Razer Huntsman TE im Test: Die richtige Tastatur für genau ein Szenario

Max Doll
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Razer Huntsman TE im Test: Die richtige Tastatur für genau ein Szenario

tl;dr: Razer hat eine kompakte Tastatur mit hochwertigen Tastenkappen und ohne Unnützes gebaut. Trotz der wohltuenden Beschränkung auf das Wichtige empfiehlt sich die Huntsman Tournament Edition nur in einem einzigen Szenario: Wenn man alles von Razer kauft.

Produkte aus Razers Katalog lassen sich mit vielen Adjektiven treffend beschreiben. Normalerweise sind eher „verspielt“ und „Feature-lastig“ als „dezent“ und „schlicht“ darunter. Die nüchterne Huntsman für 150 Euro ist allerdings genau das: Sie konzentriert sich auf das Wesentliche. Dem Rotstift fallen platzraubende Gestaltungsspielereien, Gadget-Extras und ein oftmals so unnützer wie unergonomischer Nummernblock – worauf der Zusatz „Tournament Edition“ hinweist – zum Opfer.

Was der Tastatur bleiben, sind Medienfunktionen und die mächtige Synapse-Software, deren Profile sich auch auf der Tastatur speichern lassen. Diese für Razer-Verhältnisse Kargheit begründet das Unternehmen mit dem Input von Profispielern, auf deren Wunschliste stattdessen hochwertige PBT-Tastenkappen, ein USB-Typ-C-Stecker und früh auslösende Taster standen.

Razer Huntsman Tournament Edition
Ducky One 2 RGB TKL PBT
Größe (L × B × H): 36,2 × 14,0 × 3,6 (4,8) cm 36,5 × 13,5 × 4,0 cm
Layout: 88 ISO („tenkeyless“)
Gewicht: 741 g 950 g
Kabel: 2,00 m, USB/Type-C-USB (modular) USB/Type-C-USB (modular)
Hub-Funktion:
Key-Rollover: 10-KRO 6-KRO, N-KRO
Schalter: Razer Opto-Mechanical Red Cherry MX Red / Black / Blue / Brown / Silent (Red) / Speed Silver
Repeat-Rate wählbar, Delay-Rate wählbar
Tasten: Form: zylindrisch
Material: PBT-Kunststoff
Beschriftung: Double-shot molding
Form: zylindrisch
Material: PBT-Kunststoff
Beschriftung: laser cut
Zusatztasten:
Medienfunktionen: Stumm, Lautstärke, Abspielen/Pause, Vor/Zurück Stumm, Lautstärke, Abspielen/Pause, Stopp, Vor/Zurück
Zusatzfunktionen: Helligkeit (regeln, ausschalten), Gaming-Modus, Makroaufnahme, System-Funktionen Profile wechseln, Helligkeit (regeln, ausschalten), LED-Modi, Gaming-Modus, Programmverknüpfungen, Makroaufnahme, Office-Funktionen
Beleuchtung: Farbe: RGB
Modi: Atmungseffekt, Welleneffekt, Reaktiver Modus, umlaufende Aktivierung, Gaming-Beleuchtung, Farbschleife
Sonstige: individuelle LED-Profile
Farbe: RGB
Modi: Atmungseffekt, Welleneffekt, Reaktiver Modus, umlaufende Aktivierung, Farbschleife
Sonstige: individuelle LED-Profile
Makros & Programmierung: 5 Profile, Hardware-Wiedergabe
vollständig, softwarelos programmierbar
6 Profile, Hardware-Wiedergabe
vollständig, softwarelos programmierbar
Preis: 150 € ab 115 € / ab 119 € / ab 119 € / ab 109 € / ab 129 € / ab 115 €

Infrarot-Taster erklärt

Bei Gaming-Tastaturen gehört es derzeit zum guten Ton, möglichst früh auslösende Taster zu verbauen. Der von Herstellern suggerierte Zeitvorteil kann praktisch zwar keinerlei Auswirkungen haben, die Abstimmung vermittelt aber immerhin ein Gefühl von enormer Agilität. Diesen Effekt versucht Razer zu maximieren, denn in der Huntsman TE gehen Taster zu Werke, die schon nach einem Millimeter Wegstrecke auslösen. Herkömmliche Modelle tun dies erst nach dem doppelten Weg, selbst Cherrys spitz abgestimmte MX Speed benötigen noch rund 1,2 Millimeter.

Razer Optical Red
Cherry MX Speed Silver
Cherry MX Red
Charakteristik: linear
Hubweg: 3,5 mm 3,4 mm 4,0 mm
Position des Signalpunktes: 1,0 mm 1,2 mm 2,0 mm
Widerstand am Signalpunkt: 40 g 45 g
Widerstand am Druckpunkt:
Lebensdauer (Anschläge): 100 Mio. 50 Mio. 100 Mio.

