(Corsair) Scuf Envision Pro im Test: Ein neues Luxus-Gamepad für Windows-PC-Gamer
Scufs Envision (Pro) ist ein weiteres Luxus-Gaming-Gamepad zum dekadenten Preis. „Na und?“, mag man fragen, „Die gibt es in rauen Mengen!“ Doch der Neuling lockt mit mehr und klickenden Tasten, mehr RGB, mehr Funktionen und mehr Freiheiten, die Windows-Exklusivität ermöglicht. Das Resultat überzeugt, aber braucht es das?
Quasi ein PlayStation-Controller für den PC
Scuf Envision vs. Scuf Envision Pro
ComputerBase hat den drahtlosen (Corsair Slipstream) Scuf Envision Pro getestet, der für 199,99 Euro den Besitzer wechselt. Für 50 Euro weniger gibt es mit dem Scuf Envision auch eine kabelgebundene Basisvariante. Neben der Anschlussart unterscheiden sich Normal- und Pro-Modell auch durch den Grip (Pro: „Rutschfester High-Performance-Grip“ = fühlt sich gummiert an) und die einstellbaren Trigger („klassische Vollzug-Trigger vs. mausklickähnliche Instant-Trigger“). Das war es.
Als müsse es seine Existenz bei jeder Gelegenheit rechtfertigen, ist das Envision Pro von Scuf (seit 2019 Teil von Corsair) an vielen Ecken anders als die mehr oder minder aufgemotzten Alternativen aus dem gängigen „Elite-Mainstream“.
Layout und Design
Anderssein fängt beim Layout und bei der Form an, wo das DualShock-Pad der PlayStation 5 als Vorbild dient. Individualisten können außerdem zum Konfigurator greifen und das Pad an vielen Punkten farblich nach eigenem Geschmack gestalten, wenngleich das den Basispreis von 199,99 Euro noch weiter in die Höhe schnellen lässt.
Durch die „alternative“ Form liegt der Controller mit dem Gewicht etwas stärker in den Handflächen, an den Fingern dafür lockerer – die Xbox-Form schmiegt sich demgegenüber gleichmäßiger an die Gliedmaßen. Darüber hinaus liegen die Thumbsticks auf einer horizontalen Achse. Spielen kann man damit gut, wie jeder PlayStation-Besitzer bescheinigen wird, es ist jedoch erst mal ungewohnt, denn am PC spielt dieses Layout kaum eine Rolle. Letztlich handelt es sich um eine Frage des Geschmacks, wenngleich man auch festhalten muss, dass Form und Aufbau des Xbox-Controllers den breiten Massengeschmack besser treffen.
Individualität ohne Kompromisse
Spielräume schaffen elf zusätzliche Tasten. Vier Scuf-typische, als „Wippschalter“ ausgeführte Paddles an der Unterseite können durch minimale Bewegung der Finger nach vorne oder hinten ausgelöst werden. Die innere und die äußere Taste klicken dabei haptisch unterschiedlich, was hilft, sie deutlich voneinander zu unterscheiden. Intuitiv gefallen die äußeren Tasten besser: Das Ziehen der Finger fühlt sich natürlicher an, als etwas wegzudrücken.
Zwei „seitliche Aktionstasten“ an den Flanken des Controllers können über ein leichtes Anziehen des Zeigefingers bedient werden. Trigger und Seitentaste lassen sich zwar nicht gleichzeitig bedienen, Scuf schafft so aber weitere Spielräume für individuelle Optimierungen. Als praktisch erweist sich dabei die Möglichkeit, die inneren Wippen und Seitentasten mit Hilfe von Blindstopfen ausbauen zu können. Obwohl damit in gewisser Weise der Sinn zahlreicher Extratasten in Frage gestellt wird, erlaubt es der Ausbau von Tasten, einen „maßgeschneiderten“ Controller in den Fingern zu haben. Benötigt wird allerdings ein beiliegendes Werkzeug.
Eine Stärke auch dieses Scuf-Gamepads bleibt, dass Extras keinen Kompromiss erfordern. Keine der Extratasten drängt sich als Fremdkörper auf oder lässt sich erahnen, bis man sie betätigt. Dabei sind sie leicht zu erreichen, ohne präsent zu sein. Das Gewicht bleibt zudem gegenüber einem herkömmlichen Xbox-Pad mit 285 g fast exakt identisch. Mehr Gewicht lässt sich allerdings auch im Kabelbetrieb nicht sparen, denn der Akku, der eine Laufzeit von rund 17 Stunden verspricht, wurde fest installiert. Dass der Betriebsmodus über einen Schiebeschalter an der Unterseite gewählt werden muss, nervt: Jede Tastatur kann ihre Übertragungsart automatisch umschalten. Warum klappt das bei dem Gamepad nicht?
Individualisierung mit und ohne Software
Das Anpassen des Pads soll auch per Software groß geschrieben werden. Auf dem Papier klingen die Konfigurationsoptionen mächtig. Reaktionskurven von Thumbsticks und Triggern lassen sich sinnvoll visualisiert frei oder anhand von Voreinstellungen an Genres oder Geschmack anpassen. Zudem ist es möglich, drei Profile für unterschiedliche Genres auf dem Controller zu speichern und Zusatztasten mit anderen Gamepad-Eingaben wie ABXY zu belegen. Microsoft und Sony bieten das Gleiche.
