Quo vadis BTMG?

AW: Cannabis Legalisierung

Jedem sei seine Meinung gestattet, aber es ist schade wieviele hier ihre Ansichten rausklatschen und noch nicht einmal die Pietät besitzen, sich ein wenig auf so ein komplexes Thema einzulesen, bevor sie an einer Diskussion teilnehmen und mit ihren Aussagen hier im öffentlichen Raum auch ein stückweit Meinungsbildung betreiben. Stereotype Ansichten (lammfrommer antriebsloser Kiffer / aggressiver Säufer) im Übrigen schaden jeder Diskussion, egal in welche Richtung sie gehen mag.

Genauso wie es vom TE in diesem Unterforum verlangt wird vor Erstellen eines Themas ein wenig Background dazuzuliefern sollte es auch für die Diskussionsbeteiligten gelten.


Zum Thema möchte ich nur einige Denkanstöße liefern, da vieles schon gesagt wurde:

1. Als Rahmen für weitere Diskussion möchte ich Cannabis folgend einteilen: Gewebe, Rauschmittel, Therapeutikum. Ich denke darüber besteht allgemeiner Konsens (?).

2. Ich hoffe jedem Teilnehmenden ist bewusst, warum und auf welcher historischen Grundlage/Begründung Cannabis hierzulande verboten wurde. Stichwort: "1925 Genf, Cannabis".

3. Schlussfolgernd aus 2. Sollte JEDEM Diskutanten klar sein, dass zumindest damals kaum die Gefahr durch Cannabis als Rauschmittel im Vordergrund stand. Das zur damaligen Zeit auch kaum von irgendeiner Art Evidenz für/wieder gesprochen werden kann, setze ich als Wissen voraus.


3. Zur therapeutischen Applikation von Cannabis:


Folgende Stichworte zur Eigenrecherche über den aktuellen Stand der Forschung: "Terpene, Universität Leiden, Bedrocan"

Ich arbeite mit/am Patienten und möchte hier nur ein Beispiel nennen. Es gibt vielfältig dokumentierte Beispiele über Patienten mit schwerster rheumatoider Arthritis, die durch den Genuß von Cannabis in sehr niedriger Kadenz und Dosierung übergreifende Linderung ihrer Symptome erfahren. Die Wirkung scheint also mehr ein Wirkungskomplex zu sein, der erstaunlich symptomfrei agiert.
Die herkömmliche Medikation besteht aus einem Cocktail an Substanzen, deren Interaktivität selbst von Ärzten in den wenigsten Fällen durchschaut werden kann. Dazu kommen zumeist im "Akutfall" morphinbasierte Analgetika.
Akutfall deswegen in Anführungsstrichen, da die hohe Suchtgefahr und Toleranzbildung oftmals zu einer nicht mehr nur akuten Medikation führt.
Es erscheint mir müßig anzumerken, dass erwähnter Cocktail den Körper unweigerlich zerstört wenn ein chronischer Konsum nötig ist. Als weiteres Stichwort sei der Wirkstoff Kortison genannt.

Funfakt:

Die deutsche Regierung hat die erdrückende Beweislage anerkannt und die Möglichkeit eingeräumt, konventionell "austherapierten" Patienten bestimmter Krankheitsbilder den Eigenanbau nach Einhaltung bestimmter Vorgaben zu ermöglichen.

http://www.cannabis-med.org/german/bfarm_hilfe.pdf

Leider sind die Anforderungen derart hoch, dass mir persönlich nur ein einziger "geduldeter" Fall bekannt ist.

Ich möchte nicht auf die Tränendrüse drücken, aber im Angesicht der Krankheitsfälle, die ich auch im privaten Umfeld miterlebe, erscheint mir der momentane Umgang mit schwerstleidenden Patienten, denen man schlichtweg Lebensqualität verwehrt, nicht anders als ein höchst verabscheuungswürdiger Kniefall vor mächtigen Interessensgruppen.


