Wie funktioniert eine Telekomleitung im Vergleich zu Kabelinternet?

D

dtn1993

Gast
Hi,

da es mich gerade interessiert und ich irgendwie keine passende Antwort finde, frage ich hier mal nach.

Bei Kabelinternet gibt es irgendwo einen Verteilerkasten und da hängen dann bis zu einigen hundert Leute dran. Insgesamt teilen diese sich dann bei DOCSIS3.1 etwas mehr als 3Gbit/s meine ich. Soweit verständlich.

Wieso heißt es nun aber, dass bei (V)DSL jeder seine eigene Leitung hat? So wie ich das nun verstanden habe gehen hier Kupferkabel von den Häusern zu einem Verteilerkasten (hat hier jeder sein eigenes Kabel oder was ist mit "eigener Leitung" gemeint?), der widerrum geht zu einem Hauptverteiler per Glasfaser und dann ins große weite Netz. Aber auch dieser Verteilerkasten kann nun überlastet sein aufgrund von zu vielen Benutzern oder wodurch?

Also ist der Unterschied jetzt nur das bei Kabelinternet X Gbit/s geteilt werden und bei (V)DSL theoretisch nichts geteilt wird und deutlich mehr maximale Bandbreite zur Verfügung steht, der Verteilerkasten aber dennoch überlastet sein kann wenn zu viele Kunden aktiv das Internet nutzen und er einfach nicht "weit genug ausgebaut ist"?

Hoffentlich kann mir das jemand mal etwas genauer erklären.

Mit freundlichem Gruß
 
Beim Kabel gibt es EIN Kabel für mehrere Teilnehmer (-> shared), bei VDSL hast du eine eigene Leitung bis zum Verteilerkasten.

Die DSLAMs (DSL) sind halt meistens nicht so überbucht, wie bei DOCSIS (Kabel), aber wenn man weniger Teilnehmer an ein Kabel hängt kann man halt auch fast schon DSL nutzen ;)

Lg
 
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Der Unterschied ist, dass bei Kabel alle Anschlüsse an einem Port hängen. Dieser hat eine Bandbreite von X. Um so mehr Leute dann auf der Leitung liegen um so kleiner wird die Bandbreite für jeden.
Bei DSL ist das so, dass deine Leitung einen eigenen Port hat der deine Bandbreite bestimmt. Diese Bandbreite liegt dort immer an. Sprich die Leitung mit der der DSL-Verteilerkasten angeschlossen ist, wird bestimmt von den Ports die im Kasten sind.
 
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FranzvonAssisi schrieb:
[...]Die DSLAMs (DSL) sind halt meistens nicht so überbucht, wie bei DOCSIS (Kabel)

Das heißt wenn man liest das zu Stoßzeiten das Internet einbricht bei dem Telekomnetz liegt es im Normalfall an überbuchten DSLAMs?

Wie funktioniert es denn beim Kabel Internet mit nur einem Kabel? Wird das durch Weichen oder so aufgesplittet?

Alles in allem kann man also auch beim Telekomnetz keinesfalls einfach davon ausgehen, dass die beworbene Geschwindigkeit auch echt 24/7 anliegt.
 
dtn1993 schrieb:
Alles in allem kann man also auch beim Telekomnetz keinesfalls einfach davon ausgehen, dass die beworbene Geschwindigkeit auch echt 24/7 anliegt.

Doch, da die Erfahrung einfach zeigt, dass bei "Verschätzung" beide der Überbuchung der DSLAMs einfach upgegradet wird, was dort sehr einfach möglich ist.
Kabel kannst du halt nicht mal eben ausbuddeln ;)

Lg
 
Sehr viele hilfreiche Antworten, verstehe das Ganze nun. Vielen Dank an euch alle :)
 
FranzvonAssisi schrieb:
Doch, da die Erfahrung einfach zeigt, dass bei "Verschätzung" beide der Überbuchung der DSLAMs einfach upgegradet wird, was dort sehr einfach möglich ist.
Kabel kannst du halt nicht mal eben ausbuddeln ;)

Lg

Da würde ich ein großes Aber noch hinzufügen. Wenn sich die Investition für die Telekom nicht lohnt, wird gerne auch einfach "Portmangel" gemeldet und der Ausbau auf z. B. die Ausbauförderung verschoben ;) Auch hast du ein Problem, wenn das MfG voll ist oder noch per Kupfer angebunden ist. Dann ist nichts mit einfach und schnell ;)
 
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Ich habe einen Hybridanschluss, und bin mit dem recht zufrieden, wenn man kündigt bekommt man recht gute Angebote, ich habe eine 50Mbit Leitung kann aber optional auf 100 Mbit upgraden, diese Zubuchoption ist mantlich kündbar. Der Router kostet im ersten Jahr monatlich 5 Euro, im 2. ist er umsonst, das heisst ich bekomme eine Gegenbuchung. Im ersten Jahr kostet der Anschous 20, im 2 Jahr 40, also im Schnitt 30. Dafür läuft das Ding wirklich super, komme auf über 62 Mbit mit der 50Mbitleitung, das LTE hat auch den Vorteil dassim Fall einer Leitungsstörung das Internet noch geht.
Es ist nur superwichtig gleich zu kündigen damit man es nicht vergisst, ansonsten zahlt man wesentlich mehr, hat man aber gekündigt bekommt man immer wesentlich bessere Angebote als wenn man es selber bucht.
 
