7 × Musik-Streaming im Test: Apple Music gegen Deezer bis Spotify

 3/5
Michael Schäfer
141 Kommentare

Der Empfang

Einheitliches

Eines haben alle Dienste gemein: Sie unterstützen das Anlegen eigener Playlisten, wobei lediglich Deezer und Spotify das zusätzliche Organisieren in Ordnern ermöglichen. So lassen sich ohne Probleme Playlisten eines Themengebietes zusammenfassen, was die virtuelle Sammlung ab einer gewissen Größe deutlich übersichtlicher gestaltet. Leider schaffen es einige Applikationen beim Anlegen von Zusammenstellungen über eine gesonderte Schaltfläche nicht, den Namen des Interpreten und des Musikstückes direkt zu übernehmen.

Einen Offline-Modus bieten bei der Desktop-Variante lediglich Spotify, Napster, Apple Music sowie außerhalb des Basic-Tarifes auch Qobuz. Deezer will laut eigenen Angaben mit der neuen Software ebenfalls einen Offline-Modus einführen. Anders bei den mobilen Applikationen: Hier ist mit jedem Dienst die bandbreitensparende Möglichkeit des Musikhörens möglich.

Die Tage des einfachen Musik-Streamens sind dennoch schon lange gezählt, heute müssen Anbieter mit mehr aufwarten, um sich von der Konkurrenz abzuheben und neue Kunden auf sich aufmerksam zu machen. So wartet Tidal mit einer großen Anzahl von Musikvideos und exklusiven Stücken oder Konzertmitschnitten auf, während Apple Music „Connect“ als Schnittstelle zwischen Künstler und Fan zu etablieren versucht und mit Beats 1 ein eigenes Rundumdieuhr-Radioprogramm betreibt. Aktuell wirkt Connect jedoch eher wie ein konzeptloser Zusammenwurf aus Facebook und YouTube, die die gezeigten Informationen und Inhalte in den meisten Fällen ebenfalls führen. Darüber hinaus finden sich viele der gezeigten Videos ebenso auf Tidal wieder. Exklusivität schaut anders aus.

Einige Dienste bieten dem Nutzer die Möglichkeit, eigene Musikdateien hochzuladen oder die heimische Musiksammlung über eine Matching-Funktion abzugleichen, damit diese Titel nicht mühevoll eigenhändig zusammengesucht werden müssen. Der Erfolg solch eines Vorgehens hängt dabei jedoch vor allem davon an, wie gut die vorhandenen Dateien mit Meta-Informationen versehen sind. Bei „normalen“ Musikstücken klappt das Integrieren recht gut, auch wenn nicht immer die gleiche Quelle wie im Original Verwendung findet. Gibt es von einem Stück mehrere Versionen, kann die Funktion bei allen Anbietern schon mal ins Straucheln kommen. Eine echte Herausforderung stellt der Bereich klassische Musik dar, hier musste besonders viel von Hand nachgebessert werden.

Streaming-Test 2015 Google Play Music

Bis auf Apple und Google ermöglichen alle Dienste offiziell die Verwendung von bis zu drei Endgeräten, was nach heutigem Ermessen nicht mehr als zeitgemäß anzusehen ist. Die höchste Anzahl bieten mit bis zu zehn Geräten Apple und Google, aber mit höchstens fünf Macs gibt es auch bei Music Einschränkungen, Google erlaubt bei den zehn Empfangsgeräten höchstens ein PC und fünf Smartphones. Darüber hinaus unterstützen bis auf Apple alle Anbieter diverse Multiroom-Musiksysteme, Music soll bis Ende des Jahres eine Integration auf Sonos erhalten.

Unterschiede stellt auch die Nutzung im Ausland dar: Während die meisten Dienste dem Nutzer diesbezüglich keine Steine in den Weg legen und lediglich darauf hinweisen, dass aufgrund der Lizenzvereinbarungen manche Titel außerhalb von Deutschland nicht zu empfangen sind, untersagt Apple per AGB grundsätzlich die Nutzung von Music im Ausland.

Während des Tests streamten fast alle Kontrahenten ohne nennenswerte Probleme, lediglich Tidal fiel unangenehm aus dem Rahmen. Dies wurde bereits im letzten Streaming-Test bei WiMP bemängelt, wobei sich das Problem unter Tidal anscheinend verschlimmert hat. Zu Stoßzeiten am Abend oder am Wochenende traten immer wieder Unterbrechungen auf, während andere Dienste vorbildlich ihren Dienst verrichteten. Gerade bei Hörbüchern oder Hörspielen ist dies sehr störend.

Stationär

Die Wiedergabe von Musik per Browser unterstützen bis auf Apple alle Anbieter, auf eine reine Desktop-Software setzen hingegen lediglich Napster, Spotify, Qobuz und Tidal sowie Apple per iTunes. Alle Kontrahenten bieten ihre Software darüber hinaus sowohl für Windows als auch für OS X an, Linux-Nutzer besitzen bei den aktuell unterstützten Systemen das Nachsehen und müssen daher auf die Browser-Varianten zurückgreifen.

