaming-Cloud von Nvidia signifikant an und stellt Spielern auf dieser Basis nicht nur erstmals mehr Pixel als in Full HD, sondern auch mehr als 60 FPS zur Verfügung, die darüber hinaus in der Regel mit sehr hohen Details gefahren werden können.

Die 120 FPS werden in vielen AAA-Spielen allerdings schon mit niedrigen Details nicht erreicht, weil der verwendete Ryzen Threadripper Pro 3955WX mit Zen-2-Architektur dann selbst in WQHD oftmals zu langsam für die GPU ist. Anspruchslosere Titel erreichen die 120-FPS-Marke, die Nvidia allem Anschein nach nicht hart im Treiber umgesetzt hat, hingegen trotzdem.

Im GPU-Limit liefert die Server-GPU dabei wirklich die Leistung der GeForce RTX 3080 – Watch Dogs: Legion inklusive Raytracing (Ultra) zeigt das gut.

Grundsätzlich überzeugen kann auch die Latenz im Test, wenngleich es hier stark auf die Perspektive ankommt. Gegen den zum Vergleich herangezogenen Gaming-PC mit Ryzen 7 3800X und GeForce RTX 3080 hat GeForce Now RTX 3080 nämlich weder in Offline- noch Online-Spielen eine Chance. 40 bis 50 ms Latenz-Aufschlag durch den Internetverkehr und das Encoding bedeuten in der Spitze eine Verdreifachung der lokalen Verzögerung. Wer mit möglichst schnellen Monitoren auf der Jagd nach der niedrigsten Latenz ist, für den ist GeForce Now weiterhin klar ein rotes Tuch.

Mit absolut unter 100 ms fällt das Urteil im Vergleich zu (älteren) Systemen, bei denen die GPU den Flaschenhals bildet, hingegen schnell anders aus: Latenzen in Richtung 100 ms sind hier schnell ebenfalls Standard.

Vorerst im Fazit ausgeklammert, aber im Artikel mit umfangreichem Videomaterial belegt ist die Bildqualität. Die Redaktion ist auf die Ergebnisse in den Umfragen und die Informationen über die Entscheidungsfindung in den Kommentaren zu diesem Artikel gespannt.

Bleiben an dieser Stelle zwei Aspekte: die Spiele-Bibliothek und der Preis.

Die Bibliothek spricht für und gegen GeForce Now

Die Spiele-Bibliothek ist mit ihrem Ansatz ein echter Pluspunkt von GeForce Now. Nvidia hat GeForce Now so aufgesetzt, dass Spieler jeden Titel, den sie bereits über bekannte Plattformen wie Steam, Ubisoft Connect oder Origin erworben haben, theoretisch in GeForce Now nutzen können. Zu diesem Zweck lässt sich der eigene Account mit GeForce Now verknüpfen. Nach einem Login im jeweiligen Client (einmal pro Session) steht das Spiel mit Cloud-Savegames und -Settings auch bei GeForce Now zur Verfügung.

Alle Games, die Spieler besitzen, finden sich trotzdem nicht bei GeForce Now wieder. Ganz im Gegenteil, denn die Lücken sind groß: Battlefield 2042? Borderlands 3? F1 20xx? Die Liste der Titel, die Publisher nicht bei GeForce Now zulassen, ist lang. Nvidia hat zuletzt zwar hart daran gearbeitet, die Anzahl verfügbarer Games zu erhöhen. Mal eben so mit den eigenen Bibliotheken vom Gaming-PC in die Cloud wechseln, ist aber weiterhin in der Regel nicht drin.

F1 von EA? Gibt es nicht. Gar nicht.
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Auch Borderlands ist eine Fehlanzeige
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Den Klassiker Witcher gibt es wiederum
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Das ist mit dem neuen Tarif am Ende der ärgste Dämpfer, den GeForce Now zu bieten hat, vor dem Abschluss des Abos sollten sich Spieler in jedem Fall informieren – und im Klaren darüber sein, dass Spiele auch wieder aus dem Katalog fallen können. Leistung und im aktuellen Preisumfeld selbst der Preis von 100 Euro im Halbjahr oder 200 Euro im Jahr sind wiederum kein Gegenargument für denjenigen, der (aktuelle) Spiele mit hoher Leistung (ortsunabhängig) auf älteren oder schwächeren Systemen spielen möchte, sofern ihm die Bildqualität passt.

Ist Cloud-Gaming eine Option für dich und wenn ja, warum? (Details in den Kommentaren)
  • Ja, ganz klar
    11,9 %
  • Ich bin am Überlegen
    28,2 %
  • Nein, ganz klar
    59,9 %

ComputerBase hat den Zugang zu GeForce Now RTX 3080 von Nvidia unter NDA zum Testen erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme der Hersteller auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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