Der grundlegende Unterschied wurde ja schon erklärt.
DSL Verteiler (DSLAMs) sind entgegen viele Behauptungen mehrfach überbucht. Ein Verteiler gilt als überbucht, wenn er weniger Uplink zum Hauptverteiler hat, als die Kunden gleichzeitig abrufen KÖNNTEN. Dass alle Kunden die Leitung gleichzeitig maximal und für längere Zeit belasten kommt aber nicht vor, nicht mal aktuell.

Der große Vorteil von DSL liegt zwar schon in der eigenen Leitung, hat aber nichts mit Performance zu tun, sondern mit Störanfälligkeit und Fehlersuche. Liegt ein Fehler an deinem DSL Anschluss vor, liegt es am Modem, an der Dose, am Kabelweg oder am DSL Port im Verteiler. Mehr Optionen gibt es nicht, die Fehlersuche ist super easy.
Dadurch dass es eine Direktverbindung ist, ist diese eigentlich auch recht unanfällig gegen Störungen. Je mehr man das alte Kupferkabel aber ausreizt, (SV-VDSL, G.fast) desto anfälliger wird es aber, z.B. gegen PowerLAN oder andere Störer aus dem gleichen Kabelbündel.

Bei Kabel hört man immer den Begriff shared medium. Wird aber völlig falsch benutzt.
Shared medium bedeutet, dass an deinem Kabelanschluss auch die Daten deines Nachbarn ankommen. Dein Modem nimmt aber nur die Daten an, die an dich adressiert sind. Das ist aber per se nicht schlimm, das ist in vielen neuen Glasfasernetzen auch so.

Bei Kabelinternet gibt es mehrere Dinge zu beachten. Das erste ist die oftmals verteufelte Segmentkapazität:
Ein modernes Segment hat i.d.R. um die 30 Downstream und Kanäle. Bei QAM256 als Modulationsverfahren sind das 50,87 MBit/s pro Kanal. Im gesamten Segment stehen also ca. 1,5 Gbit/s Kapazität. Ja diese teilen sich alle Kunden. Das ist aber eben nichts anderes, wie die DSL Kunden sich den Uplink des DSLAM teilen.

Im Upstream sind i.d.R. 4-5 Kanäle aktiv mit QAM64. Das sind ca. 38 Mbit/s pro Kanal.
Hier kommt jetzt der kritische Teil: Verursacht irgendein Modem oder ein Teil der Verkabelung eine Störung, muss das CMTS (Kabelkopfstelle) die US Kanäle auf eine niedrigere Modulation setzen und zwar für das ganze Segment. Eine Störung irgendwo im Segment beeinflusst also alle Anschlüsse negativ und macht die Fehlersuche deutlich komplizierter.
Ist der US dann durch Fehler reduziert und schon durch geringe Last dicht genagelt, geht auch der Downstream massiv in die Knie, da jeder Downstream ja durch ein "OK" bestätigt werden muss.

Sind die Downstream Kanäle dicht, hilft es wenn man ein modernes Modem hat, das möglichst viele Kanäle nutzen kann. Dadurch wird der Traffic breiter verteilt, die Last auf den Kanälen sinkt und man bekommt mehr Leistung. Gerade die teilweise noch sehr geschätzten Cisco Kabelmodems mit nur 8 Kanälen sind heute einfach nicht mehr zeitgemäß und sollten bei Engpässen gegen etwas modernes getauscht werden.

Der nächste Punkt den es zu beachten gilt ist Carrier Grade NAT (CGN) auch bekannt als DS-Lite.
Wenn ihr einen DS-Lite Anschluss habt, wird sämtlicher IPv4 Traffic (z.B. twitch oder PSN) in IPv6 gekapselt und zu einem AFTR weitegeleitet, der es dann übersetzt.
Diese AFTRs sind leider auch gerne überlastet. Hier hilft teilweise ein Modemrouter Reset, um ggf. ein anderes AFTR zugewiesen zu bekommen.
Grundsätzlich gibt es CGN natürlich auch bei DSL und auch bei Glasfaser! CGN wird verwendet, um IPv4 Adressen zu sparen.
Solange der AFTR nicht überlastet ist, ist CGN für einfache Internetconsumer überhaupt kein Problem.

