Comet Lake-H: Intel setzt für Notebooks auf Takt, Takt und Takt

Volker Rißka
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Comet Lake-H: Intel setzt für Notebooks auf Takt, Takt und Takt
Bild: Intel

Intel Comet Lake-H für Notebooks bringt keine Steigerung bei den Kernen, sondern primär mehr Takt. Das macht Intel mehr als deutlich und spricht in dem Zusammenhang von den „schnellsten Notebook-Prozessoren“ – so wie jedes Jahr. Aber die hohe Leistung wird potenziell teuer erkauft, denn die configTDP up erlaubt bis zu 65 Watt.

45 Watt TDP für eine Notebook-CPU sind schon lange keine feste Obergrenze mehr, oftmals lagen die Werte in der Praxis deutlich darüber. Der Test des Apple MacBook Pro 16 Zoll mit Intel Core i9-9880H sowie des Gigabyte Aero 17 HDR mit Core i9-9980HK als direkte Vorgängermodelle der neuen CPUs hatten gezeigt, dass sich diese auch im Notebook bis zu 90 Watt in Spitzenlasten und bis zu 80 Watt auf Dauer genehmigen können, wenn der OEM entsprechende Profile setzt.

Die heute für die 10. Generation H-CPUs offiziell erklärten 65 Watt als cTDP up sind deshalb also keine echte Überraschung – und je nach Notebook könnten sie auch noch überschritten werden. So erlauben die Maximalspezifikationen 56 Sekunden mit bis zu 135 Watt beim Acht-Kerner und für Quad- und Hexa-Core-CPUs eine deutliche TDP-Überschreitung von 28 Sekunden. Solche Werte sind nicht neu und in der Regel kaum anzutreffen, nur in großen Desktop-Replacements und AiOs mit größeren Kühlern.

Intel Comet Lake-H mit acht Kernen
Intel Comet Lake-H mit acht Kernen (Bild: Intel)

Mehr Takt durch Turbo 2.0, Turbo 3.0 und TVB

Noch nie zum Start einer CPU-Generation war die Geschichte mit der Frequenzsteigerung jedoch verwirrender als zuvor. Denn die neuen Prozessoren setzen auf bekannte Technologien zur Taktsteigerung, die Intel in unterschiedlichen Bereichen schon einmal probiert oder noch im Einsatz hat:

  1. Der klassische Turbo-2.0-Modus für alle Kerne, mit den jeweiligen Abstufungen, je nachdem, wie viele Kerne ausgelastet werden.
  2. Der Turbo 3.0, vor allem bekannt aus der Core-X-Serie, gilt für die zwei schnellsten Kerne und setzt oberhalb des Turbo 2.0 noch einen drauf.
  3. Und dann gibt es noch den Thermal Velocity Boost (TVB), der im Notebook vor zwei Jahren eingeführt wurde und in strengen Temperaturgrenzen einen höheren Takt freigibt.

Aber wann greift was und wie? Diese Frage hatte Intel im allgemeinen Pressebriefing zu Beginn der Woche nur ungenügend beantwortet. Erst ein zweites Telefonat mit Intel am gestrigen Abend trug zur Aufklärung bei, denn ComputerBase konnte exakt die Fragen stellen, auf die es bisher keine Antworten gab.

Bei Intel rückt Takt noch mehr in den Fokus
Bei Intel rückt Takt noch mehr in den Fokus (Bild: Intel)

Basis für alle Modelle ist nach wie vor der Turbo 2.0. Dieser gilt für alle Kerne in gewissen Abstufungen, je nachdem, wie viele belastet werden. Beim Flaggschiff ist der maximal mögliche All-Core-Turbo beispielsweise mit 4,4 GHz spezifiziert. Auf den Turbo 2.0 setzt der Turbo Boost Max 3.0 auf, der nur für zwei Kerne gilt. Er hebt die Taktfrequenz weiter an. Um wie viel MHz genau, ist je nach Modell unterschiedlich. Vermutlich sind es bis zu 200 MHz, so wie zuletzt in der X-Serie. Laut Intel benötigt der Turbo 3.0 nun keinen Treiber mehr – das war in der X-Serie mitunter noch nötig.

