Mit Terroristen und Entführern verhandeln oder nicht?

Sollte man inoffizielle Verhandlungen führen und Lösegeld zahlen?

  • Ja, immer

    Stimmen: 13 19,7%
  • Nein, niemals

    Stimmen: 38 57,6%
  • Nur bei wichtigen Persönlichkeiten

    Stimmen: 0 0,0%
  • Unentschlossen

    Stimmen: 15 22,7%

  • Umfrageteilnehmer
    66

Odium

Captain
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Okt. 2003
Beiträge
3.615
Hallo zusammen,

ich wollte mal auf ein daueraktuelles Thema zu sprechen kommen. Ich habe hierzu leider wenig Quellen, weil Googlesuchen nach Zahlen von den ganzen Treffern überlagert werden, bei der es ich um Schlagzeilen zu bestimmten Entführungen handelt, die kurzzeitig Medieninteresse wecken.
Entführungen selbst sind in den Jahren nach Husseins Sturz im Irak drastisch gestiegen. In diesem Focusartikel (2005) wird gesagt:
Rund 50000 Iraker sollen in die Entführungsindustrie verwickelt sein. Die geforderten Lösegeldsummen reichen von 2000 bis 1,5 Millionen Dollar.
Dieser Artikel bei Stern (2006) widmet sich dem Preis von Deutschen im Irak, dort werden wir mit "Geldkoffern auf zwei Beinen" verglichen, weil für die Entführung eines Deutschen wohl mehr gezahlt wird als für einen anderen Europäer.

Die Grenze zwischen Terrorismus und normalen Kriminellen, die Leute entführen, verwischt hierbei. Es geht hier jetzt auch nicht um eine eindeutige Definition, wer zu welcher Klasse gezählt werden kann. Mir geht es bloß um das Verhalten, das man mit solchen Menschen zeigen sollte.

Die offizielle Seite ist hierbei eindeutig. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in diesem Artikel (2005)
In dieser schweren Stunde sind unsere Gedanken bei den Angehörigen und Freunden der Betroffenen. Ihnen gilt unser Mitgefühl. Sie können gewiss sein, dass die Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende tun wird, um beide so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen und ihr Leben zu sichern.
Das Auswärtige Amt zählt auf seiner 164 Treffer zum Suchwort Entführung, viele davon betreffen konkrete Reisehinweise in asiatische, afrikanische und südamerikanische Länder. Die offizielle Haltung des AA ist immer die Verhandlung mit Entführern, die Verurteilung der Tat und die Bitte um Freilassung der Geiseln.
Inoffiziell werden Verhandlungsführer losgeschickt, die bestimmte Lösegeldförderungen klären und eine sichere Heimreise garantieren sollen.

Warum ich das hier schreibe, hat einen bestimmten Grund. Denn ich sehe jetzt zum ersten Mal, dass die Geiseln (die meistens vor der Kamera um ihr Leben flehen), nun eine andere Position einnehmen. S. Merz und J. Kantner wurden vor zwei Monaten von somalischen Piraten entführt und sagen sagen hier:
Wir wollten, dass diese Leute ausgeschaltet werden, damit nie wieder jemandem dieses Leid zugefügt wird. Dann wäre unser Tod wenigstens sinnvoll gewesen
[...]
Ich habe nie um Lösegeld gebettelt.
Das ist ziemlich einmalig. Normalerweise verlieren Geiseln während der Entführung und auch danach jede Objektivität und versuchen alles, um in solchen extremen Situationen am Leben zu bleiben.

Die Frage ist also, ob wir mit ausländischen Entführern verhandeln sollten oder nicht. Auf dem Spiel steht das Leben der Deutschen, die im Ausland gefangen werden. Im Moment fährt unsere Bundesregierung zweigleisig. Nach außen hin versucht man hart und unerbittlich zu wirken, lehnt plumpe Zahlungen ab und bemüht sich um Diplomatie. Inoffiziell dagegen arbeitet man mit den örtlichen Behörden zusammen, um die Entführer entweder auszuschalten oder zu bezahlen. Die wesentlichen Impulse dagegen gehen von uns aus. In den Augen der Menschen ist das Leben "unserer" Geiseln eine hohe Summe wert und dabei spielt es keine Rolle, welche Auswirkung dies auf andere, potentielle Entführer haben könnte. Ich bin der Meinung, dass dies wesentlich dazu beigetragen hat, wie sich die Welt in den letzten Jahren entwickelt hat.

