Mehr Unabhängigkeit: IBM und Rapidus bauen für 37 Mrd. USD 2-nm-Chips für Japan

Update 5 Volker Rißka
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Mehr Unabhängigkeit: IBM und Rapidus bauen für 37 Mrd. USD 2-nm-Chips für Japan
Bild: IBM

Die Partnerschaft, die Japan bei der Chiptechnologie und -fertigung unabhängiger machen soll von bisherigen Firmen ist mit IBM offiziell. Den Teil in Japan übernimmt die Rapidus Corporation, ein neu geformtes Unternehmen, hinter der die Regierung und Hoffnung Japans steht.

Neuer japanischer Konzern bisher ohne Geld

Kioxia, Sony, SoftBank, Denso, Toyota, NEC, Nippon Telegraph and Telephone (NTT) und die MUFG Bank haben erst vor wenigen Wochen das Unternehmen Rapidus aufgestellt. Die Herstellerwebseite gibt bisher wenig preis, erklärt nur die Ziele in der Halbleiterbranche, die Japan hat und die sich von vielen anderen jedoch nicht groß unterscheiden. Fraglich war bisher zudem, wie stark die Bestrebungen wirklich sein werden, denn bisher wurden lediglich 7,3 Milliarden Yen als Startkapital zugesichert – je eine Milliarde Yen pro Firma, die Bank zahlte nur 300 Millionen Yen.

Mit den so zusammengekommen nur rund 50 Millionen Euro lässt sich jedoch nicht viel bewegen, Experten in Japan fordern bereits mindestens die zehn- bis 15-fache Summe oder mehr, um überhaupt einen Anfang zu finden. Auch das Subventionspaket der Regierung von 70 Milliarden Yen (knapp 500 Millionen Euro) reiche nicht aus und verblasse gegenüber dem US Chips Act und EU Chips Act mit hohen Milliardensummen, heißt es in japanischen Medien weiter. Deshalb kommt die heutige Ankündigung zur richtigen Zeit.

2-nm-GAA-Technologie von IBM

Bereits seit Wochen wird über IBM als Technologie-Partner spekuliert, nun ist es offiziell. IBM soll der Firma helfen, einen 2-nm-Prozess auf die Beine zu stellen, die Webseite spricht für das Jahr 2027 aber nicht nur von 2 nm, sondern auch von Gate All Around (GAA) und von Nanosheets, jenen Hochtechnologie-Methoden, die für das nächste Jahrzehnt in der Branche wichtig werden. Rapidus will also den Reigen der ganz großen Foundries betreten, zumindest technologisch gesehen.

2 nm als Ausgangsbasis zu nehmen kommt dabei nicht von ungefähr, denn die Technologie ist bei IBM durchaus bekannt. Bereits vor eineinhalb Jahren wurde auf dem Forschungsgelände in Albany von IBM ein erster Chip entwickelt, der Nanosheets im Rahmen der GAA-Technologie nutzt und so besagte Lösung in 2 nm dank EUV-Belichtung hervorbringt. IBM ist bekanntlich zuletzt vor allem ein Halbleiter-Forscher und weniger ein Halbleitermassenproduzent, sie haben Kooperationen mit vielen Firmen, darunter auch Samsung und Intel, die am Ende von den Errungenschaften in der gemeinsamen Forschung profitieren. Denn viel Know-How kommt noch stets von IBM, die sie jedes Jahr wieder zum Patentweltmeister machen, auch bei 7 nm und 5 nm war man Erster.

Inwiefern die Thematik am Ende zum Erfolg führt, bleibt nun abzuwarten und nicht nur eine Frage der Zeit, sondern auch des finanziellen Willens. Die japanische Regierung und auch Rapidus wollen so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau, in allen Bereichen von „Post 5G“ über Cloud bis hin zu Level-5-Autonomen-Fahren mitspielen – das dürfte jedoch kaum funktionieren. Die ersten Schritte werden nun entscheiden, ob überhaupt erst mal ein Anfang gefunden wird, wo am Ende „die vielen Milliarden an Geld“ herkommen, die für eine echte Umsetzung der Pläne und Fertigung nötig sind, weiß heute in Tokio noch niemand.

Update

In einem Interview mit Nikkei erläuterte Rapidus-Präsident Atsuyoshi Koike die Pläne noch einmal und sagte auch etwas zu den benötigten Finanzen. Allein um die Technologie für eine 2-nm-Fertigung im eigenen Land zu entwickeln, werden rund 2 Billionen Yen (rund 15 Milliarden US-Dollar) nötig sein, für eine passende Fabrik, die diese Technologie dann auch in fertige Produkte umsetzt, nochmal rund 3 Billionen Yen (23 Milliarden US-Dollar). Im Jahr 2025 soll ein erster Prototyp gebaut werden, in den „späten 2020er-Jahren“ soll dann die Massenproduktion starten. Was aus diesen Plänen und zum Teil auch Wunschträumen am Ende wird, bleibt abzuwarten.

Update

Die Pläne für eine erste Fabrik schreiten voran. Wie lokale japanische Medien berichten, plant Rapidus den Bau einer Anlage im Norden Japans auf der Insel Hokkaido. Der Standort ist die Nummer 1 auf der Liste, andere jedoch ebenfalls noch unter Begutachtung. Im März soll eine offizielle Entscheidung getroffen werden.

Update

Laut Nikkei und wenig später folgend auch vom Konzern selbst, ist die Entscheidung zum Fabrik-Standort nun getroffen: Hokkaido soll es werden, genauer gesagt Chitose, rund 35 Kilometer südöstlich der bekannteren Stadt Sapporo.

Update

Rapidus tritt heute der imec-Forschungskooperation bei. Die Technologien, die bei imec erforscht und entwickelt werden, kommen bereits in vielen Lösungen zum Einsatz und sollen Rapidus helfen, ihren Weg bei ihrem 2-nm-Prozess zu finden. Der dürfte sich von anderen aber nicht groß unterschieden, schließlich liefert imec insbesondere auch für Gate-all-around-Prozesse wichtige Grundlagen. Zuletzt hatte Samsung die Kooperation mit ASML und imec vertieft.

Update

Laut Medienberichten will Japan seinen finanziellen Anteil an den Vorhaben deutlich aufstocken. Zusätzlich noch einmal 1,95 Milliarden US-Dollar sollen in das Projekt fließen, schreibt Nikkei. Doch auch das ist nur ein Tropfen auf den riesigen heißen Stein, denn erwartet werden Gesamtkosten von rund 5 Billionen Yen, umgerechnet mehr als 37 Milliarden US-Dollar, da das Vorhaben für die 2-nm-Fertigung von Grund auf entstehen muss.

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