Leserartikel Tectonic BMR, gute schwebende Kopfhörer zum nachrüsten?

nr-Thunder

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Edit 19.04.2021. Es wird ein Nachtest folgen, die BMR mit einem AMP und dem Custom Teensyaudio/Arduino Board was sich aktuell noch in der Beta befindet. Wer Interesse an den Lautsprechern hat, sollte warten. Denn mit AMP/Board ist das Ergebnis ein komplett anderes.

Da ich eine ähnliche Soundlösung von der G2 kannte, wollte ich die Tectonic BMR (Datenblatt: TEBM35C10-4 BMR) zum nachrüsten mal testen, in der Hoffnung dass sie ein vergleichbares Ergebnis liefern. Mehr zu den Tectonic BMR gibt es hier zu lesen, bei der Valve Index und der G2 werden nochmal speziell angepasste Tectonic BMR genutzt, es sind nicht die gleichen wie die hier getesteten. Ear Speakers - Deep Dive - Valve Index® - Upgrade your experience - Valve Corporation (valvesoftware.com)

Gekauft wurde dieses Set von prettygood3d für die Quest 2, für circa 44€. Der Versand aus Kalifornien hat 2 Wochen gedauert. Zollgebühren musste ich nicht zahlen, da der Warenwert mit 10€ deklariert wurde.
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Zusammenbau
Laut der bereitgestellten Anleitung sollte das Ganze eigentlich innerhalb weniger Minuten erledigt sein, stattdessen gab es aber mehrere Stellen die ich Nachbearbeiten musste. Zuerst das Anstecken des Kabels an die Treiber, hier sind alle Metalclips zu eng. Weder mit den Fingern, noch mit einer Wasserpumpenzange, ließen sie sich reindrücken. Bevor ich etwas abbreche, habe ich mit einer dicker werdenden Pinzette die Clips leicht aufgebogen, mit einem dünnen Schlitzschraubenzieher geht es aber auch. Damit ließen sie sich leicht aufstecken, wenn sie dann zu locker waren habe ich sie nochmal mit einer Spitzzange zusammengedrückt. Das war dann dann auch fest, abziehen konnte ich sie nicht mehr.
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Die zweite Baustelle war das Zusammenpressen der Plastikteile. Zusammengefasst, die Spielräume sind überall zu gering, man hat sehr geringe Spaltmaße. Die Lautsprechertreiber ließen sich nicht reindrücken, und auch die Plastikabdeckung hat einfach nicht draufgepasst. Erst nachdem ich bei jeder Kontaktfläche ungefähr 1mm Material mit einem Maniküre Set abgetragen habe, konnte ich alles zusammenstecken. Dazu eine kleine Bilderserie.
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So wurden aus 5 bis 10 Minuten werkzeugloser Montage, 1 Stunde mit mehreren Werkzeugen. Das Plastik ist 3D gedruckt, dass die Teile also größere Abweichungen haben ist nicht überraschend. Aber wenn man schon große Toleranzen einkalkulieren muss, sollte man nicht auf ein Stecksystem setzen bei dem 0,5-1mm Material mehr dafür sorgen, dass es sich nicht montieren lässt. Dass ich Pech hatte glaube ich nicht, beide Kopfhörer ließen sich gleich schlecht zusammenbauen und mussten nachbearbeitet werden. Aber komplett unzumutbar ist es nicht.

Sound
All das wäre vergessen, wenn sie denn gut klingen. Getestet werden sie an der Quest 2, aber auch am PC um mit einem Equalizer vielleicht mehr rauszuholen. Beweisen müssen sie sich gegen meine ähnlich teuren KSC75 (Kramer Mod) die ich bisher in Kombination mit der Quest 2 genutzt habe. Mit der Reverb G2 die auf ein ähnliches Design setzt kann ich sie nicht mehr direkt vergleichen, da ich sie verkauft habe. Aber es gab ein paar deutliche Unterschiede, da reicht auch meine Erinnerung noch aus.

Lautstärke
Da ich nicht den Elite Strap besitze, habe ich sie erst einmal provisorisch befestigt. Ich hab zuerst noch die KSC75 dran gelassen, aber später dann entfernt.
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Der erste Eindruck? Viel zu leise, die integrierten Lautsprecher der Quest 2 sind auf maximaler Lautstärke lauter, das hat keine Präsenz. Der Abstand durch den Befestigungsclip ist ziemlich groß, wenn ich sie frei Hand an meine Ohren drücke werden sie um einiges lauter.

Zweiter Versuch, mit Velcro außen am Headstrap befestigt.
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Besser, jetzt ungefähr so laut wie die integrierten Lautsprecher der Quest 2. Für Musik vielleicht laut genug, aber zum Zocken für mich immer noch zu leise. Es ist einfach irritierend, wenn z.B. in Alyx irgendwer spricht, aber es leiser klingt als man es erwartet.

Letzter Versuch, diesmal wurden die Kopfhörer innen am Headstrap befestigt.
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Jetzt liegen sie schon fast am Ohr auf, eigentlich nicht Sinn der Sache, aber mit den anderen Befestigungen muss ich den Klang gar nicht im Detail bewerten, weil das zu leise ist um wirklich Spaß zu machen. In dieser Position habe ich zumindest ein wenig Spielraum, sodass ich je nach Anwendung von der maximalen Laustärke auch eine Stufe runter gehen kann. Und ja das ist jetzt lauter als die Quest 2 Lautsprecher, immerhin.

Klangverhalten
Vorweg möchte ich sagen, dass die Tectonic BMR nicht direkt schlecht klingen. Aber an die G2 kommen sie überhaupt nicht ran. Dadurch, dass sie so nah am Ohr liegen müssen, um überhaupt laut genug zu sein, verlieren sie etwas vom offenen Klang und wirken weniger räumlich, als man es von so einer Lösung erwarten würde.

Das nächste Problem, ist der „nicht“ vorhandene Bass. Oben rum klingen sie eigentlich recht in Ordnung, aber man will sie aufgrund des schwachen Basses lauter stellen als eigentlich nötig, wodurch sie dann zu viel Treble haben. Dass bei solchen freischwebenden Lösungen der Bass weniger ausgeprägt ist, war zu erwarten, auch die G2 hatte nicht viel Bass. Aber hier fehlt er geradezu. Anders als bei der G2, kann ich nicht einfach über Windows einen Bassboost aktivieren, der den Höhen lastigen Klang etwas ausgleicht. Auch wenn ich sie am PC (ALC1200) anschließe, ans Ohr halte, und mit Voicemeeter die Lautstärke verstärke und am Bassregler rumspiele, kann ich sie ein wenig lauter und ausgeglichener einstellen. [Nachtrag]: Auf den vorherigen Satz will ich nochmal eingehen, weil sich das so liest als ob ich mit Voicemeeter nichts erreicht hätte. Das Ergebnis ist durchaus um einiges besser, würden sie sich so anhören an einem normalem Aux, ohne Softwaretricks, wären sie sogar ziemlich in Ordnung. +12db Gesamtverstärkung (kein übersteuern) +6db Bassverstärkung, dann gibt es auch ein wenig Bass mit rundem Sound, also sie können physisch mehr. Für "Abstand 2" reicht es mir allerdings immer noch nicht beim Zocken, eine "gesunde" Lautstärke für Musik oder Filme, aber nicht genug um mittendrin zu sein. Voicemeeter wollte nicht mit Virtual Desktop funktionieren, es ist sowieso fraglich ob die Quest 2 die Leistung dafür hat. Und ein mobiler DAC wie der Fiio Q1 II müsste nochmal eine Schippe auf die Lautstärke drauflegen.[/Nachtrag] Aber es kommt trotzdem nicht an die G2 ran, die wenn man den Abstand größer hält immer noch lauter, ausgeglichener, und räumlicher ist. Damit sind diese Lautsprechertreiber meiner Meinung nach nicht für einen einfachen Aux-Anschluss gemacht, vielleicht noch mit einem sehr guten DAC. Ich habe auch nochmal versucht sie mit Baumwolle etwas abzudichten, da es sich nicht verbessert hat, habe ich sie wieder entfernt.
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Nachtrag: Ein Soundsample sagt mehr als tausend Worte. Aufgenommen mit einem BOYA M1 welches direkt auf den Lautsprechergrill drückt. Windows auf 100%. Als Soundclip diente die Woojer Edge Demo.
Quest 2 (Mikrofon auf Ohrposition)