Bei vier von sechs neuen CPUs kommt dann noch der Thermal Velocity Boost (TVB) zum Zuge. Dieser darf bis zu einer Temperatur von 65 Grad Celsius 200 MHz zusätzlich bereitstellen, bis 85 Grad Celsius 100 MHz, darüber arbeitet er nicht mehr. Beim Flaggschiff bedeutet dies 5,3 GHz bis 65 Grad Celsius, 5,2 GHz bei 85 Grad Celsius und bei bis zu 100 Grad Celsius die 5,1 GHz Takt. Diese 5,1 GHz fallen aber bereits in den Bereich des Turbo 3.0, der Turbo 2.0 dürfte vermutlich bei 4,9 GHz liegen und wäre damit nur 100 MHz höher getaktet als beim Vorgänger. Kleinere Core i7 bieten aber nur einen TVB von 100 MHz, was die Sache weiter verkompliziert.

Erneut muss Intel an dieser Stelle dafür kritisiert werden, nicht alle Details offenzulegen. Nie zuvor war die Thematik komplexer: 100 MHz, 200 MHz oder gar 400 MHz, das eine geht, das andere nicht oder nur eingeschränkt und mit weniger Schritten bei kleineren Modellen – der Kunde weiß nicht, was seine CPU kann, außer minimal und maximal.

Modelle in der Übersicht

Mehr Takt durch Turbo-Modi und schnelleren RAM bieten die Comet Lake-H unterm Strich. Der bisherige zweite Core i9 entfällt zudem zum Start, dafür schiebt Intel einen dritten Core i7 an gleicher Stelle ein, der mit nahezu identischen Spezifikationen nun aber nicht an Spieler gerichtet ist, sondern die arbeitende Bevölkerung. Wie bisher, sind alle CPUs mit der UHD-Grafik der Kaby-Lake-Generation ausgerüstet.

Intel Comet Lake-H
Kerne / Threads Basistakt max. Turbotakt Intel TVB L3-Cache Speicher TDP
Core i9-10980HK* 8C/16T 2,4 GHz 5,3 GHz Ja 16 MB DDR4-2933 45 W
Core i7-10875H 8C/16T 2,3 GHz 5,1 GHz Ja 16 MB DDR4-2933 45 W
Core i7-10850H** 6C/12T 2,7 GHz 5,1 GHz Ja 12 MB DDR4-2933 45 W
Core i7-10750H 6C/12T 2,6 GHz 5,0 GHz Ja 12 MB DDR4-2933 45 W
Core i5-10400H 4C/8T 2,6 GHz 4,6 GHz Nein 8 MB DDR4-2933 45 W
Core i5-10300H 4C/8T 2,5 GHz 4,5 GHz Nein 8 MB DDR4-2933 45 W
* unlocked
** teilweise unlocked (4 Multiplikatorstufen + RAM)
Intel-CPU mit acht Kernen alias Comet Lake-H
Intel-CPU mit acht Kernen alias Comet Lake-H (Bild: Intel)

Die Änderungen der Modelle sind gegenüber der bisherigen Generation sehr speziell, mitunter minimal und vor allem durch die Turbo-Modi realisiert. Das Flaggschiff beispielsweise bietet exakt den gleichen Basistakt wie der bisherige Core i9-9980HK, das gleiche gilt für den zweiten Acht-Kerner. Die bisherige Brot- und Butter-CPU in dem Segment, der Core i7-9750H, bekommt als Core i7-10750H ebenfalls nur einen höheren Turbo-Takt spendiert, die sechs Kerne takten in der Basis weiterhin mit 2,6 GHz. Auch die weiteren Modelle unterschieden sich nur im Detail, wie der Blick auf den Vorgänger offenbart.

