Geplante EU-Führerscheinrichtlinie: Ab 70 zum Arzt, sonst Lappen weg

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

j-d-s

Lt. Commander
Registriert
März 2008
Beiträge
2.043
Manche haben sicherlich in den letzten Tagen davon gehört, dass die EU den Mitgliedsstaaten Vorgaben machen will, dass alle Autofahrer ab 60 regelmäßig zum Arzt müssen, sonst wird der Führerschein entzogen:
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/fuehrerschein-richtlinien-eu-100.html

In dieser Form ist das zwar "nur" ein Vorschlag der Grünen, allerdings ist dieser eine Verschärfung der von der gesamten EU-Kommission (unter Leitung von Ursula von der Leyen, CDU, früher Verteidigungsministerin unter Merkel) vorgeschlagenen Vorschriften:
https://transport.ec.europa.eu/system/files/2023-03/COM_2023_127.pdf
Member States shall reduce the periods of administrative validity set out in the first
subparagraph, points (a) and (b), to five years or less for driving licences of holders
residing on their territory having reached the age of 70, in order to apply an increased
frequency of medical checks or other specific measures, including refresher courses.

Sprich, ohne massive Opposition wird die CDU in Brüssel wohl durchsetzen, dass alle ab 70 mindestens alle 5 oder 2 Jahre zum Arzt müssen, um ihre "Fahrtüchtigkeit" bescheinigen zu lassen - ansonsten wird der Führerschein entzogen. Sogar "Wiederauffrischungskurse" könnten vorgeschrieben werden.

+++

Ich halte diese Vorschläge insgesamt für falsch, grob unverhältnismäßig und sachlich unbegründet:
  • Senioren haben sogar seltener Unfälle als der Durchschnitt, auch weil sie nicht mehr zur Arbeit pendeln (ab 70 sind so gut wie alle Rentner), sprich schlichtweg weniger fahren.
  • als Beispiel: Ich kenne viele ältere Leute, die fahren mit ihrem Auto nur noch in ihrem Dorf, bis zum Supermarkt, zum Arzt oder zur Apotheke - selten mehr als 2 km.
  • selbstständig wären sie nicht in der Lage, einkaufen zu gehen, wenn sie kein Auto fahren dürften: Zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen sie nicht weit, und viel tragen können sie auch nicht, daher fällt der ÖPNV auch weg. Da bliebe allenfalls das Taxi (sehr teuer, dafür reicht die Rente nicht immer) oder sie müssten ins Altersheim, aber das nur weil man nicht mehr Auto fahren darf ist schon sehr übertrieben, zumal wir sowieso schon zu wenige Altenpflegekräfte haben.
  • würde man diese Pläne umsetzen, käme es wohl dazu, dass viele alte Leute den Führerscheinentzug einfach missachten würden, da ein Rentner im Gefängnis keine Verdienstausfälle hat (Rente läuft sogar weiter), während Arbeitnehmer durch Gefängnis oftmals die Stelle verlieren, da sie nicht mehr auf der Arbeit erscheinen können. Und vor allem sind sie ohne Auto ja faktisch zu Hause eingesperrt, weil sie eben anders nicht weit kommen.

Insgesamt sollte also unbedingt verhindert werden, dass die EU da irgendwelche Vorgaben macht - nicht nur, weil wir alle irgendwann mal 70 sein werden, sondern auch für diejenigen, die bereits jetzt so alt sind. Denen ist es nicht zumutbar, nicht mehr Auto fahren zu dürfen, weil es für sie sehr viel schwerwiegendere Folgen hat als für junge, fitte Menschen.

Die Zahl der dadurch womöglich zu verhindernden Unfälle ist verschwindend gering, weil alte Leute ohnehin nur wenig (aber eben nicht gar nicht - 10 km pro Woche ist eben wenig, aber nicht null) fahren und weniger Unfälle verursachen als der Rest der Bevölkerung.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: thelittledevil und Cyberpunk61
Es handelt sich um einen Vorschlag von einer Grünen französischen Politikerin. Wie wir anhand Artikel 13 gelernt haben, wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird.

Aus Deutschland hagelt es jedenfalls viel Kritik. Ja, auch die Grünen und die CDU kritisieren den Vorschlag.

https://www.euractiv.de/section/ver...enden-sich-gegen-franzoesische-parteifreunde/


Ich sehe hier keine ausreichende Diskussionsgrundlage. Daher ist hier zu.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: mental.dIseASe, KitKat::new(), Skaiy und eine weitere Person
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben