Ryzen 5 2500U & 7 2700U: AMDs erste APUs mit Zen und Vega nehmen es mit Intel auf

Volker Rißka
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Ryzen 5 2500U & 7 2700U: AMDs erste APUs mit Zen und Vega nehmen es mit Intel auf
Bild: AMD

tl;dr: Nach fast vier Jahren Entwicklung bringt AMD eine komplett neue APU-Generation auf den Markt: Codename Raven Ridge. Mit den ersten Modellen Ryzen 5 2500U und Ryzen 7 2700U will AMD bei Leistung, Energieverbrauch und Akkulaufzeit Intel bis zum Ende dieses Jahres im mobilen Segment wieder Konkurrenz machen. Ein Überblick.

In Schlagdistanz zu Intel im Notebook

Selbstbewusst geht AMD mit dem letzten Start des Jahres im Portfolio um. Nicht weniger als „Premium-CPU-Kerne und Premium-Grafik“ verspricht das Unternehmen. „Den weltweit schnellsten Prozessor für ultra-dünne Notebooks“ will AMD auf dieser Basis liefern. Die Eckdaten lesen sich in der Tat vielversprechend.

Zu den vier Zen-Kernen, die bis zu acht Threads bei hohem Takt bereitstellen können, gesellt sich eine integrierte Grafikeinheit auf Basis der Vega-IP. Gegenüber dem Vorgänger Bristol Ridge sind die von AMD versprochenen Fortschritte dann auch enorm: 200 Prozent mehr CPU-Leistung, fast 130 Prozent mehr für die Grafik sollen bei 58 Prozent geringerem Energiebedarf in der 15-Watt-Klasse möglich sein. Doch der Konkurrent ist nicht Bristol Ridge, vielmehr heißt er Kaby Lake (Refresh) und kommt von Intel.

Zen-Kerne treffen Vega-Grafik

Um Kaby Lake Refresh mit vier Kernen und Hyper-Threading im Notebook zu stellen, bedarf es auch bei AMD vier Kerne und acht Threads. Und wie bei Summit Ridge für Ryzen bietet auch der CPU-Complex (CCX) bei Raven Ridge vier Kerne, es gibt aber nur einen davon. Darüber hinaus wird der L3-Cache pro CCX gegenüber den bisherigen Ryzen-Prozessoren von 8 auf 4 MByte halbiert. Doch der Leistungsfähigkeit soll dies kaum einen Abbruch tun, AMD sprach im Rahmen einer Veranstaltung in der vergangenen Woche davon, dass Ryzen Mobile „quasi die Desktop-CPU nur mit geringerem L3-Cache“ ist.

Fast zwei Drittel des Dies sind keine CPU

Doch Raven Ridge ist mehr als nur CPU. Denn ein großer Teil des 209 mm² großen Dies mit rund 4,5 Milliarden Transistoren fällt der Grafikeinheit und daran anschließend auch den Multimedia-Features zu – fast zwei Drittel der Fläche vereint die GPU damit für sich. Die IP der Grafik entspricht Vega, und das voll und ganz, wie AMD erklärte. Nur statt bisher HBM2 als Speicher zu nutzen kommt nun der externe DDR4-Systemspeicher zum Einsatz.

Alle Features und Möglichkeiten, die von Radeon RX Vega im Desktop beherrscht werden, kann aber auch Raven Ridge. Dazu zählen natürlich auch die umfassenden Multimedia-Eigenschaften und eine Videoeinheit, die VP9 bis zu Ultra HD beherrscht – wenn auch weiterhin nur unter Zuhilfenahme der Shader und der CPU. Der Treiber von Vega im Desktop soll damit exakt der gleiche sein wie der, der für Ryzen Mobile nun benötigt wird. Wahrscheinlich wird er aber separat angeboten. Angepasst werden musste er ohnehin, denn ein Feature gehört ab heute zu den Altlasten der APU: Dual Graphics. Das quasi nie genutzt Zusammenspiel von diskreter und integrierter Grafik wird nicht mehr unterstützt.

Ryzen Mobile alias Raven Ridge
Ryzen Mobile alias Raven Ridge (Bild: AMD)

Ryzen 5 2500U & 7 2700U mit 15 Watt TDP

Zwei Modelle wird AMD zuerst in den Markt entlassen, deren Spezifikationen sich doch ein wenig von dem unterscheiden, was die Gerüchteküche vermeldet hatte: Ryzen 5 2500U und Ryzen 7 2700U. Bei beiden ist der L3-Cache wie bereits erwähnt mit 4 MByte nur noch halb so groß, der Vergleich zum Die-Shot des herkömmlichen Ryzen zeigt, dass der mittlere Cache-Block komplett fehlt. Die Kerne rücken so näher zusammen und machen am Rand Platz für GPU und Videoeinheit.