Die Integration von Apple Music in iTunes dürfte bisherigen Nutzern der Multimedia-Software ein vertrautes Bild liefern, für neue Anwender oder vor allem Nutzer von anderen Diensten kommt der Umstieg aber einem Kulturschock gleich. Da Apple Music komplett in iTunes aufgeht, wird nicht immer deutlich, wo der Dienst aufhört und der iTunes Store beginnt. Dass WiMP in der nächsten Zeit komplett in Tidal übergehen wird, ist ebenfalls nicht unbedingt positiv als zu betrachten. So ist bei Titel eine neue Fokussierung deutlich erkennbar, auch dürften viele Nutzer die bisherige Form der kuratierten Playlisten oder die sogenannten „Kritikerlieblinge“ vermissen. Auch das Äußere hat sich gewandelt: Wurde die Desktop-Software von WiMP noch in einem hellen Gewand gehalten, tritt Tidal nun in einem komplett schwarzem Outfit an. Damit weicht das bisher aufgeräumte Erscheinungsbild von WiMP einem Trend, welchem einige Anbieter heutzutage nur zu leicht folgen – nicht immer zum Wohlgefallen der Nutzer.

Ähnlich bei Spotify. Auch hier setzt der Anbieter nach dem letzten großen Design-Update im April des letzten Jahres auf Schwarz als tragenden Ton. Und während sich dieser bereits vor einiger Zeit trotz massiver Proteste aus der eigenen Nutzerschaft von der Möglichkeit der Erweiterung durch Applikationen innerhalb der Software getrennt hatte, hält Deezer an diesen Ideengebern nach wie vor fest. Auch sonst hat sich der französische Musikdienst gemausert. Bisher kann Deezer jedoch nur per Browser auf dem Desktop bedient werden, eine eigene Software befindet sich aktuell in einem Betastadium und stand für diesen Test noch nicht zur Verfügung.

Streaming-Test 2015 Napster

Positiv aus dem Rahmen fällt Qobuz: Der Anbieter hat seinen Dienst in der Desktop- beziehungsweise Browser-Variante zu einer Informationsplattform ausgebaut, deren Vielfalt den Nutzer zu Anfang aber überfordern könnte. Zudem machen die angezeigten Alben deutlich, wohin die Reise beim französischen Dienst geht: Klassik, Jazz und Musik oftmals fernab von dem, was täglich auf Musiksendern gespielt wird. Dies könnte auch ein Grund für den mit 28 Millionen Musikstücken kleinsten Katalog im Test-Ensemble sein. Dazu bietet Qobuz neben einem eigenen Magazin mit News und Tests rund um das Thema Musik und hochwertiges HiFi-Equipment diverse Podcasts wie „Die Qobuz Minute“ an, in dem fünf neue Musikalben aus verschiedenen Genres in jeweils einer Minute vorgestellt werden.

Und dann ist da noch Napster: Nach wie vor sorgt der Dienst in Sachen Desktop-Applikation für einen deutlichen Negativeindruck, denn immer noch befindet sich die Software wie bereits im letzten Streaming-Test in einem Betastadium. Dazu hat es den Anschein, als wisse Inhaber Rhapsody nicht wirklich, wohin die Reise mit Napster gehen soll. Ein Vollbildmodus fehlt weiterhin, die Applikation ist immer noch auf eine Breite von maximal 1.200 Bildpunkten beschränkt und lässt generell eine einheitliche Linie vermissen. Etwas ausgereifter wirkt dagegen die Browser-Variante, welche jedoch wiederum keinen Offline-Modus bietet.

In Sachen Klangqualität hat sich kaum etwas geändert. Bis auf Napster bieten alle Probanden eine ausreichend hohe Auflösung; Tidal, Qobuz und Deezer streamen, ein entsprechendes Abonnement vorausgesetzt, sogar verlustfrei, Deezer aktuell jedoch nur über das Sonos-Multiroom-System. Schlusslicht bildet auch hier Napster, welches nach wie vor auf dem Desktop auf nicht mehr zeitgemäße 128 Kilobit pro Sekunde setzt. Offline werden Stücke zwar mit 192 Kilobit pro Sekunde gespeichert, aber auch damit liegt Napster weit hinter der Konkurrenz zurück. Ins andere Extrem geht Qobuz, welcher über den Dienst gekaufte HiRes-Aufnahmen verlustfrei mit bis zu 24 Bit und 192 Kilohertz überträgt.

Wiedergabe im Browser Desktop-Software Offline-Modus Bitrate
Apple Music Nein Ja (iTunes) Ja AAC 256 kbit/s
Deezer Ja Nur per
Windows-App
und Chrome-Browser
Nur per
Windows-App
MP3 128 oder 320 wählbar
Deezer Elite: Flac
(aktuell nur Sonos)
Google Play Music Ja Nein Nein MP3 bis zu 320 kbit/s
Napster Ja Ja Ja MP3 128 kbit/s,
Offline AAC 192 kbit/s
Qobuz Ja Ja Ja (außer Basic) MP3 320
Flac 16 Bit / 44,1 KHz
HiRes 24 Bit / bis 192 KHz
(bei gekaufter Musik)
Spotify Ja Ja Ja Ogg Vorbis q5 (~160 kbit/s)
Ogg Vorbis q9 (~320 kbit/s)
Tidal/WiMP Ja (HiFi nur über Chrome) Ja Nein Normal: AAC 96
HiQ: 320
HiFi: Flac

Mobil

Fast alle Anbieter halten mobile Applikationen für Android und iOS bereit. Lediglich Apple setzt aktuell noch ausschließlich auf iOS, eine Applikation für Android soll aber noch in diesem Jahr folgen. Windows Phone wird dagegen lediglich von Spotify, Deezer und Napster unterstützt, Qobuz stellt für seinen Dienst zumindest eine Betaversion für das mobile Betriebssystem vom Microsoft bereit. An der Unterstützung für BlackBerry hat sich nur wenig verändert, lediglich Deezer und Spotify bieten entsprechende Applikationen an.

Generell hinterlassen die mobilen Apps einen guten Eindruck, auch wenn mancher Anbieter wie zum Beispiel Deezer gerade auf Tablets viel Platz verschenkt. Dennoch wird deutlich, dass die Anbieter im letzten Jahr viel ausprobiert und verbessert haben, um mit verschiedenen Ausrichtungen neue Nutzer zu gewinnen. Am deutlichsten wird dies bei Spotify, welcher in den letzten Monaten mehrere neue Features eingeführt hatte, unter anderem Spotify-Running, das sich vornehmlich an Sportfreunde richtet und diesen eine Jogging-Playliste aus bereits gehörten und neuen Titeln anbietet, welche sich dem jeweiligen Lauftempo anpasst. Ändert der Läufer das Tempo um mehr als zehn Schritte pro Minute, wird die Playliste automatisch neu generiert und die Musik wieder an das aktuell gelaufene Tempo angepasst.

Die Bedienung aller Dienste per Mobilgerät gestaltet sich meist benutzerfreundlich, alle Applikationen laufen flüssig und ohne Probleme. Dass diese auf den getesteten Plattformen (Android, iOS, Windows Phone) nicht immer ein übereinstimmendes einheitliches Erscheinungsbild aufweisen, ist der Bedienung nicht hinderlich. Große Unterschiede in der Benutzung gibt es nicht. Je nach verwendeter Display-Größe kann die Aufteilung der Bedienelemente jedoch variieren. Eine erneute Ausnahme bildet Napster, welches auf Windows Phone einen unfertigen Eindruck hinterlässt und eher an eine Betaversion erinnert, als an eine fertige Software. Darüber hinaus quittiert Apple Music im Test unter iOS 8 gelegentlich den Dienst. Unter iOS 9 tritt das Problem nicht mehr auf.

Streaming-Test 2015 Qobuz

Die Streaming-Qualität liegt durchgehend im hohen Bereich, lässt sich aber bei den meisten Anbietern auch auf niedrigere Bitraten einstellen, um gerade im Mobilfunkbetrieb Bandbreite und somit Kosten zu sparen. Zwei Anbieter bilden hier die Ausnahme: Qobuz lässt dem Nutzer generell nur die Wahl zwischen MP3 320 Kilobit pro Sekunde, der verlustfreien Wiedergabe sowie dem Abspielen von hochauflösenden Audiodateien, welche natürlich auch nach einer großen Bandbreite verlangen. Apple dagegen richtet die verwendete Auflösung automatisch auf die vorhandene Netzqualität aus. Das Streaming von Musik ausschließlich über WLAN aus der App heraus ermöglichen bislang nur Play Music und Qobuz.

Mobile Apps Offline-Modus Streaming per Mobilfunk
deaktivierbar
Qualität separat für
WLAN/Mobilfunk einstellbar
Bitrate
Apple Music iOS, Android Ja Ja Nein/Nein Je nach Netzqualität automatisch
AAC 64, 128, 256 oder 320 kbit/s
Deezer Android, iOS, Windows Phone Ja Nein Ja/Ja MP3 128 oder 320 kbit/s wählbar
Google Play Music Android, iOS Ja Ja Ja/Nein MP3 bis zu 320 kbit/s
Napster Android, iOS, Windows Phone Ja Nein Nein/Nein AAC 64 kbit/s bis AAC 320 kbit/s
Qobuz Android, iOS, Windows Phone, BlackBerry Ja (außer Basic-Tarif) Ja Ja/Ja MP3 320 kbit/s
Flac 16 Bit / 44,1 KHz
HiRes 24 Bit / bis 192 KHz bei gekaufter Musik
Spotify Android, iOS, Windows Phone, BlackBerry, Symbian, Kindle Ja Nein Nein/Nein Ogg Vorbis q3 (~ 96 kbit/s)
Ogg Vorbis q5 (~160 kbit/s)
Ogg Vorbis q9 (~320 kbit/s)
Tidal/WiMP iOS, Android Ja Nein Ja/Ja Normal: AAC 96 kbit/s
HiQ: 320 kbit/s
Hifi: Flac