Oberster Gerichtshof: Telegram unterliegt und soll Verschlüsselung offenlegen

Frank Hüber
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Oberster Gerichtshof: Telegram unterliegt und soll Verschlüsselung offenlegen
Bild: LoboStudioHamburg | CC0 1.0

Der Messenger-Dienst Telegram hat vor dem Obersten Gerichtshof in Russland einen Rückschlag erlitten: Das Berufungsverfahren bezüglich der im letzten Jahr seitens des Sicherheitsdienstes FSB geforderten Herausgabe der für die Ver- und Entschlüsselung notwendigen Schlüssel, ist von der Richterin Alla Nazarova abgewiesen worden.

Telegram hat bisher die Herausgabe verweigert und ist bereits zu einer Strafe in Höhe von 14.000 US-Dollar verurteilt worden. Das Unternehmen hatte die Verweigerung damit begründet, dass für die Herausgabe der Schlüssel ein Gerichtsbeschluss notwendig sei und damit klar gegen das in der Verfassung verankerte Recht auf Privatsphäre verstoßen würde. Dies stellte der FSB (Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation), nach deren Auffassung die Schlüssel selbst nicht als geschützt gelten würden, vor Gericht jedoch anders dar, weil man, um entschlüsselte Daten gegen bestimmte Verdächtige überhaupt sammeln zu dürfen, weiterhin einen Gerichtsbeschluss benötige.

15 Tage, um Schlüssel herauszugeben

Laut russischer Aufsichtsbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz (Roskomnadsor) bleiben dem Unternehmen nun 15 Tage Zeit, um die Schlüssel für die Ver- und Entschlüsselung heraus zu geben, andernfalls drohe diese damit, den Dienst in Russland blockieren zu lassen. Dies benötige laut Anwalt des Unternehmens, Ramil Akhmetgaliev, jedoch ein separates Gerichtsverfahren. Er bezeichnet diese Interpretation als äußerst gerissen und vergleicht es wie folgt: „Das ist in etwa so, als würde man sagen, dass man zwar das Passwort zu einem E-Mail Postfach besäße, aber den Eingang nicht kontrolliere, sondern lediglich die Möglichkeit dazu hätte.“ Man plane, erneut in Berufung zu gehen.

Gesetze machen Herausgabe zur Pflicht

Insgesamt nutzen allein in Russland mehr als 9,5 Millionen Menschen Telegram. Putin hatte 2016 neue Gesetze zur Terrorabwehr verabschiedet, welche für Messaging-Dienste grundsätzlich festlegen, dass den Behörden die Entschlüsselung technisch ermöglicht werden muss. Bereits im letzten Juni wurde dem Unternehmen mit dem Blockieren gedroht, nachdem behauptet wurde, der Dienst würde aktiv von Terroristen zur Planung eines Selbstmord-Bombenanschlages genutzt werden. Als Folge ließ Pavel Durov, Gründer von Telegram, den Dienst letzten Juni offiziell behördlich registrieren. Über Twitter ließ er jedoch verlauten, dass diese Herangehensweise keine Früchte tragen werde, und der Dienst nach wie vor für Freiheit und Privatsphäre stünde.