4. zum Thema Rauschmittel:

Ich finde die Diskussion berherzigt zu wenig folgende Einteilung: gelegentlicher/chronischer Konsum und simpel ausgedrückt "Reifungsprozess" des Gehrins, Alter bei eintrendem Konsum.
Ich stimme denjenigen zu, die die Gefahr der Bildung des genannten lethargischen Stereotypen sehen, wenn die Faktoren junges Alter und chronischer Konsum zusammentreffen.
Auch besteht selbstverständlich bei jeder Form von Bewusstseinsveränderung die Gefahr, dass vorhandene Schutz/Verdrängungs-mechanismen umgangen werden, man Dinge des Un-Bewussten sieht auf die man nicht vorbereitet ist, und somit die berühmte Psychose ausgelöst wird.
Der groteske Vorschlag den ich dazu anbiete ist zuerst an seinem Bewusst-Sein zu arbeiten bevor man es sich zutraut von ausserhalb darauf eingreifen zu lassen.

In dieser Debatte scheint mir das Grundproblem wie auch mehrfach von Vorschreibern erwähnt in der
Selbst-Verantwortlichkeit des Individuums. Mancher schrieb hier schon von "Schäfchen" des Vaters Staat, die vor sich selbst zu schützen seien. Ich denke das ist der falsche Ansatz. Als Begründung möchte ich eine Analogie heranziehen:

Es ist in der Physiotherapie Allgemeinwissen, dass ein Muskel, der seiner Funktion nicht nachkommt, atrophieren(an Masse und Leistung abnehmen) wird.
Ich finde dies lässt sich auch auf die Fähigkeit zur Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen übertragen.
 
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Merle schrieb:
Diese Aussage ist definitiv nicht nur ein Vorurteil, sondern 80% zutreffend :D GAAAAAANZ sicher.

naja, das is mir etwas zu pauschal ausgedrückt. erstmal ist cannabis ja nicht gleich cannabis. es gibt viele unterschiedliche sorten, die unterschiedliche anteile an inhaltsstoffen haben und sich auch in der wirkung, nicht nur der stärke, unterscheiden.

aber prinzipiell stimme ich zu, dass mir zumindest keine fälle bekannt sind, wo kiffen aggressivität ausgelöst hat. ehr das gegenteil.

mal ne randfrage an diejenigen, die sich mit der thematik gut auskennen. ist cannabis eine sinnvolle alternative, um depressionen mit einhergehenden schlafbeschwerden sinnvoll zu behandeln?
 
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Da es auch nicht "das" Antidepressiva gibt, wird es keine Antwort auf diese Frage geben.
Die (klinische) Studienlage, wie wirkungsvoll Cannabis bei Depressionen generell ist, ist außerdem auch sehr mau.
 
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Zornbringer schrieb:
aber prinzipiell stimme ich zu, dass mir zumindest keine fälle bekannt sind, wo kiffen aggressivität ausgelöst hat. ehr das gegenteil.
Aggressiv wird man erst wenn der Rausch weg ist und der nächste nicht fristgerecht stattfinden kann...........
 
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Merle schrieb:
Hmm. Man mag es stereotyp nennen. Aber das beinhaltet auch persönliche Erfahrung.
Diese Aussage ist definitiv nicht nur ein Vorurteil, sondern 80% zutreffend :D GAAAAAANZ sicher.

Und der Rest wird Musiker, oder wie? :cool_alt:

Zornbringer schrieb:
mal ne randfrage an diejenigen, die sich mit der thematik gut auskennen. ist cannabis eine sinnvolle alternative, um depressionen mit einhergehenden schlafbeschwerden sinnvoll zu behandeln?

Vorsicht!
Im Gegensatz zu Trizyklika beispielsweise, die die Wiederaufnahme der Botenstoffe hemmen, führst du dir mit Cannabis vermehrt solche zu, erhöhst deinen Spiegel also künstlich. Beides ist meiner Meinung nach ein Spiel mit dem Feuer, da sich die internen Stoffwechselvorgänge an äussere Zufuhr gewöhnen. Bei Ausbleiben der gewöhnten Dosis entsteht ein Jojo-Effekt, der verzweifelte Menschen vermehrt dazu veranlassen kann, dumme Dinge zu tun...
Cannabis mag je nach Art gut zum Ein-Schlafen sein, wie jede Art von Droge (z.B. Alkohol) senkt es aber vermutlich die Effektivität des Schlafes an sich. Also keine so gute Idee.

