Netzallianz: Fahrplan für Gigabit-Netze mit Qualitätsklassen

Andreas Frischholz
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Netzallianz: Fahrplan für Gigabit-Netze mit Qualitätsklassen
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Die Netzallianz Digitales Deutschland hat einen Fahrplan vorgestellt, um bis 2025 eine „gigabitfähige, konvergente Infrastruktur“ zu schaffen. Da diese Infrastruktur sich an den Bedürfnissen und Anwendungen der jeweiligen Nutzer orientieren soll, steht wieder eine Debatte um die Netzneutralität bevor.

Der Plan, den der für die digitale Infrastruktur zuständige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgestellt hat, umfasst im Kern vier Punkte:

  • Phase 1 bis Ende 2018: Zunächst bleibt es beim bekannten Ziel der Bundesregierung, dass Anschlüsse mit 50 Mbit/s bis 2018 flächendeckend verfügbar sein sollen.
  • Phase 2 bis 2019: Unterversorgte Gewerbegebiete sollen mit Hilfe eines „Sonderförderaufrufs“ ausschließlich mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet werden. Bei neuen Gewerbegebieten legt bereits das DigiNetz-Gesetz fest, dass Glasfaseranschlüsse direkt mitverlegt werden.
  • Phase 3 bis 2020: Bis dahin sollen die Voraussetzungen stehen, um 5G-Netze auszurollen. Deswegen müssen die Regulierer auch sicherstellen, dass die benötigten Frequenzbereiche verfügbar sind.
  • Phase 4 bis 2025: Das ist die Marke für eine „gigabitfähige konvergente Infrastruktur“. Bei dieser Infrastruktur gehe es aber nicht nur um Bandbreite, sondern etwa auch um Parameter wie Intelligenz im Netz, Echtzeitverfügbarkeit, Sicherheit und Energieeffizienz. Dafür will man einen geeigneten technischen, finanziellen und rechtlichen Rahmen schaffen.

Statt einem klaren Bekenntnis zum Ausbau von direkten Glasfaseranschlüssen (FTTB/H), das zuletzt etwa die alternativen Provider-Verbände gefordert haben, bleiben die Vorgaben also allgemeiner. So ist nun von einer flexiblen Infrastruktur für die Gigabit-Gesellschaft die Rede, die sich an den Bedürfnissen und Anwendungen der jeweiligen Nutzer orientiert. Dobrindt: „Bei der Zukunft unserer Netze geht es um die Leistungsfähigkeit, genauso wie um die Sicherheit und genauso wie um die Frage der Latenzzeiten. Eine Kombination aus vielfachen Elementen sind erforderlich, um Netze für eine Gigabit-Gesellschaft zu gestalten.

Erneute Debatte um die Netzneutralität

Somit bahnt sich aber erneut ein Streit um die Netzneutralität an. „Wir werden [die Diskussion über die Netzneutralität] wieder aufmachen müssen“, sagt etwa Thorsten Dirks, Bitkom-Präsident und Chef von Telefónica Deutschland. Anwendungen wie medizinische Dienste und autonomes Fahren müssten anders behandelt werden als das, was „wir heute im klassischen Konsumenten-Internet haben“.

Ebenso erklärt Telekom-Chef Timotheus Höttges, es habe keinen Sinn, wenn etwa „die Millisekunde, die für autonomes Fahren gilt, für alle Anwendungen sozusagen die Grundorientierung wäre“. Das wäre „nicht nur nicht erforderlich, sondern aus Kundeninteresse auch völlig ineffizient“. Benötigt werden vielmehr „leistungsabhängige, bedarfsorientiere Szenarien“, die sich nicht nur an der reinen Bandbreite messen lassen.

Die Frage ist nun, wie sich das mit den Netzneutralität-Vorgaben der EU vereinbaren lässt. Aus Sicht von Höttges wäre das kein Problem weil Spezialdienste prinzipiell gestattet sind.

Ähnlich äußern sich auch die alternativen Provider-Verbände Breko, Buglas und VATM in einer gemeinsamen Stellungnahme. Dass sich die Gigabit-Infrastruktur an den Bedürfnissen und Anwendungen der jeweiligen Nutzer anpassen müsse, gelte „für den Privathaushalt, welcher neben 4K-Fernsehen auch Online-Spiele nutzen möchte und einen Homeoffice-Anschluss benötigt genauso wie für die moderne Landwirtschaft 4.0, E-Health und die Anbindung der Unternehmen außerhalb der städtischen Gebiete.“ Neben Bandbreite werde es daher auch insbesondere „auf Qualitätskriterien wie Ausfallschutz, Jitter, Sicherheit und Latenz ankommen“.