ohlschirr schrieb:
Hä? Was Recht ist und was nicht sollte man schon unterscheiden gelernt haben.
Was "Recht" ist, wissen in diesem Fällen nicht mal die Richter selbst, weil es sich aus en schwammigen Gesetzestexten einfach nicht ergibt.
Beispiel Auskunftsanspruch bei Providern.
Da steht im Gesetz, dass es den nur bei Fällen von Urheberrechtsverletzungen in "gewerblichem Ausmaß" gibt. (Die damalige Justizministerin sagte dazu damals, dass man "nicht die Schulhöfe kriminalisieren" wolle.)
Nun ist "gewerbliches Ausmaß" eine Formulierung ohne jeden Inhalt. Die übliche Definition eines Gewerbes sieht eigentlich ungefähr folgendermaßen aus:
"Ein Gewerbe ist grundsätzlich jede wirtschaftliche Tätigkeit, die auf eigene Rechnung, eigene Verantwortung und auf Dauer mit der Absicht zur Gewinnerzielung betrieben wird."
Von einem
Ausmaß steht da nichts. Ein Gewerbe kann jedes beliebige Ausmaß haben. "Gewerbliches Ausmaß" ergibt also ungefähr so viel Sinn, wie "kreisförmiges Ausmaß" oder "grünes Ausmaß".
Ich denke nicht, dass man es als "Ermessensspielraum" bezeichnen oder als Beweis der Unabhängigkeit der Justiz ansehen kann, dass Richter sich komplett aus den Fingern saugen müssen, was ein "gewerbliches Ausmaß" wohl sein könnte. In der Regel neigen sie dazu, das Wort "gewerblich" dabei einfach komplett zu ignorieren, weil es in dem Zusammenhang nunmal keinen Sinn ergibt, und sich einfach selbst irgendetwas anderes auszudenken. Was unter anderem dazu führt, dass eben doch "Schulhöfe kriminalisiert" werden. Eines der ersten Opfer dieses Gesetzes war eine Schülerin, die ein einzelnes Musik-Album, einmalig und ohne jede Gewinnerzielungsabsicht, per Filesharing herunter- (und damit zeitweise auch herauf-)geladen hatte.
Ist es da wirklich so unverständlich, wenn ich sage, dass der Gesetzgeber seine Arbeit nicht richtig gemacht hat? Dass er es nicht hinbekommen hat, das Gesetz so zu formulieren, das daraus klar hervor geht, unter welchen Umständen ein Provider Verbindungsdaten seiner Kunden an vermeintliche Urheberrechtsinhaber herausrücken muss?
Es herrscht da deshalb ein Zustand völliger Rechtsunsicherheit. Abmahnanwälte nutzen die, um einfach in
jedem Fall Auskunftsanträge zu stellen. Selbst z.B. gegen Nutzer von Streamingdiensten, die gar nichts hochgeladen haben.
Ich weiß nicht, wie ich es noch klarer machen könnte.
Ich erwarte, dass der Gesetzgeber klipp und klar definiert, was verboten und was erlaubt ist. Die Ermessensfreiheit und Unabhängigkeit des Richters beschränkt sich darauf, festzustellen ob gegen das Gesetz verstoßen wurde oder nicht und welches Strafmaß er anwenden will. Es gehört
nicht zu seinen Aufgaben, überhaupt erstmal selbst zu definieren, was erlaubt ist und was nicht, weil der Gesetzestext so schwamming oder schlicht sinnlos formuliert wurde, dass es nicht daraus hervor geht.
Wenn das nicht der Fall wäre, bräuchten wir ja gar keine Gesetze mehr. Dann würde Richter einfach immer selbst entscheiden, was verboten und was erlaubt ist.