Auch wird die Vega-Grafikeinheit im Notebook in der maximalen Ausbaustufe nur 10 statt 11 CUs haben – also 640 statt spekulierter 704 Shader. Das kleinere Modell Vega8 Mobile im Ryzen 5 2500U bekommt sogar nur 8 CUs und damit 512 Shader, nur Vega10 Mobile im Ryzen 7 2700U bietet 640 Shader. Doch auch hier darf der Blick auf den Die-Shot gewagt werden, denn der zeigt 11 CUs und damit doch 704 Shader. Diese könnte AMD entweder zu Stromsparzwecken bei den 15-Watt-Modellen deaktiviert haben, alternativ um die Yield (Ausbeute) zu erhöhen – oder für spätere Modelle (auch im Desktop) einfach noch einen Pfeil im Köcher zu haben.

Zusammen mit dem reduzierten L3-Cache, der viel Leistung aufnehmen kann, soll der TDP-Spielraum für den Takt sowohl bei der CPU- als auch der Grafikeinheit zur Verfügung gestellt werden. Und der hat es auf dem Papier in sich: 2,2 bis 3,8 GHz (Ryzen 7 2700U) respektive 2,0 bis 3,6 GHz (Ryzen 5 2500U) werden für die vier Kerne und acht Threads auf Prozessorseite geboten, 1.300 beziehungsweise 1.100 MHz für die Grafikeinheit. DDR4-2400 an einem Dual-Channel-Speichercontroller ist Standard; auch hier geht AMD beim Takt nach eigenen Aussagen nicht ganz in die Vollen, um ebenfalls ein paar Milliwatt einsparen zu können.

AMD Raven Ridge vs. Bristol Ridge bei 15 Watt
Modell Kerne (Module)/
Threads
CPU-Takt/
Turbo
L2-
Cache
L3-
Cache
Grafik Shader max. GPU-Takt Speicher cTDP TDP
Ryzen 7 2700U 4 / 8 2,2 / 3,8 GHz 2 MB 4 MB Vega10 Mobile 640 1.300 MHz DDR4-2400 9-25 W 15 W
Ryzen 5 2500U 4 / 8 2,0 / 3,6 GHz 2 MB 4 MB Vega8 Mobile 512 1.100 MHz DDR4-2400 9-25 W 15 W
FX-9800P 2 / 4 2,7 / 3,6 GHz 2 MB Radeon R7 512 758 MHz DDR4-1866 12-15 W 15 W
A12-9700P 2 / 4 2,5 / 3,4 GHz 2 MB Radeon R7 384 758 MHz DDR4-1866 12-15 W 15 W

Strom sparen, Leistung steigern: mXFR und Precision Boost 2

Strom sparen ist in dem Zusammenhang ein wichtiges Stichwort. Zwei Schlüsseltechnologien nimmt AMD ins Programm, die mit Ryzen im Desktop eingeführt, für den mobilen Markt und Raven Ridge aber leicht angepasst wurden. Mobile XFR ist das erste, also die Takterhöhung über den normalen Rahmen hinaus. Ähnlich wie Intels Notebook-Prozessoren wird Raven Ridge mit einer konfigurierbaren TDP antreten und darf unter gewissen Umständen die TDP kurzzeitig überschreiten und mehr Leistung bieten. Während die Norm 15 Watt sind, kann Raven Ridge auch mit bis zu 25 Watt arbeiten – auf der anderen Seite aber auch nur für 9 Watt konfiguriert sein. Das entscheidet auch hier nicht der Kunde, der OEM muss diesen Rahmen definieren, wobei viele Parameter stimmen müssen, allen voran natürlich die Kühlung. AMDs Beispiel mit 23 Prozent mehr Leistung zeigt die gleiche CPU einmal im 15-Watt-Umfeld und einmal mit der TDP von 25 Watt.

Mobile XFR mit 23 Prozent mehr Leistung von 15 zu 25 Watt cTDP
Mobile XFR mit 23 Prozent mehr Leistung von 15 zu 25 Watt cTDP (Bild: AMD)

Beim Turbo hat die GPU Vorrang

Hinter Precision Boost 2 steckt AMDs Turbo-Technologie. In 25-MHz-Schritten wird der Takt je nach Last und Anzahl aktiver Threads angepasst. Er soll – wie bei Ryzen beworben – „extrem intelligent“ sein und sowohl die Temperatur, die Leistungsaufnahme als auch wirkliche Auslastung der Threads berücksichtigen und so die maximal mögliche Taktreserve zur Verfügung stellen. Liegt die Auslastung der APU bei 95 Prozent oder mehr, wird immer die Grafik bevorzugt, sofern sie auch benötigt wird. AMD weiß, dass sie die größten Leistungsreserven und so auch den größten Vorsprung auf die Konkurrenz bietet.

Aber nicht nur die sichtbaren Änderungen sind bei Raven Ridge und allen voran der Zen-Architektur angepasst worden. Viel mehr noch wurde etwas an der Architektur geändert, die dank optimierter 14-nm-Fertigung in einer Liga mit Intels Prozessoren spielen soll. Eine komplett angepasste Stromversorgung, effektives Power Gating und natürlich Infinty Fabric als Bindeglied für alle sechs Elemente in dem SoC (CPU, GPU, Speicher, Multimedia, Display und I/O) sind AMDs Schlagworte.

