Netzneutralität: Mehrheit will gleichen Datenverkehr für alle

Andreas Frischholz
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Netzneutralität: Mehrheit will gleichen Datenverkehr für alle
Bild: Backbone Campaign | CC BY 2.0

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen spricht sich für die Netzneutralität aus. So hat eine Umfrage des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) ergeben, dass rund Dreiviertel der Befragten sich dafür aussprechen, den Datenverkehr im Internet gleich zu behandeln.

Gleiche Regeln für Bürger und Unternehmen

Ermittelt wurden die Ergebnisse von dem Institut Dimap, das die als repräsentativ bezeichnete Umfrage im Auftrag des DIVSI durchgeführt hat. Mit 74 Prozent lehnt demnach eine Mehrheit ab, dass man gegen Bezahlung einen schnelleren Datentransfer erhalten kann. Je nach Alters- und Berufsgruppe variieren die Angaben allerdings, unter Freiberuflern und Selbstständigen liegt die Zustimmungsrate für strikte Netzneutralitätsregeln sogar bei 86 Prozent. Insgesamt sind es 18 Prozent, die sich dafür aussprechen, durch Extragebühren eine schnellere Datenanbindung zu erhalten.

Abgefragt wurde außerdem auch noch, was passieren soll, wenn die Netze überlastet sind. In solchen Fällen sind 36 Prozent dafür, dass die Daten von Unternehmen vorrangig behandelt werden. Mit 55 Prozent sagt aber auch bei dieser Frage eine Mehrheit, dass der Datenverkehr trotz kritischer Lage gleichbehandelt werden soll.

DIVSI-Direktor Matthias Kammer wertet die Ergebnisse als klares Votum gegen ein Zwei-Klassen-Internet. „Die Netzneutralität muss gewahrt bleiben und die verantwortlichen Stellen sollten auf keinen Fall zulassen, dass Menschen benachteiligt werden, weil sie sich eine Bevorzugung finanziell nicht leisten können“, so Kammer.

Keine Fragen zu Zero-Rating-Angeboten wie StreamOn

Ausgehandelt werden die grundsätzlichen Vorgaben für die Netzneutralität derzeit aber vor allem in den USA. In Europa sind die Regeln durch die EU-Verordnung vergleichsweise klar. Es existieren jedoch Ausnahmen, das gilt allen voran für Zero-Rating-Angebote wie StreamOn von der Deutschen Telekom sowie Vodafone Pass. Buchen Mobilfunkkunden der Anbieter diese kostenlose Zusatzoptionen, wird der Datenverkehr von Partnerdiensten nicht auf das monatliche Inklusivvolumen angerechnet. Kritiker bezeichnen das bereits als Verstoß gegen die Netzneutralität, die Bundesnetzagentur hat bestimmte Aspekte von StreamOn verboten.

Anbieter wie die Deutsche Telekom verweisen aber stets auf die Beliebtheit der Dienste, wenn sie die Zero-Rating-Angebote gegen striktere Auflagen verteidigen. So verkündete die Telekom zum Jahresende 2017, bereits mehr als 700.000 Kunden hätten StreamOn gebucht. Mittlerweile sollen es eine Million sein. Interessant wäre daher nun, wie die Haltung der Bevölkerung zu solchen Angeboten ist. Da geht es dann insbesondere um die Frage, ob Kunden bereit sind, persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, um die Grundsätze der Netzneutralität zu schützen. Beides wurde in der DIVSI-Studie aber nicht abgefragt.

StreamOn-Zukunft entscheidet sich in den nächsten Wochen

Wie es mit StreamOn weitergeht, entscheidet sich derweil in den nächsten Wochen. Bis Ende März hat die Telekom Zeit, um die Auflagen der Bundesnetzagentur umzusetzen. Dazu zählt ein Ende der reduzierten Übertragungsqualität von Video-Streams bei den MagentaMobil-L-Tarifen, ebenso darf die Telekom StreamOn nicht mehr vom Roam-Like-At-Home-Prinzip der EU ausnehmen. Der Bonner Konzern wehrt sich aber gegen den Beschluss und versucht außerdem noch, die Frist für die Umsetzung der Auflagen bis Ende März per Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Köln aufzuheben.

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