Tectonic BMR


KSC75



Die KSC75 sind in allem besser als die Tectonic BMR, Punkt. Beim Vergleich G2 vs KSC75 stehen sich irgendwo noch offenerer Sound und mehr Bass gegenüber, was es zu einer Geschmacksfrage macht was man als immersiver oder präsenter empfindet. Aber den Tectonic BMR fehlt wie bereits angesprochen diese Präsenz. Die KSC75 klingen schon ziemlich offen, die G2 konnte sich hier noch merklich abheben, die Tectonic BMR aber nicht. Und wenn ich mit den KSC75 in Alyx oder Pistol Whip rumschieße, haben die Waffen einen gewissen Wumms. Die KSC75 sind keine Bassmonster, aber gut genug damit man Klang in gewisser Weise fühlt. Und dieses Gefühl kommt bei mir mit den Tectonic BMR nicht auf, selbst wenn es laut knallt hört man die Höhen, aber unten rum fehlt das Feedback. Es geht dabei nicht nur um einzelne Soundeffekte, selbst wenn man im Spiel einfach rumsteht und Wind oder andere atmosphärische Klänge hört, fehlt der raumfüllende Druck. Wer eine Quest 2 hat, kann es selbst testen und einfach mal seine Hände ans Ohr halten, die Tectonic BMR klingen von der Abstimmung ähnlich, nur etwas höher aufgelöst.
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Komfort
Theoretisch besitzen ja schwebende Kopfhörer maximalen Komfort. Mit meiner Bastellösung konnte ich dafür sorgen, dass sie fest an Ort und Stelle bleiben. Aber da sie ziemlich nah am Ohr liegen müssen um laut genug zu sein, würde ich sagen dass sie hier sogar unbequemer als die KSC75 sind, weil das nackte Plastik ab und zu ans Ohr kommt. Die KSC75 mit Ohrbügel sind für mich was Kopfhörer angeht mit das bequemste überhaupt, wiegen nichts, drücken nicht, und allzu warm wird es auch nicht.

Fazit
Keine Kaufempfehlung. Allen voran ist die geringe Lautstärke das größte Problem, beim gewünschten Abstand klingen sie fast wie die Lautsprecher der Quest 2, das sind keine Unterschiede die einen Kauf rechtfertigen würden. Das ist auch nicht allein die Schuld der Quest 2, am PC hatte ich das gleiche Bild, erst mit Voicemeeter konnte ich das mögliche Potential erahnen. Die Lautsprechertreiber sind nicht schlecht im eigentlichen Sinne, aber zu ineffizient um an einem gewöhnlichen Aux-Eingang ihr Potential auszuschöpfen. Was den Klang angeht, ist für mich die Immersion wichtiger als die Qualität für den Musikgenuss. Aber die Immersion die man von solchen Lautsprechertreibern erwarten würde, wenn man die G2 oder die Index vorher gehört hat, will hier nicht aufkommen. Selbst halbwegs gute aufliegende Kopfhörer sind immersiver, weil die Tectonic BMR den Vorteil der Räumlichkeit durch den geringen nötigen Abstand verspielen. Womöglich würden sogar solche Elefantenohren eine ähnliche Verbesserung bringen, wenn es ungefähr so klingt wie wenn man sich die Hand ans Ohr hält.

Wer günstige und gute Kopfhörer für VR sucht, dem kann ich die KSC75 für 30-35€ nur ans Herz legen. Klingen nochmal besser als die Koss Porta Pro, und mit Bügel geht es eigentlich kaum bequemer (z.B. hier für 5€, nutze ich für meine Porta Pro). Auch ohne Kramer Mod klingen sie super, sehr räumlich, klar genug, laut genug, etwas Bass, sie machen einfach Spaß.

Edit:
Ich habe mich mit dem Verkäufer auf Reddit unterhalten, nachdem er ein Bild von den Kopfhörern mit DAC gepostet hat war ich schon ein wenig frustriert. Aber er war nett, und er hatte auch ein paar KSC75 als Referenz. Er meinte dass sein Komfort Setting bei ~70% liegt (5 leere Balken), was 85% (2 leere Balken) bei den BMR entspricht, während ich die KSC75 mit voller Leistung oder einem leeren Balken betreibe. Entweder er hat verdammt gute Ohren, oder er bevorzugt es sogar leiser. Die Quest 2 wird ähnlich laut, wer also eher 3-5 Balken weniger bei den integrierten Lautsprechern einstellt, kann vielleicht damit glücklich werden.
 
