Sinkt Microsofts Stern?

Parwez Farsan
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Dank etablierter Produkte wie Windows und Office fährt Microsoft trotz sinkender Wachstumsraten und kleinerer Gewinnmargen weiterhin jedes Jahr Gewinne in Milliardenhöhe ein. Doch nicht alle Sparten sind so profitabel – andere verursachen teilweise enorme Verluste.

So beläuft sich das in den letzten vier Jahren durch vergleichsweise neue Produkte wie die Xbox und MSN verursachte Minus auf stolze sieben Milliarden US-Dollar. Allein auf die Xbox-Division entfallen vier Milliarden, und ob man mit der Anfang Dezember erscheinenden Xbox 360 angesichts des harten Konkurrenzkampfes auf dem Konsolenmarkt endlich den Break-Even schafft, ist alles andere als sicher. Die Mobile Software Division kann nur einen Bruchteil des Marktes für sich beanspruchen, hat aber zumindest mit Palm einen wichtigen Kunden gewonnen. Noch schwärzer sieht es momentan bei Microsoft Business Solutions aus. Nach den Übernahmen von Great Plains Software und Navision für zusammen 2,5 Milliarden US-Dollar soll sie bis 2010 einen jährlichen Umsatz von 10 Milliarden US-Dollar generieren – auf Grundlage des derzeitigen Wachstums von jährlich sechs Prozent lässt sich dieses Ziel jedoch erst in 43 Jahren erreichen.

Es gibt nicht viele Technologie-Unternehmen, die sich gleich mehrere derart verlustreiche Sparten über Jahre leisten können und wollen. Doch mit 40 Milliarden US-Dollar auf der hohen Kante und stetigen Gewinnen durch die Cash-Cows Windows und Office hat Microsoft zur Zeit noch gut Lachen und kann sich kostenintensive Stellungskämpfe um die neuen Märkten leisten. Aber der Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Unternehmenssparten und die mittlerweile enorme Komplexität der eigenen Software schwächen Microsoft. Während Konkurrenten wie Google und die Mozilla Foundation fast wöchentlich mit Neuerungen aufwarten können und Microsoft in den Märkten der Zukunft das Leben schwer machen, tragen Microsofts Firmendivisionen untereinander kosten- und zeitintensive Grabenkämpfe um ihre Stellung innerhalb des Unternehmens aus, statt schnell und angemessen zu reagieren oder gar zu agieren. Sicherheits-Updates und Neuerungen brauchen teilweise Monate, der Internet Explorer hat seit Jahren kaum entscheidende Updates erlebt und dümpelt weiterhin in Version 6 umher.

Die Entwicklung des Windows-XP-Nachfolgers Vista ist ein weiteres gutes Beispiel. Jahrelange Verschiebungen und eine immer weiter schrumpfende Featureliste lassen die bei der Entwicklung auftretenden Probleme erahnen. Apples Mac OS X ist bereits jetzt moderner und bietet mehr Features als Windows Vista es im Herbst nächsten Jahres wird. Bis dahin wird die Entwicklung bei Apple sicher nicht stillstehen und der Plattformwechsel auf Intel-Prozessoren macht die Mac-Plattform auch für Windows-Nutzer interessanter. Internet-Gigant Google wächst extrem schnell und legt, wie einst Microsoft, eine äußerst aggressive Expansionspolitik an den Tag. Jeden Tag, den Microsoft mit unnötigem Kompetenzgerangel vertut, eilt Google ein Stück weiter davon und droht Microsoft eines Tages im lange Zeit stiefmütterlich behandelten Internetgeschäft endgültig zu überrollen.

Nun liegt es an Microsoft, verloren Boden wieder gut zu machen. Die finanziellen Mittel dazu hat man allemal, doch ohne grundlegende strategische Änderungen sind auch diese auf lange Sicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein.