350-Watt-Netzteile im Test: Ein ganzes Testfeld patzt bei den Schutzschaltungen

Hendrik Engelbertz
141 Kommentare
350-Watt-Netzteile im Test: Ein ganzes Testfeld patzt bei den Schutzschaltungen

Einleitung

Ein Blick in das Testarchiv von ComputerBase zeigt: Netzteile mit weniger als 400 Watt Gesamtleistung im ATX-Format wurden in der letzten Zeit eher stiefmütterlich behandelt. Die letzten Einzel- und Vergleichstests sind bereits über ein Jahr alt. Höchste Zeit, die seitdem neu erschienenen Produkte in einem Roundup zu vergleichen.

Technische Eckpunkte

Obwohl mit einer identischen Gesamtleistung von 350 Watt versehen, ist das Angebot in diesem Vergleichstest bunt gemischt: Den günstigsten Einstieg mit Kaufpreisen von weniger als 30 Euro bilden die Netzteile von LC-Power und Xilence. Sie richten sich eigentlich in erster Linie an Systemintegratoren und nicht an Endkunden, sind aber trotzdem überall zu bekommen. Auch das geringfügig teurere Corsair VS350 ist in erster Linie auf Grundbedürfnisse ausgelegt. Mit einem Kaufpreis von knapp 40 beziehungsweise knapp 50 Euro stellen Super Flower und Sea Sonic die teuersten Netzteile im Vergleich – entsprechend hoch ist auch die Erwartungshaltung.

Hersteller Corsair LC-Power Sea Sonic Super Flower Xilence
Modell VS350 LC500-12 S12II-350Bronze Bronze FX
350 Watt
Performance C
(XP500R6)
Effizienz - 80Plus Bronze
Lüfter 120 mm
Einbautiefe 140 mm
AC Input Voltage 200-240 V, 47-63 Hz 230 V, 50 Hz 100-240 V, 50-60 Hz 200-240 V, 50 Hz
DC Output +3,3 V 14 A 21 A 12 A 18 A 15 A
+5,0 V 14 A 15 A 16 A 18 A 12 A
+12 V1 25 A 11 A 27 A 26 A 15 A
+12 V2 - 14 A 15 A
-12,0 V 0,3 A 0,5 A 0,3 A 0,5 A 0,3 A
+5 Vsb 2,5 A 2 A 2,5 A 3 A
+3,3 V & +5 V Comb. 90 W 103 W 82 W 90 W 103 W
+12 V Comb. 300 W 324 W 312 W 300 W
Gesamtleistung 350 W

Neben der identischen Gesamtleistung fallen weitere Gemeinsamkeiten der Testkandidaten auf: Mit erfreulich kurzen Abmessungen von 14 Zentimetern in der Länge sollten alle Netzteile problemlos in herkömmliche Gehäuse passen.

Negativ fallen allerdings die Produktbezeichnungen von LC-Power und Xilence auf: LC500-12 und XP500R6 suggerieren 500 Watt starke Netzteile, tatsächlich haben die Produkte damit jedoch nicht viel zu tun – Xilence nimmt hier lediglich die nur kurzzeitig abrufbare Maximalleistung des Netzteils als Grundlage. Die Kehrseite der Nomenklatur: Auch im Handel und im Preisvergleich wird das Xilence Performance C allerorten mit 350 Watt fälschlicherweise als 500-Watt-Netzteil geführt. Das LC500-12 ist im Preisvergleich richtiger Weise als 350-Watt-Netzteil eingeordnet, allerdings nutzen einige Händler die ähnliche Namensgebung zum technisch veralteten Vorgänger LC500H-12 aus – Kaufinteressenten sollten die genaue Produktbezeichnung daher im Auge behalten.

Zweiter Haken bei LC-Power: Das 80Plus-Bronze-Zertifizierung trägt das Netzteil zu Unrecht, da es über keinen 115-Volt-Spannungseingang verfügt – die Zertifikate wurden nur bei dieser Spannung ermittelt. Zwar wurde eine passende 230-Volt-Zertifizierung nachgereicht, diese findet sich jedoch noch nicht auf der Verpackung des Testmusters wieder.

Deutlich unproblematischer geht es bei den etwas teureren Testkandidaten zu: Corsair wirbt seit einigen Tagen bei den neu im Handel erhältlichen Netzteilen mit einer 80Plus-Zertifizierung im 230-Volt-Netz, das Testmuster in diesem Test muss jedoch noch ohne eine Zertifizierung auskommen. Die Netzteile von Sea Sonic und Super Flower sind mit 80Plus Bronze ausgezeichnet und besitzen auch die technischen Voraussetzungen dafür.

Diese Kandidaten bieten auch die höchste Leistung auf der in heutigen Systemen besonders geforderten 12-Volt-Schiene, die günstigeren Netzteile liegen mit mit nur 300 Watt etwas zurück. Erstaunlich: Die Netzteile von LC-Power und Xilence verfügen laut Hersteller als einzige Netzteile im Test über ein Multi-Rail-Layout, zudem gleichen sich die Netzteile auch hinsichtlich der Leistungsangaben deutlich – scheinbar wurden beide Netzteile für die Anforderungen eines identischen Kundenkreises hin entwickelt.

Übersicht Schutzschaltungen
Corsair LC-Power Sea Sonic Super Flower Xilence
Unterspannungsschutz (UVP) ja
Überspannungsschutz (OVP) ja
Kurzschlusssicherung (SCP) ja
Überlastschutz (OPP) ja
Überstromschutz (OCP) ja nein ja nein
Überhitzungsschutz (OTP) ja nein

Hinsichtlich der Schutzschaltungen gibt es deutliche Unterschiede: Das vergleichsweise günstige Corsair VS350 kann sich als Spitzenreiter behaupten und bietet als einziges Netzteil neben dem Überstromschutz (OCP) auch den Überhitzungsschutz (OTP). Super Flower kann immerhin noch beim Überstromschutz mithalten, alle anderen Netzteile bieten nur die Grundausstattung an Schutzschaltungen. So wird auch das Multi-Rail-Layout von LC-Power und Xilence hinfällig, denn eine Aufteilung auf mehrere Stromschienen ist ohne OCP nur mit einem enormen technischen Aufwand möglich.

Garantie

Bei den günstigen Netzteilen von Xilence und LC-Power lassen sich keinerlei Hinweise auf die Garantiebedingungen finden – eine Nachfrage ergab eine zweijährige Herstellergarantie bei beiden Herstellern mit einer Garantieabwicklung über die Händler.

Corsair und Super Flower bieten eine dreijährige Garantielaufzeit, auch eine Direktabwicklung über die Hersteller ist möglich. Für Corsair ist ein deutsches Servicecenter zuständig, für das Bronze FX gelten hingegen dieselben Richtlinien wie bei anderen Netzteilen von Super Flower: Im Garantiefall kann das Netzteil entweder beim Händler reklamiert oder direkt beim deutschen Distributor Caseking eingeschickt werden. Das Einsenden von Produkten an den Hersteller, die bei anderen Händlern gekauft wurden, erfolgt auf eigene Kosten, weswegen Caseking den regulären Weg über die Händler empfiehlt.

Sea Sonic bietet ebenfalls eine Direktabwicklung an, Kunden können sich an den deutschen Support (support@seasoniceu.com) wenden. Zudem fällt die Herstellergarantie mit einer Laufzeit von fünf Jahren am längsten aus.