Nur 40 5G-Sendestationen: 1&1-Chef macht Vodafone für Rückstand verantwortlich

Andreas Frischholz
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Nur 40 5G-Sendestationen: 1&1-Chef macht Vodafone für Rückstand verantwortlich
Bild: 1&1

Es waren weitreichende Pläne, als United Internet bei der 5G-Auktion ankündigte, dass die Tochter 1&1 das vierte Mobilfunknetz in Deutschland aufbauen soll. Bislang hängt man aber den Zielen deutlich hinterher. Die Schuld sieht United-Internet-Chef Ralph Dommermuth wie gehabt bei Vodafone und fordert Hilfe von der Politik.

Wie langsam der Aufbau des Netzes vorankommt, bestätigte Dommermuth im Interview mit dem Spiegel. Ende 2022 sollte 1&1 laut den Auflagen aus der Frequenz-Versteigerung eigentlich 1.000 Standorte betreiben, tatsächlich waren es zu diesem Zeitpunkt nur fünf. Mittlerweile sind es 40 Sendestationen, so Dommermuth.

Vodafones Funkturm-Sparte habe Zusagen nicht eingehalten

Die Bundesnetzagentur hat wegen des Rückstandes bereits im Frühjahr ein Bußgeldverfahren eingeleitet, 1&1 droht eine Strafe, die sich auf bis zu 50 Millionen Euro belaufen kann. Würde die Summe so hoch und ohne Nachfrist ausfallen, bezeichnet er das als hart und erstmaligen Vorgang. Einen entsprechenden Beschluss wolle das Unternehmen genau prüfen – und in diesem Kontext auch klären, inwieweit sich die Summe an die Partner weiterreichen lässt, die Zusagen nicht eingehalten haben.

Aber natürlich werden wir sehen, wie wir eine mögliche Buße an die säumigen Ausbaupartner weitergeben können.

Ralph Dommermuth im Spiegel-Interview

Gemeint ist damit Vodafones Sendeturm-Tochter Vantage Tower, die er für den bestehenden Rückstand verantwortlich macht. Es sei ein strategischer Fehler gewesen, sich auf die Tochter eines Konkurrenten einzulassen. „Wir haben die Frequenzen erworben, 20.000 Antennen auf Lager sowie Hard- und Software für Hunderte dezentrale Rechenzentren gekauft. Allein in der ersten Ausbaustufe werden insgesamt fünf Milliarden Euro in diese digitale Infrastruktur fließen“, so Dommermuth. An 1&1 würde es seiner Aussage nach nicht liegen.

Vodafone bestreitet die Vorwürfe. Bereits Anfang des Jahres erklärte der Konzern, man habe diese mit Erstaunen zur Kenntnis genommen.

1&1 will derweil nun tatsächlich merkliche Fortschritte erzielen. Bis zum Jahresende sollen insgesamt 1.200 Sendestationen stehen. Bei 200 wären die Standorte bereits errichtet, es müssten nur noch Antennen montiert und ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Bis zum Ende dieses Quartals sollen es dann schon 500 Standorte sein. Ab dem kommenden Jahr lautet das Ziel, 3.000 Standorte pro Jahr neu zu errichten.

Forderung nach National Roaming

Zusätzlich fordert Dommermuth im Spiegel die Einführung von National Roaming, man will also die Infrastruktur der Konkurrenz mitbenutzen. „In den Regeln der Frequenzauktion war ein solches nationales Roaming dort, wo wir noch keine Funkmasten haben, ausdrücklich vorgesehen, und zwar diskriminierungsfrei“, so Dommermuth. Bei anderen Anbietern wie Telefónica war das in der Vergangenheit der Fall, in anderen Ländern wie den USA sei es ebenfalls üblich.

Bislang habe es zwar schon Verhandlungen gegeben, doch der von den anderen Netzbetreibern aufgerufene Preis pro transportiertem Gigabyte würde teilweise das Zehnfache des Marktpreises betragen. Nun müsse die Bundesnetzagentur als Schiedsrichter auftreten. Der Vorwurf von Dommermuth ist aber, dass die Regulierungsbehörde diesem Auftrag bislang nicht ausreichend nachgekommen sei. Aktuell gebe es aber immerhin ein offizielles Verfahren.

Mangelnde Unterstützung der Regulierer beklagt er, weil 1&1 – im Sinne der Politik – für mehr Wettbewerb sorgen wolle und zudem Open-RAN-Technologie verwendet, die ohne Huawei-Komponenten auskommt. Ein Huawei-Verbot in Deutschland und auf EU-Ebene ist derzeit im Gespräch. Sollte es dazu kommen, müssen die anderen Netzbetreiber bestimmte Komponenten ersetzen. Dabei wird mit Milliardenkosten gerechnet.