Eine der erwiesenermaßen wirkungsvollsten und fast "Nebenwirkungs"freien Therapien, die beide Beschwerden aufgreift, ist Ausdauersport! Dein Körper produziert vermehrt "Glückshormone", die Konzentrationen innerhalb des Gehrins stabilisieren sich, was sich in weniger heftigen Gemütszuständen führt. Und die körperliche Betätigung an sich macht es deinem Körper einfacher nachts in den Ruhemodus zu schalten.
 
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Geblitzdingst schrieb:
Eine der erwiesenermaßen wirkungsvollsten und fast "Nebenwirkungs"freien Therapien, die beide Beschwerden aufgreift, ist Ausdauersport! Dein Körper produziert vermehrt "Glückshormone", die Konzentrationen innerhalb des Gehrins stabilisieren sich, was sich in weniger heftigen Gemütszuständen führt. Und die körperliche Betätigung an sich macht es deinem Körper einfacher nachts in den Ruhemodus zu schalten.
am rand, die obige frage hat sich nicht auf mich bezogen. ich leide nicht an depressionen. allerdings habe ich jedoch nach ereignissreichen tagen probleme meinen kopf frei zu bekommen und vernünftig einzuschlafen.

gestern z.b. hab ich einen wandertag mit einer jugendgruppe unternommen. war den ganzen tag mit einem sieben jährigen jungen zusammen (der quasi wie eine klette an mir klebte :) ), der mir ein wenig ans herz gewachsen ist und auch sonst sind einige "bewegende" dinge passiert. körperlich war ich ziemlich fertig abends. insgesamt wars ein sehr positiver tag aber die gedanken wiegen bei mir mehr als meine körperliche erschöpftheit. also, ich lag gestern abend zwar körperlich erschöpft im bett, konnte aber trotzdem nicht sofort einschlafen, weil ich den tag noch mal revue passieren hab lassen.

was ich damit sagen will ist, dass offenbar selbst körperliche anstrengung, bzw. erschöpftheit nicht gleich ein hilfs- oder heilmittel zum besseren einschlafen ist. wenn mich psychisch etwas bewegt überwiegt das meiner physis. insofern bezweifel ich persönlich zumindest, dass sport wirklich eine lösung für alle sein kann. ich denke, das ist sehr individuell, wahrscheinlich genau wie auch die medikation bei depressionen.

insofern glaube ich auch, auch basierend auf eigener erfahrung, dass zumindest bei schlafproblemen therapeutisch eingesetztes cannabis durchaus mehr helfen kann als tabletten. im einsatz gegen depressionen muss erst ein richtiges bewusstsein zur droge aufgebaut werden, die ja in großteilen der bevölkerung immer noch als "teufelszeug" abgestempelt wird. ich finde, vorallem im religiösen kontext und der verbundenheit zur natur ist cannabis das bessere hilfts- (nicht heil) mittel in der therapie gegen depressionen. das thema der depressionen ist noch neuland für mich aber der placebo effekt der pillen scheint ja auch eine gewisse rolle zu spielen. betrachte ich mir aber die nebenwirkungen, sehe ich das eigentlich ziemlich kritisch.
 
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In der Schweiz ist es ab Herbst entkriminalisiert...

Das Ordnungsbussensystem gilt nur für Personen, die nicht mehr als 10 Gramm Cannabis auf sich tragen. Akzeptiert und bezahlt der Cannabiskonsument oder die Cannabiskonsumentin die Ordnungsbusse, gibt es weder eine Verzeigung noch ein ordentliches Strafverfahren.

http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/kiffen-wird-nur-noch-mit-busse-bestraft-1.18090662

Mal sehen wann hier die Politik aus den Pötten kommt...
 
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zumindest wird es zur ordnungswidrigkeit herabgestuft.
aber damit erzielt man nicht die positiven effekte, insbesondere die einer kontrollmöglichkeit analog alkohol und tabak. es bleiben nur illegale quellen mit potential zur drogenszene und beschaffungskriminalität.
für mich kein wirklicher vorteil. nett für die konsumenten, aber effektlos bei der drogenbekämpfung.
 
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Jep. So bleibt leider der Schwarzmarkt mit kriminellen Banden weiter aktiv. Den kriegt man nur mit einer kompletten legalen privaten/staatlichen Kette von Anbau bis Handel weg
 
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man kann auch hohe steuern auf cannabis packen, dann hat man wieder eine einnahmequelle
 
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@ kongpong
@ Cokocool

Weil es ja bei Medikamenten, Zigaretten und Alkohol keinen Schmuggel/kriminelle "Banden" gibt...
Und die sind alle legal erhätlich...
 
