Leistungsschutzrecht: Der Widerstand formiert sich

Andreas Frischholz
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Leistungsschutzrecht: Der Widerstand formiert sich
Bild: www.GlynLowe.com | CC BY 2.0

Das Leistungsschutzrecht ist einer der umstrittensten Punkte in der europäischen Urheberrechtsreform, doch EU-Digitalkommissar Günther Oettinger verteidigt das Vorhaben vehement. Neben Netzaktivisten protestieren nun aber auch schon die Abgeordneten aus dem EU-Parlament.

Abgeordnete aus mehreren Parteien traten nun in einem Video der SaveTheLink-Initiative auf. So warnt etwa die auf das Urheberrecht spezialisierte Piraten-Politikerin Julia Reda vor einem Ende der Link-Freiheit im Internet, wenn das Leistungsschutzrecht umgesetzt wird. „Die Art, wie du Nachrichten im Internet teilst, wird damit kostenpflichtig“, so Reda. Das entscheidende Problem ist demnach, dass nach der Vorlage der EU-Kommission „schon das Teilen von kleinsten Ausschnitten (…) verboten“ ist.

Ebenso deutliche Worte findet Martina Michels von der Linken: „Der Plan der Kommission ist absurd, denn er verfehlt die digitale Wirklichkeit.“ Dabei gehe es nicht nur um die Umsetzung, sondern um die grundsätzliche Idee. Es bestehe kein Anlass, dass Suchmaschinenbetreiber die Verlage für Inhalte bezahlen, die in den Ergebnislisten dargestellt werden. Michels: „Links mit Anreißern sind Werbung für Artikel und nicht Diebstahl.

Dietmar Köster (SPD) bezeichnet das Leistungsschutzrecht als „Innovationsbremse“. Es blockiere Startups, gefährde die Meinungsvielfalt und Journalisten würden auch nicht profitieren. Ähnlich äußert sich Helga Trüpel von den Grünen, sie verweist zudem auf das gescheiterte Leistungsschutzrecht in Deutschland.

Oettinger auf Werbetour

Die Video-Statements der Abgeordneten sind als Reaktion auf die Werbetour von Oettinger zu verstehen. Zuletzt verteidigte er das Vorhaben bei mehreren Anlässen. Ende September erklärte Oettinger anlässlich einer Rede auf dem Kongress des Bundes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), dass die Verlage mehr für das Leistungsschutzrecht werben müssten. Insbesondere die Online-Redaktionen würden zu kritisch berichten. Deswegen wären die Verlagsleitungen auch innerhalb der eigenen Häuser gefragt, um das von ihnen gewünschte Projekt zu fördern.

Das Ziel von Oettinger und den Verlegerverbänden ist: Suchmaschinenbetreiber – und zwar allen voran Google – sollen Gebühren an die Verlage bezahlen, wenn Inhalte aus deren Online-Plattformen (die sogenannten „Snippets“) in den Ergebnislisten dargestellt werden. Oettinger betonte zwar, nicht „Zensur ist gefragt“, sondern Überzeugung und Argumente. Trotzdem bewerteten Kritiker die Aussage als Angriff auf die innere Pressfreiheit.

Dass sich – abgesehen von den Verlegerverbänden – praktisch jeder gegen das Leistungsschutzrecht ausspricht, liegt laut Oettinger an den Geschäftsergebnissen, die nur die Verleger kennen. Selbst die Chefredakteure würden die Zahlen nur „eingeschränkt“ kennen, so Oettinger laut einem Bericht von Spiegel Online.

Leistungsschutzrecht: Weder erfolgversprechend, noch sinnvoll

Entscheidend wäre demnach, dass viele Nutzer über die Suchmaschinen nur die Anreißer der Artikel lesen, dann aber nicht mehr weiterklicken. Dem widersprachen aber selbst die führenden Medienangebote. Zeit Online veröffentlichte etwa eine Traffic-Statistik, die besagt: 20,5 Prozent der Besucher kommen über Google, 10 Prozent über Facebook und noch gut 12 Prozent über weitere Angebote auf die Webseite.

Zumal neben den ökonomischen Bedenken auch noch die grundsätzliche Frage im Raum steht, ob sich das Leistungsschutzrecht überhaupt umsetzen lässt. In Deutschland ist das 2013 eingeführte Vorhaben bislang gescheitert. Gerichte bestätigten bislang unisono, dass Google nicht zahlen muss. Und die finanzielle Bilanz der Verwertungsgesellschaft VG Media lautet bislang: Einnahmen in Höhe von 714.540 Euro stehen Gerichtskosten von 3,3 Millionen Euro gegenüber.