Mehr kann das Envision Pro nur, wenn iCUE im Hintergrund läuft. Erst im „Software-Modus“ kann dann tatsächlich jede einzelne Taste frei programmiert werden. Corsair erlaubt es dann, Programme zu starten, Tastenverknüpfungen und Makros auszuführen oder Profile zu wechseln. So soll es beispielsweise möglich sein, Waffen zu wechseln oder einen Stream zu starten, erklärt Scuf. Hierfür sind die fünf „Makrotasten“ prädestiniert. „G1“ bis „G5“ sind in Hardware mit der Mediensteuerung befasst. Die universelle Beschriftung erschwert die Nutzung etwas, an sich passt schon die Normalbelegung aber gut, weil sie gegenüber der Xbox Game Bar Klicks spart.
Darüber hinausgehende Konfigurationen decken jedoch spezielle Anwendungsfälle ab, selbst am HTPC leisten Xbox Game Bar und Steam im Big Picture Mode oder ähnliche Launcher gute Dienste als Gamepad-Interface. Dazu kommen iCUE-Besonderheiten, die den Kopf schütteln lassen. Unbelegte Tasten können via Linksklick belegt werden, die Neubelegung ist hingegen nur über einen Rechtsklick möglich – nervig. Im Grunde braucht es diese Extras also erst mal nicht, sie schaffen mehr Spielräume und können im Einzelfall Sinn ergeben, sind aber, wie so oft, keine unverhoffte Offenbarung.
Mechanische Tasten machen den Unterschied
Heilige Grale der Gaming-Hardware bleiben Geschwindigkeit und Reaktionsfreude. Ein paar Millisekunden verspricht Corsairs kabelloser Empfänger zu sparen, der mangels Bluetooth-Chip für den Wireless-Betrieb zwingend nötig ist. Für das gute Gefühl sorgen mechanische Taster von Omron unter dem Steuerkreuz und den ABXY-Tasten, die sich wie Mausklicks anfühlen und dadurch für eine knackige und präzise Rückmeldung sorgen. Das sorgt alleine für eine haptische Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz und funktioniert hervorragend – man möchte diese Art Tasten schnell nicht mehr missen.
Angepasst sind zudem andere Tasten am Controller, auch sie werden zumindest etwas taktiler, sodass sich die Nutzung einheitlich anfühlt. Selbst die Triggersperre ist davon betroffen: Wer aus den Triggern Taster macht, bekommt auch dort „Mausklicks“. Die Umstellung ist allerdings beim Envision Pro eine Schwäche, weil sich die Hebel zur Aktivierung der Sperre sehr schlecht greifen lassen. Sie sollte deshalb als längerfristige Entscheidung verstanden werden.
Fazit: Kann man machen
Dass es sich beim Scuf Envision Pro um ein gutes Gamepad handelt, liegt am Ende nicht an der Exklusivität für eine Plattform, sondern an seinen wohlgeratenen Grundeigenschaften. Extras und Extratasten dazuzugeben, ohne dafür Kompromisse abzuverlangen, ist eine starke Leistung! Das Envision fühlt sich in der Hand so an wie ein normales Pad, kann aber mehr. Beim Spielen suggerieren „Maustasten“ zudem Präzision und Kontrolle, die Tasten fühlen sich angenehm knackig an. Diese beiden Punkte sprechen klar für einen Kauf des Envision Pro.
Hardware mit Hand und Fuß braucht allerdings auch gute, vor allem aber sinnvolle Software. iCUE liefert das mit den üblichen iCUE-Eigenheiten, jedoch auch das, was die Platzhirsche können. Die PC-exklusive Magie läuft indes rein über Windows-Software und bietet gerade dort, wo sie über andere Pads hinausgeht, den meisten Käufern einen beschränkten praktischen Mehrwert. Zudem grämen die schlecht erreichbaren Triggersperren.
PC-Spieler, die klickende und mehr Tasten, kein Mehrgewicht und/oder das Sony-Layout möchten, sind am Ende die Zielgruppe für Scuf. Dennoch erscheint der Elite-Controller von Microsoft fast als bessere Wahl, wenn es ein Pro-Gamepad sein soll – er kostet schlicht 50 Euro weniger und wird den meisten Käufern genug Tasten und Flexibilität bieten. Denn für Standardtasten und Mehrgewicht gibt es auch eine schickere Anmutung und eine gute App. Sonys Edge-Modell kostet etwas mehr als das 200 Euro teure Envision Pro, kann auf dem PC allerdings nicht programmiert werden. Die PC-Exklusivität dient insofern mehr der Abgrenzung denn dem Mehrwert – Scuf geht der Konkurrenz aus dem Weg.
Den richtigen Käufer braucht es ohnehin: Man sollte vor dem Kauf eine genaue Vorstellung davon haben, wozu man die (vielen) frei programmierbaren Tasten einsetzen möchte, oder wie gehabt besser zum Standard-Pad für 50 Euro greifen.
ComputerBase hat das Scuf Envision Pro von Corsair leihweise unter NDA zum Testen erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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