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@Seppuku
Das hängt alles vom Preis ab
In Deutschland gibt es meiner Meinung nach keinen wirklichen Alkoholschwarzmarkt, da er ja hier ziemlich günstig ist. Bei Zigaretten liegt das ganze an den hohen Steuern.

Wenn man die Preise für Cannabis bei einer Legalisierung in moderaten Bereich bleiben würden, dann gäbe es auch keinen Schwarzmarkt.
 
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kongpong schrieb:
man kann auch hohe steuern auf cannabis packen, dann hat man wieder eine einnahmequelle

Und dann geht der Schuss nach hinten los, da die Preise viel zu hoch sind...
Somit kauft man dann wieder steuerfrei, weil man es nicht einsieht.
Das sollte schon so weit ausbalanciert sein, dass die Preise nicht zu derbe nach oben gehen.
Kein Plan, wie das bei den Holländern läuft, aber da sind die Preis fair, bzw. sogar auch wesentlich günstiger als bei uns.
 
AW: Cannabis Legalisierung

Die Preise in Holland sind eher höher als in Deutschland auf den Schwarzmarkt.
Aber dafür ist die Qualität wesentlich besser.
 
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Weil es ja bei Medikamenten, Zigaretten und Alkohol keinen Schmuggel/kriminelle "Banden" gibt...
Und die sind alle legal erhätlich...

Demnach sollten wir diese auch verbieten und alles der "freien Marktwirtschaft" überlassen. Passt ja irgendwie nicht das Argument.
Cannabis sollte verboten bleiben, weil bei Legalität durch Besteuerung Schwarzmärkte begünstigt würden, und Alkohol, Tabak und Medikamente,
bei denen dieses Problem schon ewig besteht, bleiben legal. Äh ja?! Diese Doppelmoral in unserer Gesellschaft ist schon herrlich.
Schätze sich glücklich und verteidige die eigenen Ressorts, wer den Fuß aus welchen Gründen auch immer im System hat...
 
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Seppuku schrieb:
Was soll mir der Link nun sagen ? :freak: Mag sein, dass es Einzelfälle von Alkoholschmuggel gibt. Die sind aber nicht relevant in Deutschland.

Seppuku schrieb:
Wer eine kontrollierte Qualität und eine gut kontrollierte Abgabe (vom Fachpersonal) will, muss auch mit einem höheren Preis rechnen.
Cannabis ist unglaublich billig Herzustellen. Im großen Maßstab kriegt man Herstellungspreise von unter 1€ pro Gramm hin. Wenn man es dann zu den normalen Preisen von 6-10€ verkaufen würde, dann wäre der Preis so akzeptabel, dass kein wirklicher Schwarzmarkt entstehen würde. Vergleichbar mit der derzeitigen Alkoholsituation
 
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Seit wann bestimmst du die Relevanz von Dingen? Und an was konkret machst du die Relevanz fest.
Nicht die Herstellung ist das entscheidende, sondern die Qualitätssicherung...
Hast du überhaupt schon einmal in ein Arzneibuch geschaut, wie man dort auch die Qualität von Arzneistoffen und selbst Teedrogen reguliert?
 
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Seppuku schrieb:
Seit wann bestimmst du die Relevanz von Dingen? Und an was konkret machst du die Relevanz fest.
Warum nicht :) Mit etwas Google und auch der persönlichen Erfahrung bemerkt man schnell, dass der Alkoholschmuggel in Deutschland kein relevantes Problem ist. Wie denn auch ? Günstig und überall zu haben... darüber müssen wir doch nun wohl nicht ernsthaft diskutieren oder ? Du ziehst das hier bis tief in die Lächerlichkeit rein

Seppuku schrieb:
Hast du überhaupt schon einmal in ein Arzneibuch geschaut, wie man dort auch die Qualität von Arzneistoffen und selbst Teedrogen reguliert?
Wozu ? Ist nicht vorher bestimmt unter welches Gesetz es am Ende fallen würde. Keine Ahnung ob man es in das AMG quetschen würde

-> wie schon gesagt: es wäre günstig genug ohne einen Schwarzmarkt zu befeuern...
 
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