NSA-Suchbegriffe: Kanzleramt beharrt auf Zustimmung der US-Regierung

Andreas Frischholz
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NSA-Suchbegriffe: Kanzleramt beharrt auf Zustimmung der US-Regierung
Bild: Oliver Ponsold | CC BY 2.0

Laut Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) habe die Bundesregierung von der US-Regierung keine Erlaubnis bekommen, um die Liste mit den NSA-Suchbegriffen an die parlamentarischen Kontrollgremien weiterzugeben. Damit widerspricht er jüngsten Medienberichten.

So erklärte Altmaier im Interview mit dem Spiegel: „Hätte es tatsächlich eine Zustimmung zur Weitergabe aus den USA gegeben, hätten wir uns manche schwierige Debatte ersparen können.“ Demnach müsse die Bundesregierung Spielregeln beachten, die zwischen den amerikanischen und deutschen Geheimdiensten existieren. Und dazu zähle auch, dass die US-Regierung zunächst zustimmen müsse, wenn das Kanzleramt die entsprechende Liste an die parlamentarischen Kontrollgremien sowie den NSA-Ausschuss übermitteln will.

Von diesem Vorgehen könne man laut Altmaier womöglich nur dann abweichen, wenn „klar wäre, dass es um strafbare Handlungen ginge“. Das bedeutet: Es müsste belegt sein, dass einzelne Suchbegriffe (Selektoren) der NSA direkt auf deutsche Bürger oder Unternehmen abzielen. Das Problem ist nun: Das ist kaum möglich, solange niemand einen Einblick in die Liste mit den rund 40.000 NSA-Suchbegriffen erhält, die der BND bereits als unrechtmäßige Spionage-Ziele aussortiert hat – und die trotzdem für einige Zeit in die eigenen Überwachungssysteme eingespeist waren.

Daher soll nun ein Sonderermittler prüfen, inwieweit der BND nun Politik- und Industriespionage für die NSA in Europa betrieben hat. Konkrete Ergebnisse wird es bei dem Abschlussbericht allerdings nicht geben. Denn der Sonderermittler darf nur allgemein über seine Erkenntnisse berichten.

Kanzleramt drückt sich vor Verantwortung

Mit den „Spielregeln zwischen Geheimdiensten“ bezieht sich Altmaier laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung auf das Memorandum of Agreement, das die NSA und der Bundesnachrichtendienst (BND) im Jahr 2002 vereinbart haben. In diesem wird die Zusammenarbeit zwischen beiden Diensten geregelt. Allerdings hat ein Gutachten vom Auswärtigen Amt ergeben, dass sich aus diesem Abkommen keine völkerrechtlichen Verpflichtungen ergeben. So zitiert die Süddeutsche Zeitung einen Sprecher des Auswärtigen Amtes mit der Aussage: „Ich fürchte, dass das Völkerrecht, auch das Völkerrecht in diesem speziellen Fall, leider kein Ergebnis bereithält, das eine politische Entscheidung in dieser Frage ersetzen könnte.

Dementsprechend fordern die Vertreter der Opposition, dass die Liste mit den fragwürdigen Suchbegriffen endlich dem parlamentarischen Kontrollgremien sowie dem NSA-Ausschuss vorgelegt wird. Doch die Bundesregierung würde sich mit ihrer Argumentation hinter der US-Regierung verstecken, kritisiert etwa die Linken-Abgeordnete Martina Renner, die auch im NSA-Ausschuss sitzt, gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Ebenso erklärte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz, die US-Regierung sei mittlerweile „sauer, dass ihnen ständig der schwarze Peter zugespielt wird“.

Per se ein plausibles Argument: Denn laut dem Bericht der Zeit bezeichnete es ein Berater von US-Präsident Barack Obama als „absolute Mär“, dass die Kooperation mit deutschen Geheimdiensten eingeschränkt werden soll, sofern das Kanzleramt die Liste mit den NSA-Suchbegriffen weiterreichen würde.