Erfasst wird ein Signal bei den optomechanischen Tastern von Razer nicht durch das Überbrücken eines Metallkontaktes, sondern durch das Durchbrechen einer Infrarotschranke. Diese Technik verspricht Vorteile: Bei MX-Tastern und Derivaten muss vor der Signalweitergabe wenige Millisekunden lang gewartet werden, um zu prüfen, ob tatsächlich ein Signal anliegt. Diese sogenannte Entprellzeit benötigen sensorbasierte Modelle nicht. Außerdem versprechen Hersteller eine höhere Lebensdauer. Belastbare Tests dieser Behauptung gibt es jedoch nicht.

Tastenkappen halten ewig

Von dieser Technik zeigt Razer wenig, unter den Tastenkappen geben lediglich stabilisierte Stempel einen Hinweis darauf, dass keine normalen Taster zum Einsatz kommen. Die kleinen Drahtbügel sorgen für eine gleichmäßige Rückmeldung beim Eindrücken, unabhängig davon, wo der Finger auf der Kappe liegt – ein Ergebnis, das bei MX-Taster etwa allerdings ohnehin die Norm ist. Gängige Kreuzaufnahmen sorgen dafür, dass beliebige Tastenkappen aus dem Zubehör verwendet werden können. Erstmals bei Razer ist das im vollen Umfang möglich, da die unterste Tastenreihe bei der Huntsman TE dem ISO-Normlayout folgt.

Ein Wechsel erscheint aber aus zwei Gründen verzichtbar. Die Beschriftung ist dezent, zur optimalen Ausleuchtung direkt über den LEDs positioniert und lässt sich universell geschmacksneutral nutzen. Darüber hinaus werden die Kappen aus haltbarem PBT-Kunststoff gefertigt. Dessen Oberfläche behält ihre Struktur langfristig bei, speckigen Glanz sieht man bei diesem Material kaum. Auch die Beschriftung ist haltbar. Beim verwendeten „Doubleshot Molding“ werden zwei Arten Kunststoff übereinander gegossen. Die innere, transparente Schicht umfasst auch die Beschriftung. Sie wird daher erst unleserlich, wenn die Kappe vollständig abgetragen wurde, was nach menschlichen Maßstäben unbegrenzte Haltbarkeit verspricht.

Empfindlichkeit auf dem Prüfstand

Der frühe Signalpunkt sorgt dafür, dass schon ein Antippen ausreicht, um Eingaben auf den Bildschirm zu befördern. Aufgrund der linearen Abstimmung gibt darüber nur das Ergebnis Aufschluss, einen Druckpunkt besitzen die Taster nicht. Ein geringer Widerstand sorgt dafür, dass „Antippen“ zugleich ein „Anhauchen“ ist. Signale, die sich mühelos erzeugen lassen, erzeugen im positiven Sinne ein Geschwindigkeitsgefühl, wollen aber mit Bedacht benutzt werden.

Schon das Ablegen von Fingern oder nicht sauber getroffene Tasten produzieren Eingaben, die nicht im Sinne des Benutzers sind. Dies gilt für alle „schnellen“ Taster, deren Signalpunkt unterhalb von 1,5 Millimetern liegt, und daher in besonderem Maße für die roten optomechanischen Modelle der Huntsman. Selten hat sich ein Taster so wenig für den allgemeinen Gebrauch empfohlen. Selbst mit Übung und Gewöhnung blieben Eingabe-Unfälle ein sporadischer Begleiter beim Arbeiten.

Dort stört zudem die hohe Lautstärke, die sich exponentiell steigert, wenn beim engagierten Schreiben ein Taster den Anschlag erreicht. Selbst für mechanische Verhältnisse ist die Huntsman TE eine sehr laute Tastatur, das helle Klacken sowie gelegentliche Pingen der Federn stören nachhaltig. Um die Tastatur erträglich zu machen, wird vorsichtiges Eindrücken der Federn unter Vermeidung des Anschlages schon zu einer Art Notwehr.

Razer Huntsman Tournament Edition

Diese Tastatur fühlt sich einfach extrem schnell an. Es ist so ein tolles Gefühl, eine dieser Tasten zu drücken, vor allem bei Dota, wo ich die Tasten schnell drücken muss, um meine Einheiten so schnell wie möglich zu organisieren.

Arteezy, eSport-Team Evil Geniuses auf der Razer-Produktseite

In Spielen lösen sich beide Kritikpunkte weitgehend in Wohlgefallen auf. Es fällt bei dieser Tätigkeit leichter, Tasten nur anzutippen, wenngleich das Federpingen weiterhin zum Soundtrack gehört. Fehlauslösungen verschwinden fast völlig. Was auch fehlt, ist aber erneut jeder praktische Geschwindigkeitsvorteil. Die Taster können schlicht nicht merklich reaktionsschneller sein, spielerische Vorteile entstehen nur im Kopf. Diese verspricht auch Razer aber nicht: Auf der Produktseite wird lediglich von gefühlter Geschwindigkeit sowie den Anforderungen von Spielen an Geschwindigkeit gesprochen und so der Eindruck von spielerischen Vorteilen hervorgerufen. Dass ein Spiel schnelle Reaktionen erfordert, ist allerdings ein Gemeinplatz und nichts, was eine spezielle Tastatur oder einen bestimmten Taster erfordert und gar durch sie bevorteilt wird.

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