Intel Coffee Lake-H Refresh
Kerne/Threads Basistakt max. Turbotakt L3-Cache Grafik Grafiktakt Speicher TDP
Core i9-9980HK 8/16 2,4 GHz 5,0 GHz* 16 MB UHD 630 1.250 MHz DDR4-2666 45 W
Core i9-9880H 8/16 2,3 GHz 4,8 GHz* 16 MB UHD 630 1.200 MHz DDR4-2666 45 W
Core i7-9850H 6/12 2,6 GHz 4,6 GHz 12 MB UHD 630 1.150 MHz DDR4-2666 45 W
Core i7-9750H 6/12 2,6 GHz 4,5 GHz 12 MB UHD 630 1.100 MHz DDR4-2666 45 W
Core i5-9400H 4/8 2,5 GHz 4,3 GHz 8 MB UHD 630 1.100 MHz DDR4-2666 45 W
Core i5-9300H 4/8 2,4 GHz 4,1 GHz 8 MB UHD 630 1.000 MHz DDR4-2666 45 W
* mit Intel Thermal Velocity Boost (+200 MHz)

Plattform und Chipsätze

Der HM470-Chipsatz ist das Standardmodell für die neuen Prozessoren. Wie bisher stellt dieser 16 PCIe-Lanes sowie die typischen Anschlüsse wie USB, Audio, LAN und WLAN via CNVi-Anschluss bereit. Mehr gibt es nur für diejenigen, die auf den QM480 und später WM490 zurückgreifen. Letzterer entspricht mit 24 PCIe-Lanes quasi einem Desktop-Chipsatz, die heute bereits zusammen mit der CPU insgesamt 40 PCI-Express-3.0-Lanes bereitstellen, allerdings bei weiterhin nur 3 Watt TDP. Durch die erhöhte Anzahl an PCIe-Lanes sind unter anderem multiple zusätzliche Anschlüsse wie vier Thunderbolt-Ports über zwei interne Zusatzchips möglich. In diesem Punkt gibt es letztlich keine echten Neuheiten, da die Basis für alle Produkte nach wie vor Skylake, Kaby Lake, Coffee Lake & Co. sowie deren jeweilige Chipsatzfamilien sind.

Blockdiagramm  für Intel Comet Lake-H und Plattform
Blockdiagramm für Intel Comet Lake-H und Plattform (Bild: Intel)

Im April sollen die ersten neuen Notebooks mit Comet Lake-H in den Handel kommen, ab Mai die Anzahl deutlich steigen. Gepaart werden sie dafür beinahe immer mit einer Nvidia GeForce, die passend zum heutigen Start ebenfalls als Refresh angekündigt wurde. Mehr als 100 neue Designs erwartet Intel in diesem Jahr, 30 davon in der dünneren und leichteren Gaming-Variante, bei denen das Gehäuse unter 20 mm dick ist. Die Preise sollen bei 700 bis 800 US-Dollar starten, nach oben wie üblich ohne Grenzen.

Die neunte Generation verschwindet jedoch vorerst nicht vom Markt und soll vor allem als günstigere Einstiegslösung großflächig in der Mittelklasse im Markt verbleiben. Entsprechende Lösungen gibt es ab 679 Euro in Deutschland, der mögliche Aufpreis für ein neues Modell wird demnach aller Voraussicht nach marginal ausfallen.

Neue Intel-Notebooks
Neue Intel-Notebooks (Bild: Intel)

Hersteller wie Acer, Asus, Gigabyte, MSI und Razer haben bereits erste Notebooks mit Intels neuen Lösungen vorgestellt, parallel setzen sie auf die neue Generation mobiler GPUs von Nvidia. Die nachfolgende Liste wird fortwährend erweitert:

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Intel unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

Nvidia GTC 2024 (18.–21. März 2024): ComputerBase ist vor Ort!