Ein Leitsatz sagt: "Never negogiate with terrorists." Das hört man zwar auch von Pressesprechern, aber im Zusammenhang mit Geiseln bricht dieses Gesetz auf.

Und so können wir hier mal darüber reden, ob es vielleicht sinnvoll wäre, eine andere Schiene zu fahren. Um langfristig das Problem der Entführungen in den Griff zu bekommen, muss sich etwas ändern. Doch eine Diskussion darüber ist schwierig, denn hierbei geht es um den Wert eines Menschenleben und daher findet eine öffentliche Diskussion darüber auch gar nicht statt. Doch wir können das vielleicht. Was passiert, wenn unsere Bundesregierung tatsächlich sagt und meint, dass nicht mehr mit Entführern, Terroristen und Hochseepiraten (grade wohl wieder in Mode) verhandeln wird? Wenn wir unseren Touristen und ausländischen Mitarbeitern (Rotes Kreuz etc) sagen, dass die Regierung nichts tun wird, um ihr Leben zu retten? Wäre das möglich? Wäre das überhaupt sinnvoll?
 
Zuletzt bearbeitet:
also ich bin gegen verhandeln weil, wenn die terroristen kidnapper usw. wissen das es was zu hohlen gibt wird es immer leute geben die versuchen zu erpressen
aber wenn von anfang an klar ist das es nichts gibt wiso sollte es sich dann für diese leute lohnen?
 
Ich war noch ziemlich jung, als 1977 der deutsche Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer entführt wurde. Trotzdem bekam ich den Rummel in den Medien und auf den Straßen mit (Polizisten trugen Maschinenpistolen bei Verkehrskontrollen). Damals entschied ich mich für die Strategie, niemals einer Forderung nachzugeben.

Das gilt unabhängig von der Art und der Höhe der Forderung, sei es nun die Freilassung von Gesinnungsgenossen oder die Zahlung einer Geldsumme. Nur wenn man nie zahlt und nie nachgibt, wird den potenziellen Entführern klar, dass sie mit einer Geiselnahme absolut nichts erreichen können.

Für den Betroffenen, seine Familie und seine Freunde ist das ein sehr hoher Preis, ich weiß. Aber wenn z. B. Kriminelle im Irak herausfinden, dass sich die Entführung von Deutschen sehr wohl lohnen kann, dann hat das nie ein Ende.


Wenn man die ganz harte Schiene fährt, bedeutet das z. B. für Banküberfälle mit Geiselnahme: Die Geiselnehmer bekommen zunächst die Möglichkeit zur Aufgabe. Wenn sie nicht aufgeben, wird die Bank gestürmt (oder gesprengt). Die Geiseln (einige oder alle) wären die Opfer. Doch für die Bankräuber wäre zugleich klar, dass sie die Bank nicht lebend verlassen werden, wenn sie nicht nachgeben. Das könnte eine Form der Abschreckung sein, auch wenn ich nicht glaube, dass es für diese Vorgehensweise einen gesellschaftlichen Konsens gäbe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde auch, das einer terroristischen Forderung bzw. einer Lösegeldforderung niemals nachgegangen werden sollte - von öffentlicher Seite. Ein Staat oder eine öffentliche Institution darf niemals erpressbar sein, vor allem darf es keine Präzendenzfälle geben, die andere Täter zur Nachahmung verleiten.
Von daher ist die einzige Verhandlungsbasis die Forderung, die Entführten ohne Bedinungung freizulassen und/oder alle terroristischen Handlungen einzustellen.

Anders sehe ich das im privaten Umfeld. Wenn ein Mitglied einer Familie entführt wird, dann kann und darf die Familie dem Erpresser ein Lösegeld zahlen. Privatpersonen sind leider immer erpressbar, es sei denn, jemand ist völlig abgebrüht und bliebt auch eiskalt im Falle einer Familientragödie. Das muss aber völlig privat bleiben, der Staat darf auch hier nicht finanziell eingreifen, sondern sich nur in die Aufklärung und Strafverfolgung einschalten.
 
keshkau schrieb:

Würde ich im Augenblick nicht entscheiden wollen. Für meine Kinder würde ich wohl auf eventuelle Forderungen von Erpressern/Entführern eingehen.
Du würdest dich hinstellen und sagen "Nein, für meine Kinder zahle ich kein Lösegeld"?
 