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Danke für deinen Test. Der KSC75 ist doch der Nachfolger vom porta pro oder? Empfehlen kann ich noch den igrado, hat sehr hochwertige Treiber, nur die Konstruktion ist gewöhnungsbedürftig und man muss mittig ein 5 cent großes Stück aus dem Schaumstoff rausschneiden, damit sie gut klingen. Seeehr linear, allerdings reicht der Bass nicht sonderlich tief, allerdings tiefer als index u. g2.
 
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@kellerbach Weiß nicht ob man da von Nachfolger überhaupt sprechen kann, Koss vertreibt alle Modelle parallel. Im Prinzip sind es fast die gleichen Kopfhörer, hier wurden sie im Detail verglichen http://www.hifi-forum.de/viewthread-211-69.html.
Liegt vielleicht an dem anderen Gehäuse oder der beschichteten Membran, aber sie klingen nochmal ein wenig klarer sag ich mal, sowohl mit als auch ohne Mod.

Subbass oder einfach nur fetter Bass ist finde ich für VR auch nicht nötig, weswegen sich generell aufliegende oder sogar schwebende Kopfhörer ja anbieten. Ich bin nur ein wenig enttäuscht, derjenige der das Set betreibt hat auch auf Reddit ein paar Kommentare verfasst, und gemeint dass der Bass in Ordnung sei.
 
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Kräuterbutter meinte irgendwo, der Bass der index wäre nochmal etwas besser als bei der g2. Noch schlechter als bei der g2 fänd ich dann auch grenzwertig. Sind denn alle 3 baugleich, sodaß es nur am Equalizing liegen könnte? Die Abschirmung sollte eigentlich dazu führen, daß weniger Bass geschluckt wird.
 
@kellerbach Nach meinem Verständnis sind die TEBM35C10-4 BMR lediglich die käufliche Version, die irgendwo von den Werten her überhaupt für ein Headset geeignet wären. Aber man sieht deutlich dass die des Index Prototypen viel flacher sind. Ob die der Index und der G2 wirklich haargenau die gleichen sind, oder ob man nur ähnliche BMR Treiber verwendet hat weiß ich nicht. Aber selbst minimale Unterschiede im EQ oder der Bauform können sich bemerkbar machen, wie bei den Koss Zwillingen.
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Du könntest versuchen einen größeren Bereich des Grills mit z.B. Klebeband zu verschließen und nur ein ca. 6mm großes Rechteck offen zu lassen.

p.s.: Glückwunsch, dein Post wurde als Leserartikel markiert 👍
 
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@pitu Wird denke ich nicht in dem erhofften Maße helfen. Ich hab nochmal nach dem Datenblatt geschaut und es ergänzt, laut diesem darf man pro Treiber bis zu 20W anlegen, mit 10W(RMS), das ist nicht wenig. Ohne guten DAC wird das nichts, da muss man sich dann schon fragen ob das überhaupt noch Sinn macht.

Edit: In Relation hat so ein portabler DAC wie der iFi hip-dac eine angegebene Ausgangsleitungs von 4W.
 
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Das wird auch der Grund sein warum die Reverb G2 bei voller Lautstärke keinen Saft mehr zum Befeuern der Displays hat und diese ausschaltet.

nr-Thunder schrieb:
@pituOhne guten DAC wird das nichts, da muss man sich dann schon fragen ob das überhaupt noch Sinn macht.
Und den am besten wireless. Das wird teuer. Schade, aber danke für deine Initiative und Erfahrungsbericht 👍

p.s.: Ich hatte vor ein paar Wochen über eine Audiolösung mit integriertem Verstärker für die Quest 2 gelesen. Kann mich aber an den Namen nicht mehr erinnern. Das Set war aber auch nicht sehr günstig und nur als Backer zu ordern.

edit: gefunden https://www.indiegogo.com/projects/vr-ears-hear-off-world-listen-off-ear#/
 
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