Keine Tests, nur ein Ausblick auf die Leistung

Unabhängige Benchmarks gibt es am heutigen Tage keine, denn weder Acer noch HP oder Lenovo können bisher liefern. AMD liefert jedoch einige eigene Werte. Sie sind in der Regel authentisch, die Auswahl der Benchmarks aber geschickt gewählt, damit die Leistung der Konkurrenz etwas niedriger liegt.

Für eine grobe Einordnung sei der von AMD genannte Wert in Cinebench von 719 Punkten genannt: AMD spricht dem Core i7-8550U aber lediglich 498 Punkte zu, es sind jedoch tatsächlich elf Prozent mehr oder 553 Punkte im Test von Kaby Lake Refresh. Das ändert nichts an dem weiterhin großen Vorsprung, den die acht Threads in der Paradedisziplin von AMDs Zen-Architektur abliefern, aber Hersteller-Ergebnisse sind immer zu hinterfragen – zumal sie sich in diesem Fall auch widersprechen. Denn im mXFR-Test spricht AMD der 15-Watt-Variante Ryzen 7 2700U ohne XFR nur noch 448 Punkte zu, mit 25-Watt-Kühlung sind es 553 Punkte. Letztlich bleibt abzuwarten, was die Notebooks im Alltag wirklich leisten, denn dort dürfte das Feld wie auch bei Intel-Notebooks weit streuen – die Kühlung und die Konfiguration durch den OEM macht den großen Unterschied.

Pov-ray skaliert bekanntlich nahezu identisch auf Zen, auch TrueCrypt zählt zu den Stärken. Und wenn es zur Grafik geht, hat Intels iGPU keine Chance. AMD gibt an, viele Spiele in vertretbaren Einstellungen flüssig darbieten zu können.

Drei Hersteller und zwei APUs zum Start – ab 2018 mehr

Zwei APU-Modelle wird es zu Beginn geben, erste Notebooks erscheinen im Jahr 2017 von Acer, HP und Lenovo. Acer will das Swift 3 mit Raven Ridge ab Ende Dezember liefern, Lenovo das IdeaPad 720S (Intel-Variante) hingegen in Deutschland erst im Jahr 2018. Bei HP dürfte es mit dem Envy x360 ähnlich aussehen.

Acer Swift 3 mit Raven Ridge

Single- oder Dual-Channel-RAM

Die drei ersten Geräte bringen Raven Ridge in der Tat in ein bisher für APUs von AMD kaum belegtes Segment. Ein Fragezeichen steht in allen drei Fällen allerdings hinter der Konfiguration: Acer und HP sollen den Arbeitsspeicher laut AMD im Dual-Channel-Modus betreiben, Lenovo hingegen nicht. Bei Acer ist das allerdings nicht in jeder Konfiguration der Fall. Dabei zeigt die Vergangenheit, dass insbesondere APUs mit ihrer starken iGPU von mehr Speicherbandbreite signifikant profitieren können.

Acer Swift 3 mit Raven Ridge
Acer Swift 3 mit Raven Ridge (Bild: AMD)
Lenovo IdeaPad 720S mit Raven Ridge
Lenovo IdeaPad 720S mit Raven Ridge (Bild: AMD)
HP Envy X360 mit Raven Ridge
HP Envy X360 mit Raven Ridge (Bild: AMD)

Erst 2018 soll das Jahr von Raven Ridge werden

AMD selbst hatte bereits vor zwei Tagen im Rahmen der Quartalszahlen erklärt, dass das erste Quartal 2018 das sein soll, das für Raven Ridge dann den echten Startschuss geben wird. Dann soll es weitere Modelle von OEMs geben. Passend dazu tauchten erst vor wenigen Tagen Gerüchte über einen Dual-Core-Ryzen mit Vega-3-Grafik auf – dahinter könnte sich der noch günstigere Einstieg in die Welt der Notebooks verbergen.

Fazit

Die Eckdaten der ersten beiden mobilen Ryzen-CPUs auf Basis von Raven Ridge lesen sich gut. Bei einer TDP von 15 Watt könnten sich Ryzen 5 2500U und Ryzen 7 2700U in der Tat als starke Konkurrenz zu Kaby Lake Refresh von Intel erweisen, im Vergleich der integrierten Grafikeinheiten sogar deutlich. Und auch die ersten angekündigten Notebooks sind prominente Geräte. Der späte Start und die teilweise fragwürdige Konfiguration sind hingegen erste Dämpfer. OEMs gegen die Gewohnheit und die Marktmacht von Intel in Industrie und Handel von Raven Ridge zu überzeugen, wo der Kunde seit Jahren im Notebook nur noch Core i gewohnt ist, wird schwer.

ComputerBase bemüht sich darum, Raven Ridge so schnell wie möglich selbst in Augenschein nehmen zu können. Ohne Hardware der OEMs war und ist das aber noch nicht möglich gewesen.

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