Ich stelle mich hin und sage: "Ich bin nicht erpressbar" bzw. "Ich lasse mich nicht erpressen". In diesen kurzen Sätzen sind keine Ausnahmen formuliert - und genau so ist das auch zu verstehen.

(Ich weiß schon, warum ich nie Kinder haben wollte).

Dabei fühle ich mich auch nicht schuldig. Wenn jemand sagt: „Entweder Du zahlst oder ich erschieße Deine Freundin, Deine Schwester, …“, dann ist das ganz allein seine Entscheidung. Ich habe nicht den Finger am Abzug, ich fühle mich nicht zum Schießen genötigt und ich drücke auch nicht ab. Das muss der Erpresser mit sich selbst ausmachen und dafür seinen Kopf hinhalten. Aber ohne mich.
 
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Bei solchen Dingen sollte man eng mit dem Staat in dem die Entführung geschehen ist zusammenarbeiten und per Nachrichtendienst und KSK Einsatz handeln. Das ist eigentlich auch so meine Vermutung, dass das im Hintergrund so gemacht wird. Natürlich muss sowas im Verborgenen bleiben, sonst empören sich Hinz und Kunz dann wieder in der Öffentlichkeit.
Erpressen lassen darf man sich auf keinen Fall.
 
Das ist eine schwierige Frage ich finde, normalerweiße sollte nicht gezahlt werden, dann ist aber derjenige mit ziehmlicher sicherheit TOD, und wird mann dann doch lieber zahlen, Geld kann ersetzt werden der Mensch nicht.

Die Regierung sollte natürlich nicht darauf eingehen, was Sie ja Offiziell auch nicht tut Inoffiziel sind bei den letzten Entführungen meines wissens immer Gelder geflossen.

Wenn mir diese Situation Privat passieren würde würde ich ebenfalls zahlen, aus dem folgenen grund das ich diese Person(wenns Familie ist) wieder lebendig sehen will, weil was habe ich davon auf Prinzipien herummzureiten wenn dann der Geliebte Mensch Tod ist.

Aber ich würde auch hoffen das die Polizei als solche, die Geiselnehmer dingfest macht, sollte troz Zahlung diese Person sterben, währe mir von diesem augeblick an das Gesetz egal und ich würde versuchen diese Elemente zur strecke zu bringen mit allen mitteln die mir zur vefügung stehen.

UP: wie the witcher unter mir schrieb wenn jemand in ein Land reist wo bekannt ist das es viele entführungen giebt oder ein Kriesengebiet ist sollte nicht gezahlt werden da ist derjenige selber schuld, anders ist das vielleicht bei Hilfsorganisationen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin auch dafür das bei solchen fällen kein lösegeld gezahlt werden sollte.
und zwar aus dem einfachen Grund, das die leute ganz genau wissen das es in diesen gebieten sehr gefährlich ist.
Und deshalb sollte man auch keinen cent Lösgeld bezahlen, den letztendlich ist der steuerzahler wieder der dumme der den schaden bezahlen muss.
Nur weil manche leute so dämlich sind und sich unnötig in Gefahr begeben müssen, eig. sollte man ja davon ausgehen können das man ab einem gewissen alter reif genug ist und man weiß was man tut.
Auch wenn es letztendlich vielleicht den Tod für die leute bedeutet, aber soll etwa immer die allgemeinheit dafür aufkommen wenn andere menschen selbstverschuldet im schlamassel sitzen?
ich denke nicht!

mfg
 
Noch ein interessante Kleinigkeit: Die Bild titelt "Somalia-Geiseln flehen um Hilfe!" während der Mann selbst sagt, dass er nie wegen eines Lösegeldes befreit werden wollte.
Hierbei taucht in den Boulevard-Artikeln nie auch nur ein alternativer Ansatz auf, der kein Lösegeld beinhaltet. Stattdessen werden die Forderungen der Entführer immer mitangegeben. Das widerspricht dem bisherigen Bild hier im Forum, nachdem man kein Lösegeld zahlen sollte.
Mein Fazit: Entweder sind die Leute hier sehr kurzsichtig was solche Entführungsgeschichten angeht oder es interessiert niemanden ernsthaft, dass dieses Geschäft jemals aufhört.
 