Da die großen DSL Anbieter wie Telekom und Telefonica/o2 aber genug IPv4 Adressen haben (einfach aus historischen Gründen*) müssen diese natürlich damit nicht so haushalten wie neuere Anbieter.
Das hat übrigens (noch) nicht damit zu tun dass nicht genug IPv4 Adressen da wären, sie werden für Privatkundenanschlüsse einfach nur zu teuer gehandelt.

*z.B. besitzt Daimler den Adressbereich 53.0.0.0/8 mit 16 Millionen öffentlichen IP Adressen, das würde für ein Drittel aller deutschen Haushalte reichen. Die geben diese Adressen natürlich nicht günstig her. Laut ZDNet werden Preise von 10-30€ pro Adresse aufgerufen.

Was ebenfalls eine Rolle spielt ist das sogenannte Peering. Auch hier kommt es zu Engpässen.
Beim Peering geht es um die Datenübergabe zwischen zwei Netzen, also z.B. aus dem Vodafone Netz ins Telekom Netz. Diese Peerings kosten Geld. Je besser das Peering ausgebaut sein soll, desto mehr kostet es.
Hier stellt sich natürlich oftmals die Frage wer für die Kosten aufkommen muss. Der ISP wie z.B. die Telekom oder der Dienstanbieter wie z.B. Youtube. Beide haben da natürlich gegensätzliche Meinungen.

Peering und CGN sind die Dinge, die man durch Auswahl des DSL Anbieters gezielt beeinflussen kann.
1&1 nutzt auf der letzten Meile (wie fast alle Anbieter) die Kupferkabel der Telekom. Ab dem Knotenpunkt wird der Traffic dann aber über das "eigene" Versatelnetz geleitet. Wo das so nicht verfügbar ist wird dann weiterhin das Telekomnetz benutzt. Man kauft quasi die Katze im Sack.
Ebenso ist 1&1 ein junger ISP und hat daher auch keine riesige Mengen IPv4 Adressen, daher wird viel CGN(DS-Lite) geschaltet.

Vodafone hat mehr IPv4 Adressen als telefonica, aber auch mehr Kunden zu bedienen. Auhc hier wird gerne DS-Lite geschaltet.

Eigentlich wollt ich gar nicht so viel schreiben....
 
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Danke für die wirklich tolle Erklärung @h00bi 👍
 
@h00bi
Sehr schöne Zusammenfassung.
Eine kleine Anmerkung:
h00bi schrieb:
Liegt ein Fehler an deinem DSL Anschluss vor, liegt es am Modem, an der Dose, am Kabelweg oder am DSL Port im Verteiler. Mehr Optionen gibt es nicht, die Fehlersuche ist super easy.
Dadurch dass es eine Direktverbindung ist, ist diese eigentlich auch recht unanfällig gegen Störungen. Je mehr man das alte Kupferkabel aber ausreizt, (SV-VDSL, G.fast) desto anfälliger wird es aber, z.B. gegen PowerLAN oder andere Störer.
Genau das ist bei Vectoring nicht mehr der Fall. Damit man das alte Kupferkabel ausreizen kann, ist die Überwachung und Regelung aller Doppeladern im Kabel notwendig. Es können so durchaus Störungen vorkommen, die nicht selbst sondern vom Nachbarn verursacht werden.
 
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Ach und von wegen DSL ist so gut wie nie überlastet.

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Mein Nachbar kann da ein Lied singen, statt 50/10 geht seit Wochen Abends kaum noch etwas.
 
Tom_123 schrieb:
Da würde ich ein großes Aber noch hinzufügen. Wenn sich die Investition für die Telekom nicht lohnt, wird gerne auch einfach "Portmangel" gemeldet und der Ausbau auf z. B. die Ausbauförderung verschoben

a) in dem Fall gibt es aber kein langsames Internet sondern gar kein Internet. Anderer Fall.
b) Ausbauförderung fördert keine Portkarten. Von daher schon recht weit hergeholt.

Auch hast du ein Problem, wenn das MfG voll ist oder noch per Kupfer angebunden ist.

a) Wenn das MFG voll ist - das ist möglicherweise wirklich doof. Aber dort ist auch der Anreiz zur Erweiterung groß weil durch die Buchung ja direkt mehr Geld reinkommt. Ich würde vermuten dort wo trotzdem nicht sofort ausgebaut wird liegt das eher an anderen Faktoren (Standortplanung, Abstimmung mit weiteren Ausbaumaßnahmen - alles nur geraten)
b) nachdem die BNG-Migration als abgeschlossen bezeichnet wird und selbst die IP-Migration in den letzten Zügen liegt sollten die alten ATM-DSLAM automatisch ebenfalls Geschichte sein. Mit anderen Worten: Ja, das war ein dunkles Kapitel, ebenso wie die spanische Inquisition - aber deshalb muss man trotzdem keine Angst vor haben, die Geschichte fängt an mit "Es war einmal..."
 
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