Hassbeiträge: Warnung vor privatisierter Rechtsdurchsetzung

Andreas Frischholz
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Hassbeiträge: Warnung vor privatisierter Rechtsdurchsetzung
Bild: mkhmarketing | CC BY 2.0

Allein im August habe Facebook mehr als 100.000 Hassbeiträge in Deutschland entfernt, erklärte der Regulierungschef Richard Allan bei einer Konferenz des Bundesjustizministeriums im September. Wie viele der gelöschten Inhalte tatsächlich strafbar waren, kann die Bundesregierung allerdings nicht sagen.

Derlei Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor, heißt es in einer Antwort des Justizministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken (PDF, Direktdownload). Ebenso wenig existiere eine Auflistung der von Facebook gelöschten Inhalte. Daher kann auch „nicht beurteilt werden, ob einzelne Inhalte bzw. zugehörige Nutzerinformationen Gegenstand polizeilicher Anfragen gewesen sind“.

Zunächst ist die Antwort wenig überraschend. Schließlich ist es nicht Aufgabe der Bundesregierung, jeden einzelnen gelöschten Beitrag zu prüfen. Dasselbe gilt für die Task Force, die Justizminister Heiko Maas (SPD) im Herbst 2015 eingesetzt hat: Diese entwickelte Standards, um festzulegen, wie „die an der Task Force beteiligten Internet-Unternehmen effektiv gegen rechtswidrige Hassbotschaften vorgehen sollen“. Das Prüfen und Löschen von gemeldeten Inhalten ist allerdings Sache der Unternehmen.

Warnung vor Privatisierung der Rechtsdurchsetzung

Angesichts dieser Vorgehensweise warnt Netzpolitik.org-Chefredakteur Markus Beckedahl nun erneut vor einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung. Die Antwort der Bundesregierung zeige deutlich, dass eine wirksame Strafverfolgung nie das Ziel der Task Force war. Vielmehr finde man sich damit ab, dass Facebook die Meinungsfreiheit reguliere – und zwar ohne „eine ausreichende Qualitätssicherung oder rechtsstaatliche Kontrolle“.

Eine Alternative nannte Beckedahl bereits im September, als Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Unternehmen zu mehr Eigeninitiative aufforderte. Die Lösung ist demnach nicht, dass soziale Netzwerke mehr – und auch proaktiv – löschen. Stattdessen müssten Gerichte und Staatsanwaltschaften aufgerüstet werden, um konsequent gegen rechtswidrige Inhalte vorgehen zu können.

Justizministerium will für mehr Transparenz sorgen

Es ist allerdings ein Problem, dass – zumindest teilweise – auch beim Bundesjustizministerium angekommen ist. Erst am Wochenende kündigte Justizminister Maas an, dass die Vorgaben für soziale Netzwerke im kommenden Jahr verschärft werden sollen. Mit auf der Agenda steht dabei: mehr Transparenz. Nutzer sollen künftig also nachvollziehen können, warum gemeldete Beiträge gelöscht werden – oder eben nicht.