Wenn Deutschland weltweit 80 Mio. Euro an Lösegeldern.pro Jahr zahlen müsste, dann wäre das gerade einmal ein Euro pro Einwohner. Also Peanuts. Das hätte allerdings den Nachteil, dass man sich im Ausland quasi zu einer lohnenswerten Zielscheibe machen würde. Man könnte sich fast schon "sicherer" fühlen, wenn die ganze Welt wüsste, dass für unsere Köpfe nicht gezahlt wird.
 
Interessant finde ich auch das Phänomen, dass z.B. der deutsche Staat als direkter Ansprechpartner für die Forderungen von Terroristen angesehen wird und die Summen bereitstellt. Schon eigenartig, denn erstmal wäre doch die Familie des oder der Entführungen angesprochen? ;)

Wie wäre es mit einer Terroristenversicherung? Diese würde dann im Falle einer nachgewiesenen Entführung das Lösegeld zahlen. Allerdings wäre es hier nicht gerade einfach, Missbrauch auszuschließen. Also Personen, die einen Entführung inszenieren, um an die dt. Lösegelder zu gelangen.


Haha, die Option »Nur bei wichtigen Persönlichkeiten« ist ja wohl der Witz. Gerade Promis könnten das doch aus eigener Tasche bezahlen.
 
Ich bin mir nicht sicher, dass der Staat ganz allein alle Kosten übernimmt. Ebenso denkbar wäre: Der Staat schießt das Geld vor und wendet sich anschließend an den Entführten bzw. an seine Familie, um zu prüfen, ob sich das Geld (oder ein Teil der Kosten) von denen zurückfordern lässt.
 
Das kann ich mir nicht vorstellen das der Staat das Geld zurückverlangt, kann er ja auch normalerweiße nicht da er ofieziell keine Lösegelder zahlt, und der Entführte kann meistens auch nichts dafür, und es ist die Pflicht des Staats sich um seine Einwohner/Volk zu kümmern, ob er nun Geld zahlt oder einen Elitetrupp schickt.
 
Zuletzt bearbeitet:
einen gewissen teil der kosten muss man selbst tragen z.b. musste eine 2003 entführte frau 12600€ für den hubschrauber transport bezahlen, was meiner meinung nach immernoch zu wenig ist.

@keshkau
dieser 1€ wäre mir schon zu viel!
Den ich sehe es absolut nicht ein warum die allgemeinheit für die dummheit anderer aufkommen sollte!

mfg
 
Wie seht ihr das bei Entführern im eigenen Land? Hier wurden ja auch schon viele Leute entführt, um von wohlhabenden Familien Lösegeld zu erpressen. Der Staat hält sich raus, das ist ok, aber privat?
Das Theme Entführung ist ja nun mal nicht nur auf den Nahen Osten und Afrika beschränkt, auch wenn es hier selten ist.
 
@Fu Manchu
Ich denke das ist ne schwierige angelegenheit in dem Fall hat sich das opfer ja nicht selbst in Gefahr gebracht, da es ja in Deutschland entführt wurde.
Von daher würde ich es in dem Fall angebracht finden, wenn der Staat die kosten für das Lösegeld übernimmt.
Da er ja in seiner Aufgabe dem Bürger schutz zu gewähren versagt hat.

mfg
 
the witcher schrieb:
...Von daher würde ich es in dem Fall angebracht finden, wenn der Staat die kosten für das Lösegeld übernimmt....

Der Staat sollte sich IMO hier heraushalten, weil er auch in dem Beispiel ein schlechtes Vorbild für Nachahmer wäre. Der Staat sollte nur im Falle der Aufklärung und Strafverfolgung tätig werden.
Die Privatperson/Familie kann aber in dem Fall nicht anders.
 
@Fu Manchu
das seh ich anderst, man sollte es vielleicht nicht öffentlich machen.
Da es sonst andere leute zum nachahmen animieren würde, aber innerhalb von Deutschland sollte man sich eig. sicher fühlen können ich mein für was gibt es den polizisten.
klar die können nicht überall sein, aber ich denke mal die überwachung von potenzielen entführern die ja hauptsächlich zur zeit aus dem islamistischen kreis stammen dürfte kein problem darstellen.

mfg
 
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